Die Praxis der Genehmigung von Gewerbeerlaubnissen für den Betrieb der Vermittlung von Sportwetten ist seit Jahren sehr restriktiv und abhängig von der jeweils anwendbaren Fassung des Lotteriestaatsvertrages vom 22.06.2004, der ab 2008 durch den Glückspielstaatsvertrag ersetzt wurde. Bei den betreffenden Rechtsnormen bestanden Bedenken, ob sie gegen europäisches Recht verstießen. Gleichwohl wurden bereits 2006 Verbote gegen bestimmte Gewerbetreibende erlassen, die das Thema der Staatshaftung aufgeworfen haben.
Der unter anderem für Ersatzansprüche gegen die öffentliche Hand zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr - wenig überraschend - die Abweisung der Klagen von zwei Gewerbetreibenden bestätigt, denen in den Jahren 2006 und 2007 auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Lotteriestaatsvertrags die Vermittlung von Sportwetten untersagt worden war.
Die Beklagte in diesem Rechtsstreit waren zwei nordrhein-westfälische Städte, die entsprechende Verbote ausgesprochen hatten, und das Land Nordrhein-Westfalen, dessen Innenministerium nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 mit einem an die Bezirksregierungen gerichteten Erlass vom 31. März 2006 um die konsequente Durchsetzung des seinerzeitigen staatlichen Sportwettenmonopols ersucht hatte.
Die Kläger machten die Ersatzansprüche mit der Begründung geltend, das Monopol in der seinerzeitigen rechtlichen Ausgestaltung habe gegen europäisches Recht verstoßen, so dass die Untersagungsverfügungen rechtswidrig gewesen seien. Dem ist der III. Senat des BGH mit einer interessanten Begründung nicht gefolgt.
Der Senat geht zwar davon aus, dass sich die Verfügungen als rechtswidrig herausgestellt haben, weil das Sportwettenmonopol gegen das Recht der Europäischen Union verstieß. Jedoch war die Rechtslage bis zu den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8. September 2010 unklar. Erst aus diesen Entscheidungen ergab die Unzulässigkeit des deutschen staatlichen Sportwettenmonopols in der damals geltenden Fassung zweifelsfrei. Aufgrund dieser rechtlichen Zweifel in dem fraglichen Zeritraum bis zum Jahre 2010 fiel den entscheidenden Behörden daher weder ein für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch notwendiger qualifizierter Rechtsverstoß noch ein für einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. BGB, Art. 34 Satz 1 GG notwendiges Verschulden zur Last.
Der Senat äußerst sich allerdings für den Zeitraum nach dem Jahr 2010. Auch für die Zeit danach hat der Senat einen Ersatzanspruch verneint, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Kläger die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für ihr Gewerbe erfüllt hätten. Die Genehmigungspraxis nach den beiden Fassungen des Glücksspielstaatsvertrages kann durchaus als sehr restriktiv bezeichnet werden. Dies gilt umso mehr als auch nach den Entscheidungen des EuGH weiterhin zulässig ist, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter einen Erlaubnisvorbehalt zu stellen von dem dert Glücksspielstaatsvertrag auch Gebrauch macht.
Der Senat hat auch einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b des Ordnungsbehördengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen verneint. Diese Vorschrift erfasst nach gefestigter Rechtsprechung nicht Schäden, die durch mit der Verfassung unvereinbare Gesetze und deren Vollzug verursacht werden (legislatives Unrecht). Dies gilt, wie der Senat in seinen heutigen Entscheidungen ausgeführt hat, gleichermaßen, wenn nationale Gesetze (hier die Bestimmungen über das Sportwettenmonopol) gegen Unionsrecht verstoßen. Auch das Unionsrecht fordert keine verschuldensunabhängige Haftung für legislatives Unrecht. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass auch in diesen Fällen eine Haftung nur unter den – hier nicht erfüllten – Voraussetzungen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen EU-Recht geboten ist.
BGH, Urteile vom 16. April 2015 III ZR 204/13
LG Bochum - 5 O 5/11 – Entscheidung vom 9. September 2011
OLG Hamm - I-11 U 88/11 – Entscheidung vom 3. Mai 2013
und, BGH, III ZR 333/13
LG Bochum - 5 O 156/10 – Entscheidung vom 9. September 2011
OLG Hamm - I-11 U 89/11 – Entscheidung vom 14. Juni 2013
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
Mitteilung der Pressestelle Nr. 065/2015 vom 16.04.2015
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