Das Mindestlohngesetz führt bei Unterschreitungen des Mindestlohnes zu erheblichen Konsequenzen, bis hin zu Ordnungswidrigkeiten und Straftatbeständen.
§ 15 dieses Gesetzes eröffnet in striktem Verweis auf das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz erhebliche Prüfkompetenzen der Behörden und ermöglicht Zwangsmaßnahmen des Hauptzollamtes, die idR mit einer unangekündigten Betriebsprüfung einsetzen. Vergleichbar ist dies mit der Beschäftigung von scheinselbständigen Personen. In diesem Bereich kann es schon reichen, wenn das Impressum die Beschäftigung von "freien Mitarbeitern" ausweist. Hinweise sind hinreichend.
Lange umstritten, war gesellschaftsrechtlich die Frage, ob Verstöße gegen das Mindestlohngesetz bei Vorständen einer AG oder Geschäftsführern einer GmbH insbesondere bei Zahlung von unterschwelligen Stundenlöhnen oder Umgehungen der gesetzlichen Vorschriften zu einer persönlichen Haftung unter dem Gesichtspunkt des Deliktsrechts führen können, wenn das Mindestlohngesetz ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.2 BGB darstellen sollte (so etwa, T. Lakies, Mindestlohngesetz, 5. Auflage, § 1, Rdnr. 103). .
"Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf Schadensersatz wegen von der Schuldnerin für den Monat Juni 2017 nicht geleisteter Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in Anspruch. Er hat die Auffassung vertreten, die Schuldnerin hätte ihm für 176 auf den Monat Juni entfallende Arbeitsstunden eine Vergütung mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von 8,84 Euro brutto je Stunde zahlen müssen. Hierfür hafteten die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB persönlich. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG sei die fahrlässige oder vorsätzliche Nichtzahlung des gesetzlichen Mindestlohns bußgeldbewehrt. Die Beklagten seien als gesetzliche Vertreter der Schuldnerin nach § 9 OWiG taugliche Täter der Ordnungswidrigkeit, sie hätten den Bußgeldtatbestand auch zumindest fahrlässig verwirklicht. Danach habe er einen „direkten Zahlungsanspruch“ gegen die Beklagten."
Das BAG sah dies kürzlich anders und verneinte die Schutzgesetzeigenschaft des Mindestlohngesetzes in diesem Bereich. Das BAG hat die Zusammenhänge fast lehrbuchartig aufbereitet und setzt sich mit der Rechtslage zwischen Gesellschaftsrecht nach § 43 GmbHG, MiLoG und Ordnungswidrigkeitengesetz ausführlich auseinander. Die Entscheidung BAG, 8 AZR 120/22, sowie eine Parallelentscheidung verneinten das Vorliegen eines Schutzgesetzes. Bereits die Vorinstanzen hatten den Anspruch verneint.
Geschäftsführer einer GmbH haften gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der GmbH nicht auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB, weil § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.2 BGB darstellt.
Eine GmbH haftet als Arbeitgeberin aufgrund der gesetzlichen Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG für durch Verstöße gegen gesetzliche Ver- und Gebote entstehende Schäden ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen, wobei es hier gesetzlich normierte Ausnahmen etwa im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes gibt. "Eine persönliche Haftung der Geschäftsführer sieht das Gesetz nicht vor. Dieses gesellschaftsrechtlich normierte Haftungssystem kann zwar durch den Gesetzgeber erweitert werden. Eine solche Erweiterung ist bezüglich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Geschäftsführer einer GmbH für Verstöße gegen Straftatbestände durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und für die Begehung von Ordnungswidrigkeiten durch § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG erfolgt. Auch kann in einer solchen Erweiterung durch eine bußgeldrechtliche Haftung zugleich die Begründung einer Ausnahme von der gesellschaftsrechtlichen Haftungssystematik des GmbHG durch den Gesetzgeber liegen (vgl. BAG 21. November 2006 – 9 AZR 206/06 – Rn. 41). Voraussetzung für eine solche Ausnahme ist allerdings, dass die eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB begründende Schutznorm hinreichend deutlich erkennen lässt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Geschäftsführer der Gesellschaft – über die sonst vorhandenen zivilrechtlichen Haftungstatbestände hinausgehend – persönlich haften sollen. Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf die in § 21 Abs. 1 Nr. 9, § 20 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG getroffenen Bestimmungen nicht erfüllt."
Aus § 20 MiLoG folgte die Verpflichtung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen. Dafür sind allerdings die Unternehmensleiter persönlich ordnungswidrigkeitenrechtlich verantwortlich, so dass das BAG - Urteil hier letztlich kein Risiko "entschärft", zumal Hinweise auf solche Verstöße zulässig sind und arbeitsrechtlich nicht sanktioniert werden dürfen.
Der Bußgeldtatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG stellt – ungeachtet des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG – zwar kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der GmbH in ihrem Verhältnis zu dem/den Geschäftsführer/n der Gesellschaft dar, bedeutet aber nicht, dass nicht nach § 21 MiLOG erhebliche Bußgelder drohen können, die sich gegen die Geschäftsführer persönlich richten.