Donnerstag, 26. Februar 2015

EuGH: Vereinbarungen zum Folgerecht bei Weiterveräußerung eines Kunstwerkes

Der EuGH hat sich grundlegend zum Folgerecht bei der Weiterveräußerung von Kunstwerken im Kunsthandel geäußert. Die Richtlinie 2001/84/EG sieht in diesem Zusammenhang vor, dass der Urheber bei der Weiterveräußerung eines Originals eines Werkes der bildenden Künste oder eines Lichtbildwerkes am Erlös (Verkaufspreis ohne Steuern) zu beteiligen ist, wenn an der Veräußerung ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler beteiligt ist. Grundsätzlich haftet hierfür der Veräußerer. 

In Deutschland wurde dies durch § 26 Abs.1 UrhG in nationales Recht umgesetzt. Es handelt sich bei diesem Anspruch nicht um ein Verwertungsrecht, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Veräußerer, unabhängig vom Gewinn oder Verlust. Der Anspruch entfällt, wenn der Umsatz unter 400,00 Euro liegt. Die Höhe richtet sich gemäß § 26 Abs.2 UrhG prozentual nach der Höhe des Umsatzes zwischen 4 - 0,25 % bis maximal 12.500,00 Euro nach § 26 Abs.3 UrhG. Für den Künstler besteht insoweit auch ein Auskunftsrecht gegen den Veräußerer, § 26 Abs.4 und 5 UrhG, die aber nur über eine Verwertungsgesellschaft (VG-Bild-Kunst) geltend gemacht werden können, wobei abweichende vertragliche Vereinbarungen zulässig sind. Der Anspruch ist im Voraus unverzichtbar. Der Sache nhacxh handelt es sich um eine Schutzvorschrift für bildende Künstler.  

Schuldner des Zahlungsdanspruches ist nach dem Text der Richtlinie grds. der Veräußerer als Eigentümer. Nach dem Unionsrecht können die Mitgliedstaaten aber unter den in der Richtlinie 2001/84 genannten Vertretern des Kunstmarkts eine andere Person bestimmen, wovon Deutschland für den Fall Gebrauch gemacht hat, dass der Veräußerer eine Privatperson ist und an dem Veräußerungsgeschäft ein Kunsthändler als Vermittler oder Erwerber oder aber ein Versteigerer beteiligt war, die dann zusammen als Gesamtschuldner haften. Die Frage ist aber, ob diese zwingende Regelung für das Außenverhältnis im Innenverhältnis dispositiv ist. 
Das Folgerecht wird in einer Unionsrichtlinie als ein dem Urheber des Originals eines Kunstwerks zustehender Anspruch auf Beteiligung am Verkaufspreis aus jeder Weiterveräußerung nach der ersten Veräußerung durch den Urheber definiert. Dieses Recht gilt für alle Weiterveräußerungen, an denen Vertreter des Kunstmarkts (Auktionshäuser, Kunstgalerien und allgemein Kunsthändler) als Verkäufer, Käufer oder Vermittler beteiligt sind.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall ging es um Christie’s France, die französische Tochtergesellschaft des multinationalen Unternehmens Christie’s, die regelmäßig Auktionen von Kunstgegenständen veranstaltet. Diese Verkäufe führen oftmals zu einem Anspruch auf Zahlung einer Folgerechtsvergütung. Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen von Christie’s France sehen vor, dass Christie’s France für bestimmte in ihrem Katalog aufgeführte Werke für Rechnung und im Namen des Veräußerers vom Erwerber den Betrag einzieht, der dem Folgerecht entspricht, was gängiger Praxis entspricht. Damit handelt es sich um eine Vereinbarung für das Innenverhältnis.

Das Syndicat national des antiquaires (SNA) (Nationalverband der Antiquitätenhändler) ist der Ansicht, dass die Allgemeinen Verkaufsbedingungen von Christie’s France, indem sie die Folgerechtsvergütung dem Erwerber auferlegten, einen Akt unlauteren Wettbewerbs darstellten. Christie’s France dagegen meint, die Richtlinie bestimme ohne nähere Erläuterung oder Einschränkung, dass die Folgerechtsvergütung vom Veräußerer abzuführen sei, und schließe daher nicht aus, dass hiervon vertraglich abgewichen werden könne. Der auch für andere Staaten relevante Streit geht daher darum, ob die Verpflichtung, dass der Veräußerer diese Kopsten zu tragen hat, im Innenverhältnis zum Erwerber dispositiv oder zwingend ist. 



Die mit diesem Rechtsstreit befasste Cour de cassation (Frankreich) möchte vom Gerichtshof wissen, ob die
Folgerechtsvergütung stets endgültig vom Veräußerer zu tragen ist oder ob es möglich ist, vertraglich von dieser Bestimmung abzuweichen.



In seinem Urteil vom heutigen Tag stellt der Gerichtshof fest, dass es allein in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt, die Person zu bestimmen, die zur Abführung der Folgerechtsvergütung verpflichtet ist. Zwar bestimmt die Richtlinie, dass die Folgerechtsvergütung grundsätzlich vom Veräußerer abzuführen ist, doch erlaubt sie eine Abweichung von diesem Grundsatz und überlässt es damit den Mitgliedstaaten, unter den in der Richtlinie 2001/84 aufgeführten Vertretern des Kunstmarkts eine andere Person zu bestimmen, die allein oder gemeinsam mit dem Veräußerer für die Zahlung der Folgerechtsvergütung haftet. Allerdings bricht das Urteil eine Lanze für die Vertragsfreiheit im Innenverhältnis: 

Die Person, der auf diese Weise das nationale Recht die Pflicht zur Abführung der Folgerechtsvergütung auferlegt, kann mit jeder anderen Person einschließlich des Erwerbers vereinbaren, dass diese die Folgerechtsvergütung im Innenverhältnis endgültig ganz oder teilweise trägt, sofern eine solche vertragliche Vereinbarung nicht die Pflichten und die Haftung beeinträchtigt, die der Person, die die Folgerechtsvergütung abzuführen hat, gegenüber dem Urheber obliegen. 

Der Gerichtshof betont, dass eine solche Abweichung mit dem Ziel der Richtlinie im Einklang steht, das darin besteht, Wettbewerbsverzerrungen auf dem Kunstmarkt zu beseitigen, da diese Harmonisierung auf die nationalen Vorschriften beschränkt ist, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken. Die Erreichung dieses Ziels setzt zwar voraus, dass die Person bestimmt wird, die die Folgerechtsvergütung abzuführen hat, und dass Bestimmungen über deren Höhe erlassen werden, nicht aber, dass die Frage geregelt wird, wer endgültig die Kosten trägt.

Der Gerichtshof schließt nicht aus, dass eine solche Abweichung zu gewissen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt führen kann. Eine solche Auswirkung ist aber nur mittelbar, da sie auf vertraglichen Regelungen beruht, die von der Zahlung der Folgerechtsvergütung unabhängig sind, für die weiterhin im Außenverhältnis zum bildenden Künstler die Person haftet, die die Folgerechtsvergütung abzuführen hat. Diese ist aber nicht gehindert, sie im Innenverhältnis dem Erwerber aufzuerlegen. 

Die Entscheidung ist für die einschlägige AGB - und Vertragspraxis im Kunsthandel von deutlichem Interesse. 


Gerichtshof der Europäischen Union
Quelle: PRESSEMITTEILUNG Nr. 24/15
Luxemburg, den 26. Februar 2015
Urteil in der Rechtssache C-41/14
Christie's France SNC/Syndicat national des antiquaires


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