Der Streit zwischen der GEMA und Google Inc. wegen ihres Dienstes YOUTUBE schwelt schon seit Jahren und eskaliert immer weiter. Mit zwei Berufungsurteilen in Urheberrechtsverfahren gegen YouTube und Google Inc. hat das Hanseatische Oberlandesgericht am 1. Juli 2015 (Az.: 5 U 87/12 und 5 U 175/10) zwei Entscheidungen gefällt, die in der Sache mit einem gestern vom Landgericht München I gefällten Urteil erster Instanz sachlich übereinstimmen, was nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Gegenstand der Verfahren vor dem 5. Zivilsenat des Hanseatischen
Oberlandesgericht waren zwei urheberrechtliche Verfahren, in denen die Betreiberin des Videoportals „YouTube“
und – in einem der Verfahren – auch deren Muttergesellschaft, die
Google Inc., wegen des Vorwurfs von Urheberrechtsverletzungen in
Anspruch genommen wurden.
Dies geschah vor dem Hintzergrund, dass die GEMA als Verwertungsgesellschaft und Youtube zwar zwischen 2007 und 2009 über einen Berechtigungsvertrag verbunden waren, der aber nicht verlängert wurde, weil die diesbezüglichen Verhandlungen gescheitert waren. Ganz im Gegensatz zu parallelen Verwertungsgesellschaften in Europa, wie der SGAE in Madrid. Mangels Folgevertrag geht die GEMA nach wie vor davon aus, dass die ihr angeschlossenen Urheber für die Nutzung der Contents kollektivrechtlich angemessen entschädigt werden müssen. Stattdessen werden die Contents weiter bei Youtube eingespeist, sind aber üblicherweise ohne weitere Hilfsmittel von Deutschland aus nicht abrufbar.
Gegenstand der Verfahren sind seitens der GEMA ausgewählte Musiktitel, die durch Nutzer von YouTube im Rahmen von Videoclips
hochgeladen und damit öffentlich zugänglich gemacht worden waren, obwohl
sie an den Musiktiteln keine seitens der GEMA eingeräumten Rechte hatten. Daraufhin haben der
Rechteinhaber bzw. die Verwertungsgesellschaft GEMA YouTube bzw. Google
unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.
In dem Verfahren 5 U 87/12 wollte die GEMA gegenüber YouTube u.a. ein
Verbot der öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf zwölf Musiktitel
erreichen, an denen die GEMA die Rechte wahrnimmt. YouTube lehnte eine
Unterlassungsverpflichtung ab, da sie für etwaige
Urheberrechtsverletzungen nicht hafte, weil sie ihre
Videoplattform den Nutzern lediglich zur Verfügung stellt und die
fraglichen Videos weder selbst erstellt noch hochgeladen habe. Zum anderen
habe sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um
Urheberrechtsverletzungen soweit wie rechtlich möglich und zumutbar proaktiv und postaktiv zu unterbinden.
Das Landgericht Hamburg hatte in erster Instanz mit Urteil vom
20.04.2012 u.a. entschieden, dass YouTube zur Unterlassung in Bezug auf
sieben der insgesamt zwölf betroffenen Musiktitel verpflichtet sei. Bei
diesen sieben Titeln habe die Beklagte gegen die Pflicht verstoßen, die
betroffenen Videoclips unverzüglich zu sperren, nachdem sie von der
Klägerin über die Urheberrechtsverletzungen informiert worden war. Es handelt sich dabei um eine postaktive Unterlassungsverpflichtung, die nach der neueren BGH - Rechtsprechung die Kenntnisnahme erfordert. In
Bezug auf die übrigen fünf Titel hatte das Landgericht eine
Pflichtverletzung auf Seiten von YouTube verneint und die Klage
abgewiesen.
Sowohl die GEMA als auch YouTube hatten gegen diese
Entscheidung Berufung eingelegt. Beide Rechtsmittel hat der 5.
Zivilsenat mit dem heute verkündeten Berufungsurteil mit interessanter, aber erwartbarer Begründung zurückgewiesen.
In dem Verfahren 5 U 175/10 geht es u.a. um die Frage, unter
welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß der Betreiber einer
Videoplattform für Urheberrechtsverletzungen durch Videos haftet, die
von Nutzern der Plattform als sog. user-generated-content hochgeladen werden. Die Begründung folgt dem aktuellen System des BGH,, das dogmatisch nicht völlig konsistent ist. was hier aber dahinstehen soll.
Der Kläger in diesem
Verfahren ist als Rechteinhaber in Bezug auf diverse Musikstücke gegen
YouTube und die Google, Inc. als Muttergesellschaft vorgegangen und hat
von beiden u.a. Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung
verlangt.
In beiden Berufungsverfahren hat der Senat in Bezug auf einzelne der
jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube bzw. Google aus
dem Gesichtspunkt der sogenannten Störerhaftung bejaht. Die
Betreiber von Internetangeboten wie YouTube als Hostprovider sind im Ausgangspunkt zwar nicht
verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten
Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf
eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Wird allerdings ein
solcher Dienstanbieter auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss
er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch
Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen
Schutzrechtsverletzungen kommt. Mit anderen Worten: es müssen entsprechende Filtertechnologien eingesetzt werden, die Youtube auch seit Jahren für Deutschland verwendet.
Der Pflichtenkreis des Dienstanbieters bestimmt sich in diesem Rahmen danach, ob und wieweit er zur Sperrung und dann zur
Prüfung und Überwachung der bei ihm hochgeladenen Inhalte verpflichtet
ist. Dies hängt davon ab, was dem Betreiber nach den Umständen des
jeweiligen Falles zuzumuten ist. Der Senat hat eine Verletzung derartiger Pflichten in beiden Verfahren hinsichtlich einzelner Musiktitel
bejaht und YouTube bzw. Google insofern zur Unterlassung verpflichtet
angesehen, dies für andere Musiktitel hingegen verneint. Letztlich würde nur ein neuer Lizenzvertrag zu angemessenen Konditionen die Situation für alle Beteiligten klären.
Beide Urteile sind nicht rechtskräftig. In dem Verfahren 5 U 87/12 hat
der Senat die Revision zugelassen, für die der Bundesgerichtshof
zuständig wäre. In dem Verfahren 5 U 175/10 unterliegt die Entscheidung,
die Revision nicht zuzulassen, der sogenannten
Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Der BGH wird daher in dieser Sache das letzte Wort haben.
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