Donnerstag, 31. Mai 2012

Wirksamkeit von Honorarbedingungen für freie Journalisten


BGH - Pressemitteilung Nr. 74/2012: 



Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Honorarbedingungen, die der Axel-Springer-Verlag seinen Verträgen mit freien Journalisten zugrunde legt, teilweise unwirksam sind, was auch die Überprüfung vergleichbarer Honorarbedingungen nahelegt, aber das Urteil enthält einige Passagen, die die Durchsetzung von Nachforderungen durchaus schwierig machen könnten, da es um die Frage der Angemessenheit im Rahmen des Anpassungsanspruches nach § 32 Abs.1 S.3 UrhG geht. 

Das Urteil betrifft die Honorarpraxis der freien Journalisten und war angesichts der wirtschaftlichen Bedingungen unter denen viele Journalisten leben und arbeiten mit Spannung erwartet worden. Es ging hier nicht um Zahlungsansprüche, sondern um eine Inhaltskontrolle bestimmter Klausel in dem betreffenden Honorarregelungen als Allgemeinen Geschäftsbedingungen. 

Der Deutsche Journalistenverband konnte sich nicht mit allen Anträgen durchsetzen, erzielte aber erhebliche Teilerfolge, die die Praxis sehr beeinflussen dürften. Zentral ist allerdings der Aspekt, dass sich Zeitungsverlage ein zeitlich, räumlich und inhaltliches Nutzungsrecht an den Beiträgen in AGB ausbedingen können. Diese Klausel zu Fall zu bringen, war ein zentrales Anliegen dieses Streitverfahrens. Eine solche - weitreichende - Rechteübertragung muss jedoch angemessen honoriert werden. 

Der BGH stellt jedoch ausweislich der Pressemitteilungen nur Prüfkriterien auf, die eine Prüfung des Einzelfalles ermöglichen, so dass ein Flut von Honorornoten unter dem Aspekt der angemessenen Honorierung geprüft werden muss, angesichts dieses Urteils mit durchaus ungewissem Ausgang. Die Verlage werden voraussichtlich auf dieses Urteil damit reagieren die betreffenden Klauselwerke unter Beachtung der Rechtsauffassung des BGH transparenter zu gestalten.  


Sachverhalt 

Kläger ist der Deutsche Journalistenverband, der die Interessen angestellter und freier Journalisten wahrnimmt. Der beklagte Axel-Springer-Verlag legt seit Januar 2007 den Verträgen, die er mit freien Journalisten über die Lieferung von Text- und Bildbeiträgen abschließt, seine "Honorarregelungen Zeitungen" und "Honorarregelungen Zeitschriften" zugrunde. Der Kläger hält eine Vielzahl der in den Honorarregelungen enthaltenen Klauseln für unwirksam. Er hat deswegen den Beklagten auf Unterlassung der Verwendung dieser Honorarregelungen in Anspruch genommen. Das Landgericht Berlin hat der Klage hinsichtlich einiger Klauseln stattgegeben. Beim Kammergericht hatten sowohl der Kläger als auch der Beklagte mit ihren Berufungen teilweise Erfolg.

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof nunmehr einige weitere Klauseln, die das Kammergericht für unbedenklich erachtet hatte, für unwirksam erklärt. Hinsichtlich anderer Klauseln hatte die Revision dagegen keinen Erfolg. 

Inhalt der Entscheidung

Im Mittelpunkt steht dabei die Bestimmung, mit der sich der beklagte Verlag umfassende urheberrechtliche Nutzungsrechte an den von den freien Journalisten erstellten Beiträgen einräumen lässt ("Soweit … nicht anders vereinbart, hat der Verlag das zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht, die Beiträge im In- und Ausland in körperlicher und unkörperlicher Form digital und analog zu nutzen …"). Diese Bestimmung hat der BGH für wirksam erachtet. 

Im Gegensatz zum Kammergericht hat der Bundesgerichtshof jedoch die Vergütungsregelung beanstandet, die unter anderem bestimmt, dass im vereinbarten Honorar ein angemessener Anteil für die Einräumung der umfassenden Nutzungsrechte enthalten ist.

Der umfassenden Rechtseinräumung steht insbesondere der Schutzgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG nicht entgegen, wonach der Urheber möglichst weitgehend an den wirtschaftlichen Früchten der Verwertung seines Werkes zu beteiligen ist. Diese Bestimmung kommt - so der Bundesgerichtshof - als Maßstab einer Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht in Betracht. 

Zum einen handelt es sich dabei um eine Auslegungsregel, die Inhalt und Umfang der einzuräumenden Rechte grundsätzlich der Disposition der Vertragsparteien überlässt. Zum anderen geht es bei den Klauseln um Regelungen, die unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen. Sie gehören zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung und sind regelmäßig der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen. Daran hat die Einführung des § 11 Satz 2 UrhG nichts geändert, wonach das Urheberrecht auch der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werks dient.

Die Unwirksamkeit der Vergütungsregelung hat der Bundesgerichtshof deshalb auch nur mit dem Transparenzgebot begründet. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung einer Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen daraus ergeben, dass die Regelung nicht klar und verständlich ist; der Verwender solcher Geschäftsbedingungen ist vielmehr gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar, einfach und präzise darzustellen. 

Nach den Honorarregelungen des beklagten Verlages ist jedoch völlig unklar, ob der Journalist für weitergehende Nutzungen eine gesonderte Vergütung erhalten soll oder nicht. Diese Regelungen enthalten eine Bestimmung, nach der insofern zu differenzieren ist: 

Einzelne in einer Klausel aufgeführte Nutzungen sollen "in jedem Fall" abgegolten sein. Nach einer weiteren Klausel, die das Kammergericht bereits rechtskräftig für unwirksam erklärt hat, soll sich die Frage, ob für darüber hinausgehende Nutzungen eine gesonderte Vergütung geschuldet wird, danach richten, was zwischen den Vertragsparteien abgesprochen ist. Nach dieser Regelung bleibt es letztlich offen, ob und für welche weitergehenden Nutzungen der Verlag eine gesonderte Vergütung zu zahlen hat.

Das bedeutet - so der Bundesgerichtshof - jedoch nicht, dass undifferenzierte Vergütungsregeln rechtlich unbedenklich sind, bei denen mit dem vereinbarten Honorar sämtliche weitergehenden Nutzungen abgegolten sind. Denn eine solche pauschale Vergütung wird sich häufig nicht als angemessen erweisen und daher zu einer nachträglichen Vertragsanpassung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG führen müssen.

BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 73/10 - Honorarbedingungen freie Journalisten
LG Berlin - Urteil vom 9. Dezember 2008 - 16 O 8/08
KG Berlin - Urteil vom 26. März 2010 - 5 U 66/09 
Quelle: Bundesgerichtshof, Pressestelle

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