Oberlandesgericht Koblenz
(Urteil vom 10. Januar 2013, Az.: 9 U 922/12
"- Cellulite-Vorbeugung" und "Kräftigung der Muskulatur" nicht
wissenschaftlich belegt -
Die Werbung für Produkte mit vermeintlich oder tatsächlicher gesundheitsfördernder Wirkung sind seit einigen Jahren in Bewegung und sind unter dem Regime insbesondere des Heilmittelwerbegesetzes als Sondergesetz zum UWG einer restriktiven Handhabung ausgesetzt, wie die Beispiele "Heilsteine", "Heilpilze" und andere Phämomene zeigen. Die Rechtsprechung orientiert sich bei der Bewertung an wissenschaftlichen Standards ohne jede "Esoterik", um vernünftige Parameter für die Bewertung anwenden zu können. Das Oberlandesgericht Koblenz liegt ganz in dieser Tendenz, wenn es urteilt:
"Wer für ein Produkt mit einer gesundheitsfördernden Wirkung
wirbt, muss diese hinreichend wissenschaftlich belegen können.
Kann der Werbende diese Nachweise nicht erbringen, ist eine
entsprechende Werbung zur Täuschung der Verbraucherinnen und
Verbraucher geeignet und damit irreführend."
Die entscheidenden Fragen liegen hier eher im Tatsächlichen als im Rechtlichen, da es auf die Anforderungen und den Gehalt des wissenschaftlichen Nachweises ankommt.
Das OLG Koblenz hat einem
Warenhaus die Werbung für Fitnesssandalen untersagt, weil werbende Formulierungen wie „kann helfen, Cellulite vorzubeugen“
und „kann helfen, die Muskulatur zu kräftigen“ nicht
wissenschaftlich belegt sind, wie der 9. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Koblenz entschieden hat. Die vorausgegangene
Entscheidung des Landgerichts Mainz hat der Senat damit bestätigt.
Im konkreten Fall hatte das beklagte Warenhaus in einem Prospekt für
Fitnesssandalen geworben. Darin hatte sie u.a. formuliert, die
Sandale „kann helfen, Cellulite vorzubeugen“, „kann helfen, die
Muskulatur zu kräftigen“, „unterstützt eine gute Haltung“ und
die „runde Sohlenform unterstützt die natürliche Rollbewegung
des Fußes“. Zudem wurde in einer Abbildung eine erhöhte
Muskelaktivität der Beine um bis zu 20% im unteren Bereich, bis
zu 13% im mittleren Bereich und bis zu 30% im oberen Bereich
behauptet.
Ein klagender Verein, zu dessen Aufgabe die Wahrung
der Wettbewerbsregeln im Interesse seiner Mitglieder gehört, hat
die Unterlassung dieser Werbung mit der Begründung beantragt,
die werbenden Aussagen seien unrichtig und hat hierzu Bezug auf die aktuelle wissenschaftliche Diskussion in der Orthopädie genommen.
Die Klage hatte bereits vor dem Landgericht Mainz in erster Instanz Erfolg gehabt, nachdem das
Gutachten eines Sachverständigen ergeben hatte, dass die in der
Werbung aufgeführten Effekte wissenschaftlich nicht belegt
seien. Die Beklagte wurde daher vom Landgericht verpflichtet,
die entsprechende Werbung zu zukünftig unterlassen.
Die Berufung des Warenhauses gegen dieses Urteil hat der 9.
Zivilsenat des Oberlandesgerichts nun zurückgewiesen. Der Senat
legte in seiner Entscheidung dar, die Werbung der Beklagten sei
irreführend. Es sei nicht wissenschaftlich erwiesen, dass das
Tragen der Sandalen die behaupteten Effekte zeige. Wer mit
gesundheitlichen Wirkungen von Produkten werbe, müsse besonders
strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und
Klarheit der Aussagen erfüllen. Wenn aber eine
gesundheitsfördernde Wirkung nicht hinreichend wissenschaftlich
belegt werden könne, sei die Werbung zur Täuschung der
Verbraucherinnen und Verbraucher geeignet und damit irreführend.
Aufgrund dieser Irreführung wurde der Beklagten untersagt, mit
diesen Aussagen für die Fitnesssandalen zu werben. Dies bedeutet indessen kein "Vertriebsverbot", da der Vertrieb unter Änderung der Werbung durchaus möglich ist, wenn auch mit einer weniger Erfolg versprechenden Marketingstrategie. Auf derartige Restriktionen muss sich die Werbebranche zunehmen einstellen.
Quelle: Pressestelle des OLG Koblenz
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