Mittwoch, 6. Februar 2013

Auskunftsansprüche von Anlegern von Filmfonds in der Form von Publikums-Kommanditgesellschaften

BGH, Pressemitteilung Nr. 21/2013
 BGH entscheidet über Auskunftsansprüche von Anlegern von Filmfonds in der Form von Publikums-Kommanditgesellschaften 

 Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH hat erneut brisante Urteile zum Recht der Publikums - Kommanditgesellschaften gefällt, das überaus interessant sind. Der Hintergrund dieser Entscheidungen sind Finanzierungsmodelle für Filmprojekte. Spielfilme werden oftmals über geschlossene Fianzierungsfonds finanziert, die sehr häufig als GmbH & Co.- KG ausgestaltet sind, wobei allerdings etliche Gestaltungsalternativen vorhanden sind, etwa unter Nutzung der BGB - Innengesellschaften und einem Kommanditisten als Treuhänder. Nach wie vor sind in diesem Bereich aber auch Publikums - Kommanditgesellschaften recht häufig anzutreffen. Der Erfolg eines Filmprojektes ist auch bei sehr ausgefeilten Business - Cases regelmäßig schwer zu prognostizieren, so dass diese Anlagemodelle sehr riskant sein können. Gibt es Streit, wollen die Beteiligten regelmäßig wissen, wer Partner solcher Anlagegesellschaften ist.   

Gegenstand der vorliegenden Rechtsstreitigkeiten war im Kern die Frage, ob Anleger, die sich als Treugeber über einen Treuhandgesellschafter an einem (Film)Fonds in der Form von Publikums-Kommanditgesellschaften beteiligt haben, Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger verlangen können, wenn ihnen im Innenverhältnis der Gesellschaft die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters (Kommanditisten) eingeräumt ist. Es ging daher um einen Auskunftsanspruch: 

"In den vier heute verhandelten – und ebenso in einer Vielzahl weiterer beim II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs und bei Land- und Oberlandesgerichten anhängigen - Verfahren haben Anleger von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften mit den jeweiligen Gesellschaften, teils auch mit deren geschäftsführenden Gesellschaftern oder mit der Treuhandkommanditistin darüber gestritten, ob sie ein Recht auf Auskunftserteilung über Namen, Anschriften und (in einem Fall) die Beteiligungshöhe der 
übrigen an den Gesellschaften beteiligten Anleger haben."

Die gesellschaftsrechtliche Struktur sieht in solchen Fällen meist wie folgt aus:  

"An den Fondsgesellschaften konnten sich die Anleger entweder als Kommanditisten (= unmittelbare Gesellschafter) beteiligen mit der Folge, dass sie mit Namen, Wohnort und Haftsumme in das Handelsregister eingetragen wurden, oder sie beteiligten sich als Treugeber (= mittelbare Gesellschafter) über eine Treuhänderin an dem Fonds, wobei in diesem Fall nur die Treuhänderin als (Treuhand-)Kommanditistin mit Name, Wohnort und Haftsumme im Handelsregister eingetragen wurde. Namen, Anschriften sowie die Beteiligungshöhe der Treugeber sind dann nur der Treuhänderin oder der Fondsgesellschaft bekannt"

Ein derartiger Auskunftsanspruch wird in den Beteiligungs- und Treuhandverträge regelmäßig ausgeschlossen, um eben derartige Szenarien zu verhindern. Das besagt aber nichts darüber, ob solche Klauseln auch rechtmäßig sind, so dass es auch hier um das Thema der Inhaltskontrolle von Publikumspersonengesellschaften geht.

Die klagenden Anleger haben die Ansicht vertreten, das derartige Klausel nach §§ 242, 138 BGB nichtig sind, so dass ihnen ein Recht auf Kenntnis der Identität der anderen an dem jeweiligen Fonds beteiligten Anleger zusteht, weil sie ohne diese Kenntnis ihre Gesellschafter- oder Treugeberrechte nicht ordnungsgemäß ausüben könnten. Zu diesem Komplex existiert bereits eine reichhaltige Rechtsprechung.

Die Beklagten haben - aus ihrer Sicht konsequent und unter Verteidigung der Rechtmäßigkeit dieser Klauseln - die verlangten Auskünfte u.a. unter Hinweis auf ein schützenswertes Anonymitätsinteresse der nur über einen Treuhänder beteiligten Anleger und die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der Daten verweigert. In allen vier Fällen hatten die Klagen vor dem Oberlandesgericht München Erfolg.

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem BGH haben in zwei Verfahren die Beklagten ihre Revisionen vor der Verkündung der Urteile zurückgenommen. In den beiden anderen Verfahren hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungen des Oberlandesgerichts München bestätigt und folgende Rechtsauffassung zu diesen Auskunftsansprüchen bezogen:

Als Treugeber beigetretene Anleger sind nach ihrem Beitritt im Innenverhältnis den als Kommanditisten beigetretenen Anlegern in Rechten und Pflichten gleichgestellt. Ein Kommanditist hat ebenso wie der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und einer offenen Handelsgesellschaft einen aus seinem Mitgliedschaftsrecht folgenden Anspruch auf Kenntnis der Identität seines gesellschaftsvertraglichen Vertragspartners.

Aufgrund dieser Gleichstellung der Treugeber mit den (unmittelbaren) Kommanditisten steht ein solcher Auskunftsanspruch aus §§ 166 Abs.3 HGB; 161 Abs.2 HGB, 118 Abs.1 HGB; 242 BGB auch den nur über einen Treuhänder beigetretenen Anlegern zu und kann in den Gesellschafts- und Treuhandverträgen nicht wirksam ausgeschlossen werden. Hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr des Missbrauchs der Daten durch die klagenden Anleger selbst oder unter deren Beteiligung waren in den entschiedenen Fällen nicht dargelegt.

Diese Auffassung ist sehr überzeugend und dürfte für Klarheit sorgen.

Urteile vom 5. Februar 2013
II ZR 134/11
LG München I - Urteil vom 3. Dezember 2010 – 6 O 7299/10
OLG München - Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 190/11

und

II ZR 136/11
LG München I - Urteil vom 23. November 2010 – 16 HKO 14213/10
OLG München - Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 5642/10

Karlsruhe, den 5. Februar 2013
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

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