Pfälz. Oberlandesgericht Zweibrücken - Urteil vom 12. Januar 2012, 4 U 75/11
Schlechte Lagerung - Geschäftsführer haften für verlorene "Winzergelder"
Aus der Pressemitteilung lässt sich der rechtlich relevante Sachverhalt nicht völlig ersehen, aber die hier berührten Fragen sind auch für andere Konstellationen von Interessen in denen es um "Kapitalsammlungen" aus Verkaufserlösen für Dritte geht, was LG und OLG hier als Bankgeschäft nach § 32 KWG angesehen haben. Bankgeschäfte nach § 32 KWG bedürfen der Erlaubnis der BAFIN. Ungeachtet der Frage der Wirksamkeit stellt sich in solchen Fällen angesichts der Rechtswidrigkeit der Maßnahmen nach dem KWG die Frage der persönlichen Haftung der Geschäftsführer auf Schadensersatz neben der Gesellschaft, die der Senat hier als Haftung aus unerlaubten Bankgeschäften - vermutlich nach § 823 II BGB i.V.m. § 32 KWG - bejaht hat.
Der BGH (Urteil v. 11.07.2006, AZ:VI ZR 341/04) hat § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers angesehen. Wenn eine Erlaubnis zur Führung von Bankgeschäften nach § 32 KWG nicht
vorliegt, kann darauf der Schadensersatzanspruch eines geschädigten Anlegers gestützt
werden. Der Schaden liegt hier im Teilverlust der Einlage. Der Fall wirft schwierige Rechtsfragen auf, die sich letztlich nur unter Analyse des Volltextes des Urteils vornehmen lassen. Auch dieser Fall zeigt aber, dass es sehr gefährlich werden kann, § 32 KWG bei derartigen Geschäften nicht in Betracht zu ziehen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zum BGH zugelassen.
---
Der Kläger, Mitglied einer Winzergemeinschaft, verkaufte an eine
Gesellschaft (Weinkellerei), deren Geschäftsführer die Beklagten waren,
seit vielen Jahren Weintrauben. Im Jahr 1989 hatte die Weinkellerei den
Mitgliedern der Winzergemeinschaft angeboten, sich den Verkaufserlös für
die Weintrauben ganz oder teilweise nicht auszahlen zu lassen, sondern
bei ihr „stehen zu lassen“, damit sie mit dem Kapital („Winzergelder“)
wirtschaften könne. Sie verpflichtete sich, die Winzergelder für ihn
günstig zu verzinsen und jederzeit auf Verlangen an ihn auszuzahlen. Bis
zum Jahr 2007 ließen mindestens 50 Winzer, unter ihnen auch der Kläger,
ihre Verkaufserlöse deshalb bei der Weinkellerei stehen, die auf diese
Weise ein Kapital von rund 2,5 Mio. € ansammelte.
Im Jahr 2009 geriet die Weinkellerei in Insolvenz und konnte die
Winzergelder nicht mehr zurückzahlen. Ihre Vermögenswerte wurden von
einer anderen Gesellschaft übernommen, die dem Kläger von seiner Einlage
in Höhe von zuletzt rund 80.000 € ca. € 30.000 € erstattete. Den
Restbetrag in Höhe von 50.000 € hat der Kläger von den beiden beklagten
Geschäftsführern der Weinkellerei als Schadenersatzanspruch gerichtlich
geltend gemacht.
Seine Klage hatte sowohl vor dem Landgericht Landau in der Pfalz als
auch vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken (Urteil vom 12.
Januar 2012, 4 U 75/11) Erfolg.
Zur Begründung hat das Oberlandesgericht
ausgeführt, dass das Geschäftsmodell des „Stehenlassens der
Verkaufserlöse“ ein Bankgeschäft gewesen sei, für welches der
Weinkellerei jedoch die nach § 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz erforderliche
Erlaubnis gefehlt habe. Deshalb habe es sich um ein unerlaubtes
Bankgeschäft gehandelt. Für die aus diesem unerlaubten Geschäft
entstandenen Schäden der Winzer hätten die Geschäftsführer der
Weinkellerei persönlich einzustehen.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, auch
weil es ähnliche Geschäftspraktiken bei anderen Warengenossenschaften im
Landhandel gibt, und zur Fortbildung des Rechts die Revision gegen das
Urteil zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen