BGH - Pressemitteilung Nr. 13/2013
Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 58/11
Streit der Familienunternehmen "Peek & Cloppenburg KG" über bundesweite Werbung
Der I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat in fünf Verfahren über die Frage entschieden, wie eine bundesweite Werbung von Unternehmen mit identischer Unternehmensbezeichnung gestaltet sein muss, um eine hinreichende Abgrenzung zwischen unterschiedlichen, aber gleichnamigen Unternehmen vornehmen zu können. Der Streit zieht sich seit
Jahren, ohne das eine einvernehmliche Lösung möglich war. Die Gründe für die heftigen Auseinandersetzungen hängen eng mit der
Unternehmensgeschichte der beiden konkurrierenden Modeunternehmen zusammen. Das Düsseldorfer Unternehmen ist mit ca. 50 Filialen deutlich größer als die Hamburger Konkurrenz mit ca. 25 Filialen und im Internetvertrieb wesentlich aktiver.
Die seit 1911 praktizierte friedliche Koexistenz endete vor ca. zehn Jahren in einem hart umkämpften Markt. Das Unternehmen in Düsseldorf ist länger am Markt (gegr. 1900) und das Unternehmen in Hamburg beruht auf einer Gestattung innerhalb der Familie aus dem Jahre 1911. Den Markt wollte man sich teilen zwischen Norden, Süden und Westen. Vor etwa zehn Jahren befand das Hamburger Unternehmen erstmals, dass die Abgrenzung der Unternehmen in der Werbung des Unternehmensaus Düsseldorf nicht hinreichend zum Ausdruck kommen würde. Die Folge war eine Kette von Rechtsstreitigkeiten im Werberecht. Das die Abgrenzung besonders deutlich wird, lässt sich bei identischen Logos, ähnlichen Internetadressen und ähnlichen Werbestrategien auch kaum behaupten. Der BGH hat diesen "gordischen Knoten" jetzt weitgehend entwirrt.
Sachverhalt
Die Parteien sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, die seit Jahrzehnten unter der Bezeichnung "Peek & Cloppenburg KG" zahlreiche Bekleidungshäuser im Bundesgebiet betreiben. Die Klägerin hat ihren Sitz in Hamburg und ist im norddeutschen Raum tätig. Die Beklagte, die ihren Sitz in Düsseldorf hat, betreibt Bekleidungshäuser im Westen, Süden und in der Mitte Deutschlands. In den Verfahren hat die Klägerin die Beklagte wegen bundesweiter Werbung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat sich darauf berufen, im norddeutschen Raum werde ihr aufgrund der gleichlautenden Unternehmensbezeichnungen die Werbung der Beklagten zugerechnet.
Das Berufungsgericht hat der Beklagten die beanstandete Werbung verboten. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidungen des Berufungsgerichts (Hanseatisches Oberlandesgericht) in den fünf Verfahren aufgehoben und wendet hier völlig konsequent das Recht der Gleichnamigen an und kommt zu einer pragmatischen Lösung, die sich fast wie ein Vergleich ließt, auf den man schon länger hätte kommen können. Die Entscheidungen sind auch hinsichtlich klarstellender Hinweise in Werbeanzeigen von höchster Relevanz, gerade aufgrund der pragmatischen Lösungsansätze.
Zwischen den Parteien besteht aufgrund der seit Jahrzehnten unbeanstandet nebeneinander benutzten identischen Unternehmensbezeichnungen eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anwendbar sind.
Diese Gleichgewichtslage hat die Beklagte durch die Ausdehnung ihrer Werbemaßnahmen auf den norddeutschen Raum gestört, in dem nur die Klägerin tätig ist. Da die Beklagte an einer Werbung in bundesweit vertriebenen Medien aber ein anzuerkennendes Interesse hat, kann ihr die Werbung nicht generell verboten werden.
Die Beklagte muss vielmehr in der Werbung die Leser der Anzeigen in geeigneter Weise darüber aufklären, dass es zwei Gesellschaften mit der identischen Bezeichnung "Peek & Cloppenburg KG" gibt und von welchem der beiden Unternehmen die Werbung stammt. Dies ist in den beanstandeten Anzeigen auch geschehen.
Anders als das Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof diese Hinweise als ausreichend erachtet. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass unter dem Firmennamen "Peek & Cloppenburg" in etwas kleinerer Schrift der Zusatz "Düsseldorf" und darunter ein dreizeiliger Text steht, der darüber aufklärt, dass es zwei unabhängige Unternehmen "Peek & Cloppenburg" mit Sitzen in Düsseldorf und Hamburg gebe und dass es sich bei dieser Anzeige ausschließlich um eine Information des Düsseldorfer Unternehmens handele.
Der Bundesgerichtshof hat es ausreichen lassen, dass dieser Hinweis dem Unternehmensnamen zugeordnet sei. Keinesfalls müsse der Zusatz in seiner Größe und Gestaltung der Werbebotschaft - etwa den dort abgebildeten Modellen - entsprechen.
Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die bundesweite Werbung der Beklagten und einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot verneint und insoweit die Klagen abgewiesen.
Die Klägerin hatte sich allerdings auch auf eine vertragliche Vereinbarung mit der Beklagten berufen, wonach die Parteien keine Werbung im Tätigkeitsbereich der jeweils anderen Partei betreiben dürfen. Der Bundesgerichtshof hat die Sache insoweit unter Hinweis auf die kartellrechtlichen Grenzen, denen solche Abgrenzungsvereinbarungen unterliegen, an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die hierzu erforderlichen Feststellungen getroffen werden.
LG Hamburg - Urteil vom 9. April 2009 - 327 O 533/08
OLG Hamburg - Urteil vom 17. März 2011 - 3 U 69/09
und
Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 59/11
LG Hamburg - Urteil vom 13. November 2008 - 327 O 265/08
OLG Hamburg - Urteil vom 17. März 2011 - 3 U 255/08
und
Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11
LG Hamburg - Urteil vom 29. Juli 2010 - 327 O 686/09
OLG Hamburg - Urteil vom 17. März 2011 - 3 U 142/10
und
Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 61/11
LG Hamburg - Urteil vom 29. Juli 2010 - 327 O 676/09
OLG Hamburg - Urteil vom 17. März 2011 - 3 U 139/10
und
Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 65/11
LG Hamburg - Urteil vom 29. Juli 2010 - 327 O 569/09
OLG Hamburg - Urteil vom 17. März 2011 - 3 U 140/10
Karlsruhe, den 24. Januar 2013
Siehe auch: Urteil des I. Zivilsenats vom 24.1.2013 - I ZR 65/11 -, Urteil des I. Zivilsenats vom 24.1.2013 - I ZR 60/11 -, Urteil des I. Zivilsenats vom 24.1.2013 - I ZR 58/11 -, Urteil des I. Zivilsenats vom 24.1.2013 - I ZR 61/11 -, Urteil des I. Zivilsenats vom 24.1.2013 - I ZR 59/11 -
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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