Samstag, 15. April 2023

OLG Frankfurt am Main zur Sperrung eines privaten Facebookaccounts

Das OLG Frankfurt am Main hat in einer interessanten Pressemitteilung hinsichtlich der Rechtsprechung zum Thema "Meta" (Facebook und Instagram) eine erneute Differenzierung durchgeführt und entschieden, wann in einem Eilverfahren kein Anspruch auf Kontofreischaltung besteht. 

Meta macht von Kontensperrungen bei Instragram und Facebook recht rigoros Gebrauch, wobei bei dem deutschen Unternehmen in Gütersloh - das diese Dienstleistungen für Meta durchführt - hinsichtlich der Sperrentscheidungen keine klare Linie feststellbar ist, auch mangels konkreter Angaben. Ob dies an der eingesetzten Software liegt, darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Es ist durchaus bereits vorgekommen, dass Kreativen die Verletzung eigener Urheberrechte vorgeworfen wurde, dass die Kunstfreiheit nicht verstanden wurde und Journalisten regelrecht zensiert wurden. Die Entscheidungen in Sachen "Meta" sind in Deutschland "Legion": FB einerseits und Insta andererseits. Beide Accounts können via Facebook verwaltet werden. Die Problematik kann sich indessen verschärfen, wenn über einen privaten Accounts wirtschaftlich relevante Pages verwaltet werden. 

Der Leitsatz lautet: "Wurde ein privat genutztes Facebook-Konto aus Sicherheitsgründen gesperrt, hat der Nutzer im Eilverfahren keinen Anspruch auf Freischaltung". Offen bleibt die Frage, ob ein etwaiger Verstoß im Vorfeld von Meta verwarnt werden musste. 

Das hängt indessen sicherlich davon ab, um welche Art von Sicherheitsgründen es sich handelt, da der betroffene Accountinhaber sie meist nicht näher kennt. Es bietet sich, sämtliche Kommunikationen mit Screenshots zu dokumentieren, die ggf. in einem Gerichtsverfahren verwendet werden können, da Meta insoweit eine sekundäre Darlegungslast obliegt. Richtige Beklagte in solchen Verfahren ist Meta mit Sitz in Dublin. Insoweit kommt den Nutzungsbedingungen von Meta eine zentrale Rolle zu, bei denen es sich um AGB handelt, die einer Inhaltskontrolle unterliegen können. 

Der zentrale Passus lautet insoweit wie folgt: 

  • Wir haben dein Konto zuvor wegen Verstößen gegen unsere Nutzungsbedingungen, die Gemeinschaftsstandards oder Bedingungen und Richtlinien, die für deine Nutzung von Facebook gelten, deaktiviert. Wenn wir dein Konto wegen eines Verstoßes gegen unsere Nutzungsbedingungen, die Gemeinschaftsstandards oder andere Bedingungen und Richtlinien deaktivieren, verpflichtest du dich, ohne unsere Erlaubnis kein anderes Konto zu erstellen. Die Erlaubnis zum Erstellen eines neuen Kontos erteilen wir nach unserem alleinigen Ermessen. Ihr Erhalt bedeutet oder impliziert nicht, dass die disziplinarische Maßnahme falsch oder unbegründet war.
  • Dir ist nach geltendem Recht der Empfang unserer Produkte, Dienste oder Software untersagt.


Die Verbotstatstände werden danach noch weiter präzisiert, ohne zu präzise zu werden. Zu unterscheiden ist zwischen Sperrung und Kontolöschung, wobei die Toleranzbereiche ganz unterschiedlich, etwa was derzeitige Kontakt - Bulk - Anfragen auf manchen Accounts angeht. 

In der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 22/2023 heisst es: 

Wurde ein privat genutztes Facebook-Konto aus Sicherheitsgründen gesperrt, hat der Nutzer im Eilverfahren keinen Anspruch auf Freischaltung, wenn Facebook bereits die unwiederbringliche Kontolöschung untersagt wurde. Dass der Nutzer vorübergehend bis zum Abschluss eines etwaigen Hauptverfahrens seine privaten Kontakte über Facebook nicht pflegen kann, ist hinzunehmen. 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde in Bestätigung der ersten Instanz zurückgewiesen. 

Die Antragstellerin verfügt über ein Facebook-Konto. Facebook sperrte und deaktivierte dieses Konto, da die Standards der Facebook-Gemeinschaft nicht eingehalten worden seien. In diesem Zusammenhang kommt es maßgeblich darauf an, um welche Sicherheitsstandards es sich handelt. Insofern kommt es maßgeblich darauf, welche Eigensicherungen der Accountinhaber vorgenommen hat (Qualität des Passwortes und anderes). Oder ob es sich um Datenverstöße und um Aspekte handelt, die in den Verantwortungsbereich von Meta fallen. Hier reicht es sicher nicht aus, vorzutragen, dass man "seine Freunde vermisst", so nachvollziehbar dass im Einzelfall auch sein mag. Teilweise handelt es sich insoweit auch um eine Dokumentationsproblematik. 

Die Antragstellerin hatte behauptet, ihr Konto sei „gehackt“ worden und beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung. Facebook sollte verpflichtet werden, das Konto wiederherzustellen und ihr die Nutzung wieder zu ermöglichen. Jedenfalls sollte Facebook verboten werden, das Konto unwiderbringlich zu löschen.

Das Landgericht hatte Facebook untersagt, das Konto unwiederbringlich zu löschen und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit begehrte. 

Das OLG lehnte dies ab. Die Antragstellerin habe keine hinreichenden Gründe für die besondere Dringlichkeit ihres Anliegens dargetan. Die Anforderungen an die Darlegungen zur Dringlichkeit sind hoch und nicht pauschalisierbar. ChatGPT habe ich dazu noch nicht befragt. 

Durch das bereits vom Landgericht veranlasste Verbot der Kontolöschung sei die Antragstellerin hinreichend gegen den Verlust der von ihr benötigten und über ihr Konto abrufbaren Daten gesichert. Letztlich argumentiert das OLG mit einer Vorwegnahme der Hauptsache, die aber fast alle diese Verfahren kennzeichnet und in diesem Bereich nicht zu hoch gewichtet werden sollte. 

„Dass die Antragstellerin bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, in dem die Aufhebung der Kontosperre unter Deaktivierung begehrt werden kann, auf die aktive (und wohl auch passive) Nutzung des Facebook-Kontos verzichten müsste, wäre von ihr hinzunehmen“, führte das OLG weiter aus. 

Anders als in einer von ihr herangezogenen Entscheidung eines anderen OLG ginge es hier auch nicht um den Verlust einer fünfstelligen Zahl von Followern. Die Antragstellerin berufe sich vielmehr ausschließlich auf ihre private Kontaktpflege und die damit einhergehende Kommunikation. Es sei fernliegend, dass die Antragstellerin diese Kontakte nicht über andere soziale Medien bedienen könne. Zudem stünde hier weiterhin im Raum, dass das Facebook-Konto von Dritten unberechtigt genutzt worden sei. Es sei nicht dargelegt, dass eine weitergehende derartige Nutzung im Fall der Aktivierung des Kontos im Eilverfahren verhindert werde.

Die Entscheidung sollte zum Anlass genommen werden, die seitens des OLG gerügten Punkte zu bedenken und hierzu konkret vorzutragen. Die Problematiken werden sich in den nächsten Monaten kaum entzerren, da eine Änderung der Praxis nicht verzeichnet werden kann. 

Es stellt sich auch die Frage, ob diese Rechtsprechung mit den seitens des BGH aufgestellten Grundsätzen vereinbar ist. Wurde aufgrund der unwirksamen Geschäftsbedingungen der Beitrag eines Nutzers gelöscht und dessen Konto vorübergehend mit einer Teilsperrung belegt, hat der Nutzer einen Anspruch auf Freischaltung des gelöschten Beitrags und gegebenenfalls auch auf Unterlassung einer erneuten Kontosperrung und Löschung des Beitrags bei dessen erneuter Einstellung (BGH, Urteile vom 29. Juli 2021, III ZR 179/20 und III ZR 192/20).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.3.2023, Az. 17 W 8/23 (vorausgehend Landgericht Hanau, Beschluss vom 28.2.2023, Az. 9 O 213/23): Facebook

Die Entscheidung ist in Kürze unter 
www.rv.hessenrecht.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster
 abrufbar.


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