Freitag, 23. Oktober 2009

Keine Kompetenz des Insolvenzgerichts den vorläufigen Insolvenzverwalter zu ermächtigen, die Wohnung eines am Eröffnungsverfahren unbeteiligten Dritte

BGH, Beschluss v. 24.09.2009, AZ: IX ZB 38/08

Leitsatz des BGH:

Das Insolvenzgericht kann den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht ermächtigen, Räume eines am Eröffnungsverfahren nicht beteiligten Dritten zu durchsuchen.


Einführung:

Dem interessanten Fall liegt ein erheblicher Fall von Kompetenzüberschreitung sowohl des Insolvenzrichters als auch eines vorläufigen Insolvenzverwalters zugrunde, die diese Rechtsgrundlagen kennen müssen. Es handelt sich bei einer materiell illegalen Wohnungsdurchsuchung um einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Grundrecht aus Art. 13 GG. Wie der BGH überzeugend feststellt, beschränkt das Enumerationsprinzip des § 6 Abs. 1 InsO die Anfechtungsmöglichkeiten zwar auf die in der Insolvenzordnung ausdrücklich vorgesehenen Fälle, so dass nur Maßnahmen überhaupt in Betracht kommen, die in der Insolvenzordnung gesetzlich vorgesehen sind. Für diese gesetzlich vorgesehenen Anordnungen gilt, dass allein die ausdrücklich bezeichneten einem Rechtsmittel zugänglich sind. Liegt die gerichtliche Maßnahme dagegen von vornherein außerhalb der Befugnisse, die dem Insolvenzgericht von Gesetzes wegen verliehen sind, fehlt es an einer insolvenzrechtlichen Regelung, für die das Enumerationsprinzip gelten könnte (BGHZ 158, 212, 215) . Zwangsmaßnahmen gegen am Eröffnungsverfahren nicht beteiligte Dritte sieht die Insolvenzordnung - etwa im Gegensatz zur StPO - nicht vor. Selbstverständlich muss - notfalls unter Rückgriff auf Art. 19 GG - in solchen Fällen eine geeignete Rechtsschutzmöglichkeit bestehen.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,
den Richter Vill,
die Richterin Lohmann,
die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape
am 24. September 2009
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 15. Januar 2008 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Feststellung abgewiesen worden ist, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 23. November 2007 rechtswidrig ist, soweit er den Beteiligten zu 4 ermächtigt hat, die im Besitz der Beteiligten zu 2 oder zu 3 befindlichen Geschäftsräume B. Str. …, R. , zu betreten, bei der Durchsuchung anwesend zu sein und Bücher, Geschäftspapiere und ähnliche Unterlagen, die für die Aufklärung der Vermögensverhältnisse der Schuldnerin von Bedeutung sein können, in Besitz zu nehmen.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 23. November 2007 insoweit rechtswidrig ist.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der (weitere) Beteiligte zu 1 hat mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Der (weitere) Beteiligte zu 4 ist am 21. November 2007 mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt und am 22. November 2007 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Auf seine Anregung hat das Insolvenzgericht am 23. November 2007 einen Durchsuchungsbeschluss über die Geschäftsräume der Schuldnerin B. Straße … in R. erlassen. Wörtlich heißt es in dem Beschluss:

“Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume B. Str. …, R. , zu betreten, bei der Durchsuchung anwesend zu sein und Bücher, Geschäftspapiere und ähnliche Unterlagen, die für die Aufklärung der Vermögensverhältnisse der Schuldnerin von Bedeutung sein können, in Besitz zu nehmen, auch soweit sie sich im Besitz von M. [= weitere Beteiligte zu 3] bzw. I. [= weitere Beteiligte zu 4] oder R. S. [= Geschäftsführer oder Vorstand aller genannter Gesellschaften] befinden.”

Am 26. November 2007 ließ der Beteiligte zu 4 die Räumlichkeiten der Schuldnerin sowie diejenigen der (weiteren) Beteiligten zu 2 und zu 3 durchsuchen. Er nahm dabei verschiedene Unterlagen und Dokumente an sich, welche er nach Durchsicht am 29. November 2007 wieder zurückreichte. Außerdem kopierte er Dateien auf eigene Datenträger, die sich zur Auswertung noch bei ihm befinden.


Am 7. Dezember 2007 haben die Beteiligten zu 2 und zu 3 sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. November 2007 eingelegt. Sie haben beantragt,


festzustellen, dass der vorgenannte Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 23. November 2007 rechtswidrig ist;

dem vorläufigen Insolvenzverwalter aufzugeben, sämtliche von ihm im Rahmen der Durchsuchung am 26. November 2007 auf Datenträger gespeicherten Dateien an die Firma M. AG herauszugeben.

Die sofortige Beschwerde ist als unbegründet zurückgewiesen worden. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 und zu 3 die genannten Anträge weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.

1.

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei zulässig. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse folge daraus, dass der Durchsuchungsbeschluss die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beteiligten zu 2 und zu 3 anordne und damit in deren Recht auf Freiheit (Art. 2, 104 Abs. 1 GG) sowie auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) eingreife und Rechtsschutz vor der Durchsuchung nicht zu erlangen gewesen sei; zudem habe der Beteiligte zu 4 nach wie vor Dateien im Besitz, die er von den Servern der Beschwerdeführer kopiert habe. Die Statthaftigkeit der in der Insolvenzordnung nicht vorgesehenen sofortigen Beschwerde folge ebenfalls unmittelbar aus der Verfassung. Das Rechtsmittel sei jedoch nicht begründet. Die Durchsuchungsanordnung sei rechtmäßig ergangen. Die dem Beteiligten zu 4 eingeräumten Befugnisse seien hinreichend bestimmt. Die Insolvenzordnung enthalte auch eine ausreichende gesetzliche Legitimierung für eine auf Räumlichkeiten Dritter bezogene richterliche Durchsuchungsanordnung. Dass § 22 Abs. 3 Satz 1 InsO dem vorläufigen Insolvenzverwalter nur gestatte, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten, stehe nicht entgegen. Grundlage des Beschlusses sei § 21 Abs. 2 InsO, der das Gericht ermächtige, auch andere als die in § 21 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 ausdrücklich genannten Maßnahmen zu treffen. Eine unbegrenzte Ausweitung der Befugnisse des Verwalters auf unbeteiligte Dritte erfolge damit nicht. Der vorläufige Insolvenzverwalter müsse dann richterlich ermächtigt werden können, in Räumen Dritter nach Geschäftsunterlagen des Schuldners zu suchen, wenn die begründete Befürchtung eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Schuldner und dem Dritten bestehe; denn andernfalls könne er seiner Pflicht zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens nicht nachkommen. Im vorliegenden Fall hätten hinreichende Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten zu 2 und 3 mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin bestanden. Der Antrag auf Herausgabe der kopierten Dateien könne keinen Erfolg haben, weil der Beteiligte zu 4 Gelegenheit erhalten müsse abzugleichen, ob und in welchem Umfang Daten der Insolvenzschuldnerin auf dem Server der Beschwerdeführer gespeichert seien.

2.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a)

Hinsichtlich der Anordnung, die Geschäftsräume der Beteiligten zu 2 und zu 3 zu durchsuchen, ist die Rechtsbeschwerde zulässig und begründet.

aa)

Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde folgt aus §§ 7, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Gegen die Entscheidung über die sofortige Beschwerde findet die Rechtsbeschwerde statt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zu Recht für zulässig gehalten und sachlich beschieden, obwohl § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO eine sofortige Beschwerde nicht am Eröffnungsverfahren beteiligter Dritter gegen Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren nicht vorsieht. Das Enumerationsprinzip des § 6 Abs. 1 InsO beschränkt die Anfechtungsmöglichkeiten zwar auf die in der Insolvenzordnung ausdrücklich vorgesehenen Fälle, kann sich damit jedoch nur auf solche Maßnahmen beziehen, die nach Wortlaut, Inhalt und Zweck des Gesetzes überhaupt in Betracht kommen können. Für diese Anordnungen gilt, dass allein die ausdrücklich bezeichneten einem Rechtsmittel zugänglich sind. Liegt die gerichtliche Maßnahme dagegen von vornherein außerhalb der Befugnisse, die dem Insolvenzgericht von Gesetzes wegen verliehen sind, fehlt es an einer insolvenzrechtlichen Regelung, für die das Enumerationsprinzip gelten könnte (BGHZ 158, 212, 215) . Zwangsmaßnahmen gegen am Eröffnungsverfahren nicht beteiligte Dritte sieht die Insolvenzordnung nicht vor.

Dass die Durchsuchung bereits stattgefunden hat, steht der Zulässigkeit beider Rechtsmittel ebenfalls nicht entgegen. Sofortige Beschwerde und Rechtsbeschwerde setzen zwar wie jedes andere Rechtsmittel auch eine Beschwer des Rechtsmittelführers voraus, die im Zeitpunkt der Entscheidung noch gegeben sein muss (BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2006 - IX ZB 34/05, WM 2006, 2329, 2330). Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung jedoch fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist, etwa dann, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dient, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (BVerfGE 96, 27, 40). Darüber hinaus kommt ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe in Betracht. Hierunter fallen insbesondere solche Eingriffe, die unter Richtervorbehalt stehen und nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt sind, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann (BVerfGE 104, 220, 232 ff). Ein Rechtsschutzinteresse trotz prozessualer Überholung hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere nach Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen angenommen (BVerfGE 107, 299, 337 f; 110, 77, 89 ff ). Das Rechtsschutzbedürfnis folgt in einem solchen Fall allein aus dem tiefgreifenden Grundrechtseingriff (BVerfG ZIP 2008, 2027, 2029).

Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind ebenfalls erfüllt. Die Frage, ob §§ 21, 22 InsO zu Eingriffen in Rechte Dritter berechtigt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden.

bb)

Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. November 2007 ist rechtswidrig, soweit er den Beteiligten zu 4 ermächtigt, die Geschäftsräume der Beteiligten zu 2 und zu 3 zu betreten und zu durchsuchen, und verletzt diese in ihren Rechten.

(1)

Die Insolvenzordnung enthält keine ausdrückliche Regelung, nach welcher das Insolvenzgericht dem vorläufigen Insolvenzverwalter erlauben kann, Räume zu betreten und zu durchsuchen, die nicht im Besitz des Schuldners stehen. § 22 Abs. 3 Satz 1 InsO ermächtigt den vorläufigen Insolvenzverwalter, “die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen”. Diese Regelung ist eindeutig. Sie betrifft die Räume des Schuldners, nicht die Räume Dritter. Das wird, soweit ersichtlich, in der untergerichtlichen Rechtsprechung und in der

Literatur auch nicht in Zweifel gezogen.


(2)


§ 21 Abs. 1 und 2 InsO stellt keine ausreichende gesetzliche Grundlage für eine Durchsuchungsanordnung dar. § 21 InsO bestimmt, welche vorläufigen Maßnahmen das Insolvenzgericht treffen kann. Dabei enthält § 21 Abs. 2 InsO keine abschließende Regelung, wie sich schon aus dem Einleitungssatz “das Gericht kann insbesondere” ergibt. In diesem Ansatz ist dem Beschwerdegericht zuzustimmen. Alle beispielhaft aufgeführten Maßnahmen betreffen jedoch Rechte des Schuldners, die eingeschränkt oder deren Ausübung überwacht werden können. Schon deshalb liegt eine Ausdehnung dieser Ermächtigungsgrundlage auf Eingriffe in Rechte Dritter nicht nahe. Die Regelung war auch nicht in diesem Sinne gemeint. Dies zeigt insbesondere die durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) nachträglich eingefügten Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO. Das Enumerationsprinzip des § 6 InsO und die dadurch bewirkte Beschränkung von Rechtsmitteln auf die im Gesetz ausdrücklich genannten Fälle sollte den zügigen Ablauf des Insolvenzverfahrens gewährleisten (BT-Drucks. 12/2443, S. 110). Gegen nach § 21 InsO angeordnete Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren war eine sofortige Beschwerde zunächst nicht vorgesehen. Sie wurde nachträglich eingeführt, weil vorläufige Sicherungsmaßnahmen nachhaltig in die Rechtsposition des Schuldners eingreifen können und der völlige Ausschluss jedes Rechtsmittels auch verfassungsrechtlich bedenklich sei (BT-Drucks. 14/5680, S. 25; vgl. die Nachweise bei Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 21 Rn. 50). Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist jedoch, wie gesagt, ausdrücklich dem Schuldner vorbehalten worden. Würde § 21 InsO auch Eingriffe in (Grund-) Rechte Dritter erlauben, hätte diesen Dritten zum Ausgleich ebenfalls das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingeräumt werden müssen.


(3)

Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (AG Gelsenkirchen ZIP 1997, 2092; AG Duisburg NZI 2000, 38; LG Mainz NZI 2001, 384; AG Korbach ZInsO 2005, 1060, 1061 ; dagegen wohl nur LG Göttingen ZInsO 2005, 1280, 1281) sowie in der Literatur (Frind EWiR 2008, 351, 352; Graf-Schlicker/Voß, InsO § 21 Rn. 30; Hess, Insolvenzrecht § 21 Rn. 106; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 20 Rn. 23; Irmen/Werres NZI 2001, 579, 583 f; Pape; in Kübler/Prütting/Borg, InsO; HambKomm-InsO/Schröder, 3. Aufl. § 21 Rn. 13; § 21 Rn. 44; MünchKomm-InsO/Haarmeyer, 2. Aufl. § 22 Rn. 180; Thiemann DZWiR 2008, 251, 252; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 21 Rn. 10; Vallender EWiR 1997, 1097 f) dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Verdunkelungshandlungen des Dritten im Zusammenwirken mit dem Schuldner vorliegen, Durchsuchungen (und andere Zwangsmaßnahmen, vgl. AG München ZVI 2007, 22, 23 zur Anordnung einer Kontensperre) gegen am Verfahren nicht beteiligte Dritte für zulässig erachtet werden, wird dies vor allem mit den Bedürfnissen der Praxis begründet. Auch das Beschwerdegericht hat für entscheidend gehalten, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Aufgaben dann, wenn Vermögensgegenstände des Schuldners in den alleinigen Gewahrsam Dritter verschoben würden, nicht wahrnehmen könne, wenn ihm keine Zwangsbefugnisse gegen den Dritten zustünden.


Vermeintliche oder wirkliche Bedürfnisse der Praxis vermögen das Fehlen einer verfassungsrechtlich gebotenen Ermächtigungsgrundlage jedoch nicht zu ersetzen. Die Durchsuchung von Geschäftsräumen greift in das Grundrecht der Gewahrsamsinhaber aus Art. 13 Abs. 1 GG auf Unverletzlichkeit der Wohnung ein (vgl. zur Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf geschäftlich genutzte Räume, die nicht allgemein zugänglich sind, BVerfGE 120, 274, 309 mit weiteren Nachweisen; BVerfG NJW 2009, 2518, 2519). Jede Durchsuchung, auch diejenige durch den Gerichtsvollzieher, stellt ihrer Natur nach regelmäßig einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Privat- und Lebenssphäre des Betroffenen dar (BVerfGE 51, 97, 110) . Sie bedarf deshalb gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, der auf die gesetzlich vorgesehenen Organe und auf die gesetzlich vorgeschriebene Form verweist, einer ausreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung (BK/Herdegen, GG Art. 13 Rn. 47; Dreier/Hermes, GG Art. 13 Rn. 33; Jarass/Pieroth, GG 10. Aufl. Art. 13 Rn. 16; Maunz/Dürig/ Herzog/Papier, GG Art. 13 Rn. 21). An einer solchen fehlt es hier. Den Vorschriften der §§ 21, 22 InsO lässt sich, wie gezeigt, nicht entnehmen, dass das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter zu einer Durchsuchung von Räumen Dritter ermächtigen kann. Wegen des Fehlens einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage ist es auch nicht möglich, den Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung Dritter durch eine Analogie zu § 103 StPO zu begrenzen, die Durchsuchungsanordnung also vom Vorliegen der (engen) Voraussetzungen des § 103 StPO abhängig zu machen und so zu legitimieren (vgl. Irmen/Werres, aaO). Eine solche Regelung müsste der Gesetzgeber treffen.


(4)


Der Senatsbeschluss vom 17. Januar 2008 (IX ZB 41/07, NZI 2008, 179 betrifft den Fall des Mitgewahrsams eines Dritten an Räumlichkeiten des Schuldners. Dass Mitgewahrsamsinhaber die Durchsuchung zu dulden haben, ist gesetzlich geregelt (§ 758a Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 4 InsO). Der angegriffene Beschluss ist indes nicht von gemeinsam genutzten Räumen, sondern von getrennten Räumen der Schuldnerin einerseits, der weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3 andererseits ausgegangen.

b)

Hinsichtlich des Antrags auf Herausgabe von Datenträgern bleibt die Rechtsbeschwerde dagegen ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, wie auch die sofortige Beschwerde insoweit unzulässig war. Die Beteiligten zu 2 und zu 3 machen mit dem Antrag auf “Rückgabe” der kopierten Dateien der Sache nach einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend. Dies ist im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen eine Durchsuchungsanordnung nicht möglich. Es handelt sich um einen materiellrechtlichen Anspruch, der erforderlichenfalls - wenn der Beteiligte zu 4 auch nach Erlass des vorliegenden Beschlusses die Herausgabe verweigern sollte - klageweise vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist.


3.


Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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