Hinter dem Begriff "Paid Content" verbergen sich durchaus sehr verschiedene "Online - Marketingstragien, die nach dem Gabler Wirtschaftsmagazin dadurch verbunden sind, dass es sich um bezahlte Inhalte handelt. Deren Formen sind sehr unterschiedlich. Abzugrenzen sind reine Gefälligkeitsnennungen (etwa als "Fan"), Influencermarketing besonders bei Instagram, bezahlte Inhalte auf Website, die Werbung darstellen, mitunter ohne Kenntlichmachung oder Contents, die über mobile Dienste gegen Bezahlung kenntlich gemacht werden (mobile Content - Marketing). Davon abzugrenzen sind werbefinanzierte Gratisinhalte, die oftmals mit Daten "bezahlt" werden. Entsprechend haben hier datenschutzrechtliche Vorgaben, eine hohe Bedeutung, die hier aber außen vorbleiben sollen.
Die Bezahlprinzipien für Paid Content sind nicht weniger unterschiedlich, wie die Vermarktungsformen. Es kann sich um transaktionsunabhängige Abonnement-Modelle handeln, aber auch transaktionsabhängige Modelle, bei denen der Kunde für jedes einzelne Content-Objekt (Musikstück, Film, Printartikel etc.) einzeln zahlt. Es gibt auch Modelle, bei denen nur für Promotionsleistungen nach Impressions gezahlt wird. Diese Modelle sind im B2B - Bereich sehr verbreitet. In vielen Fällen handelt es sich um Gestaltungsfragen, die aber alle das Ziel haben, Kenntnis und Nachfrage nach bestimmten Wirtschaftsgütern zu vergrößern, was völlig legitim ist.
Diese Vorgehensweisen finden vor einem rechtlichen Rahmen statt, der immer enger gezogen wird und eine gewisse Werbeskepsis. Das Werbung auch Kunst sein kann, hatte Charles Wilp eindrucksvoll unter Beweis gestellt ("Kunst im Rausch der Werbung"). Insoweit stellen sich hier unter Umständen auch grundrechtliche Fragestellungen.
Bereits im analogen Presserecht wurde die Unterscheidung zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten entwickelt, die aber bereits in den 70ger Jahren immer durchlässiger wurde, etwa bei Productplacement in Film und Fernsehen. Diese Anforderungen wurde nahezu 1:1 in die Medien des Internets übertragen, wie aus §§ 22 Abs. 1, § 74 i.V.m. § 8 Abs. 3 MStV folgt.
Mit dem Aufkommen der Instagram - Influencer - Szene verschärfte sich die Situation und etliche Abmahnungen führten dazu, dass zunächst die Rechtsprechung lauterkeitsrechtliche Entscheidungen treffen musste, die man letztlich als zurückhaltend bezeichnen muss.
Es handelt sich dabei um Produktplacement, Empfehlungsmarketing, Kaufanreize und vergleichbare Phänomene. Das OLG Celle entschied in einem der ersten OLG - Urteile zu diesem Thema, das die Kennzeichnung in einem Instagram - Post mit dem Hashtag #ad nicht hinreichend war (OLG Celle, 08.06.2017, 13 U 53/17).
Wenig später hatte der BGH Gelegenheit in diesem Bereich einen praktikablen Rechtsrahmen zu entwickeln. In der bahnbrechenden Entscheidung Influencer I stellte der BGH klar, dass bei werblichen Inhalten zwecks Angebot von Waren und Dienstleistungen Kennzeichnungspflichten nach sich ziehen, die nach einer Güter - und Interessenabwägung weit gezogen wurden. Jede Gegenleistung macht einen solchen Post kennzeichnungspflichtig und selbst ohne Gegenleistung kann eine Kennzeichnungspflicht ausgelöst werden, wenn der Gesamteindruckung für einen werblichen Überschuss spricht. Mit der Entscheidung Influencer II wurden Einschränkungen bei reiner Eigenwerbung statuiert. Mit der Entscheidung Influencer III erweiterte der BGH die Kennzeichnungspflichten für den Bereich der Absatzförderung, wenn die betreffenden Waren - und Dienstleistungen von einem Dritten dem Influencer kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden. Die Schwelle zur Absatzförderung ist durchaus schnell erreicht.
Dann entschied sich der Gesetzgeber vor dem Hintergrund europarechtlicher Vorgaben aus der UGP - RL zu handeln und diesen Bereich zu regulieren, was durch § 5 a Abs.4 UWG geschah, der reichlich Verwirrung bei den Unternehmen ausgelöst hat. Die Gesetzesfassung beruht auf dem Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht vom 10.08.2021 (BGBl. I S. 3504) und trat am 2 8.05.2022 in Kraft. Die Norm hat folgenden Wortlaut:
(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.
Die Norm enthält Restriktionen schafft aber auch Gestaltungsspielräume, die legal genutzt werden können. Zu einem kann sich der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung aus den Umständen ergeben, was mangels näherer Bestimmung, erhebliche Auslegungsprobleme auslöst.
Zum anderen ergibt sich aber eine Einschränkung der Kennzeichnungspflicht aufgrund eines subjektiven Elements, wenn wenn der Verbraucher oder Marktteilnehmer durch die betreffende Gestaltung nicht zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden soll, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die beiden Ausnahmen werden aber derzeit noch recht restriktiv gesehen, vor dem Hintergrund der UGP - Richtlinie.
Die Regelung zur Entgeltproblematik entspricht der Rechtsprechung des BGH, die damit teilkodifiziert wurde. Diese Vermutung muss der Werbegestalter im Zweifel widerlegen. Es liegt auf der Hand, dass diese Regelungen teilweise Verzweiflung im Werbebereich ausgelöst haben.
Letztlich handelt es sich um eine Modifikation des bereits im Jahr 1909 anerkannten Wahrheitsgrundsatz, der das UWG jahrzehntelang geprägt hat. Es geht darum Verbraucher und Marktteilnehmer davor zu schützen, einen kommerziellen Zusammenhang nicht erkennen zu können, wie die europarechtliche Grundlage in § 7 Abs.2 UPG -RL statuiert.
Es handelt sich um eine völlig eigenständige Norm, die letztlich mit der zutreffenden Bereitstellung wesentlicher Informationen nichts zu tun hat (so auch Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage, 2023, § 5 a, Rdnr. 4.6). Die deutsche Regulation ist richtlienkonform auszulegen. Etwaige Beschränkungen des Kommunikationsmediums sind daher nicht zu berücksichtigen.
Die Norm findet keine Anwendung, wenn ein Betroffener nicht zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden. Damit scheiden erhebliche Modelle des Paid Contents aus dem Anwendungsbereich aus, die allenfalls Promotions enthalten, die keine geschäftlichen Entscheidungen nach sich ziehen können.
Es geht vielmehr eher um Fallgruppen wie der Tarnung einer Verkaufsveranstaltung als Freizeitveranstaltung, die Nichtkenntlichmachung eines kommerziellen Zwecks für eine Kontaktaufnahme, getarnte Meinungsumfragen, die Tarnung einer Werbung als private Äußerung und getarnte Werbung in Medien sowie dem Vortäuschen einer objektiven Berichterstattung.
Besonders fraglich ist bei allen einschlägigen Gestaltungen, wann sich ein kommerzieller Zweck aus den Umständen ergibt. Die bisherige Kommentarliteratur legt dieses Tatbestandsmerkmal erwartungsgemäß restriktiv aus und will es nur angewendet wissen, bei geschäftlichen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens, nicht aber bei geschäftlichen Handlungen zugunsten dritter Unternehmen.
Ähnlich restriktiv wird die subjektive Komponente eingeschätzt, so dass bereits eine Verlinkung auf ein Angebot ausreichen kann. Bislang sind nur wenige Klärungen durch die Rechtsprechung erfolgt.
Der Rechtsrahmen ist daher mit Vorsicht zu handhaben und hat die Abmahnrisiken ausgeweitet, die aber bislang weitgehend ausgeblieben sind. Grundsätzlich sind werbliche Inhalte daher als Werbung zu kennzeichnen, wenn nicht mit guten Gründen eine Ausnahme angenommen werden kann.
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