Dienstag, 30. Oktober 2012

BGH: Bericht über Stasi - Vergangenheit im Einzelfall zulässig

Bundesgerichtshof - Pressemitteilung Nr. 182/2012 vom 30.10.2012 
Meldung im "Online-Archiv" über Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung gegen Gazprom-Manager zulässig 

Die "Stasi" treibt weiter ihre Kreise, auch im Medienrecht. Im vorliegenden Falle hatte ein ehemaliger Offizier der DDR - Staatssicherheit - später Direktor bei der Gazprom Germania GmbH - in einem einstweiligen Verfügungsverfahren an Eides Statt versichert, das er  "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen zu sein, was widerlegt werden konnte. 

Das für das einstweilige Verfügungsverfahren zuständige Landgericht leitete die Akte an die Staatsanwaltschaft weiter, die ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung einleitete. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde am 2. Oktober 2008  nach Zahlung eines Geldbetrags gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt, wie dies in vergleichbaren Fällen oftmals der Fall ist. 

 Zwischenzeitlich hatte aber bereits ein Presseorgan -www.welt.de - darüber auch im Internet berichtet und archivierte diese Meldung auf  den für Altmeldungen vorgesehenen Internetseiten, so dass der Artikel vom  6. Mai 2008 auch nach Einstellung des Strafverfahrens weiter abrufbar blieb. Der Kläger wurde in diesem Artikel namentlich bezeichnet, unter Berichterstattung über seine Tätigkeit bei der DDR - Staatssicherheit und mit Hinweis auf das später eingestellte strafrechtliche Ermittlungsverfahren nebst Nachtrag hinsichtlich der Einstellung des diesbezüglichen Verfahrens. 

Der Kläger sah in dem Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und klagte nach vorausgegangener Abmahnung auf Unterlassung. Mit dieser Klage verlangte er von der Beklagten, es zu unterlassen, über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. 

Das Landgericht Hamburg hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht Hamburg das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Revision der Beklagten hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Angesichts der jüngeren Rechtsprechung zur Vorhaltung von Informationen über Strafverfahren von hohem öffentlichen Interesse ist dieses Urteil keineswegs eine Überraschung. 

Wie der BGH ausführt, liegt in dem Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet ein Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig, da das Schutzinteresse des Klägers hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten hat, weil die namentliche Bezeichnung des Klägers in dem streitgegenständlichen Beitrag zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig war. 

In dem Beitrag wird wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat begründeten ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses sind die die Besonderheiten des Streitfalles, insbesondere die nunmehrige Funktion des Klägers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und sie damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet. 

 Das Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf ist auch weder durch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO noch infolge des Abmahnschreibens des Klägers vom 7. Februar 2011 rechtswidrig geworden. Durch die Einstellung des Strafverfahrens hat die Meldung ihre Aktualität nicht verloren. Die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, ist nicht schwerwiegend. Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren. 

Der Senat geht mit guten Gründen im Rahmen der Interessen - und Güterabwägung von eine überragenden Funktion der Medienfreiheit aus, so dass der Eingriff in einem derartigen Fall zu rechtfertigen war. Inzwischen jann für derartige Fälle von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden. 

 Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12 
 Landgericht Hamburg - Urteil vom 12. August 2011 - 324 O 203/11 
 Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Urteil vom 29. November 2011 - 7 U 80/11 
Quelle: Pressestelle des BGH

Unternehmensschädigende Äusserungen und falsche Verdächtigung

Oberlandesgericht Koblenz: Falschangabe eines Gläubigers im Insolvenzverfahren: Bewusst unwahre Behauptung der Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft kann falsche Verdächtigung sein 
Urteil vom 15. Oktober 2012, Az.: 2 Ss 68/12

Das Oberlandesgericht Koblenz hatte in einer Strafsache einen interessanten Sachverhalt zu entscheiden. Es ist nicht selten, dass im Vorfeld von Insolvenzverfahren oder in Insolvenzverfahren Behauptungen aufgestellt werden, die nicht den Tatsachen entsprechen. Selbstredend können derartige unwahre Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich geahndet werden, wenn die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. In diesem Fall ging es aber um eine falsche Verdächtigung nach § 164 II StGB, die auch zu Lasten einer juristischen Person erfolgen kann, etwa einer GmbH. Nach § 164 Abs.2 StGB macht sich strafbar, wer über einen anderen wider besseres Wissen eine Behauptung aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. 

Wie das OLG Koblenz treffend ausführt, kann ein Gläubiger, der gegenüber einem Insolvenzgericht wider besseres Wissen behauptet, sein Schuldner sei zahlungsunfähig, sich wegen falscher Verdächtigung strafbar machen. Denunzierter Betroffener eines Insolvenzverfahrens kann dabei nicht nur eine natürliche Person, sondern auch eine juristische Person (z.B. eine Gesellschaft) sein. 

Im vorliegenden Fall stellte der Angeklagte im Juli 2010 vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach einen Insolvenzantrag gegen eine Gesellschaft und soll nach dem Inhalt eines Strafbefehls dabei wider besseres Wissen behauptet haben, die Gesellschaft könne seiner Firma ein Darlehen nicht zurückzahlen und sei zahlungsunfähig.

Gegen den Angeklagten erging im Juli 2011 ein Strafbefehl, gegen den er Einspruch einlegte. In der Folge hat ihn das Amtsgericht vom Vorwurf der falschen Verdächtigung freigesprochen, die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht als unbegründet verworfen. Das Landgericht lehnte eine Verurteilung des Angeklagten mit der Begründung ab, das Insolvenzverfahren sei nicht als behördliches Verfahren im Sinne der Strafvorschrift des § 164 Abs. 2 StGB anzusehen.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hatte nun einen vorläufigen Erfolg; der Strafsenat hob den Freispruch auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Nach Ansicht des Strafsenats hat der Angeklagte mit seiner schriftlichen Mitteilung, die Gesellschaft könne das Darlehen nicht zurückzahlen und sei damit zahlungsunfähig, bewusst eine falsche Behauptung gegenüber einem Gericht aufgestellt. Diese Behauptung sei geeignet gewesen, ein Insolvenzverfahren gegen die Gesellschaft herbeizuführen. Dieses Insolvenzverfahren stelle auch ein behördliches Verfahren im Sinne des § 164 Abs. 2 StGB dar, da in einem Insolvenzverfahren eine staatliche Stelle dem Bürger als dem davon Betroffenen hoheitlich gegenübertrete. Dem Schuldner oblägen weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, das Insolvenzgericht könne Sicherungs- und Sanktionsmaßnahmen anordnen.

Denunzierter Betroffener eines Insolvenzverfahrens könne dabei auch eine juristische Person sein. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen eine Gesellschaft könne mit erheblichen, wirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen verbunden sein. Potentielle Vertragspartner würden von Geschäften mit der denunzierten Firma abgehalten, was gegebenenfalls zum Ruin des Unternehmens führen könne. Wer solche wirtschaftlichen Folgen wider besseres Wissen in Schädigungsabsicht verfolge, habe sich daher strafrechtlich zu verantworten. 

Unabhängig davon stellt sich zivilrechtlich für den Behauptungen das Problem einer Haftung für etwaig entstehende und bezifferbare Schäden aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, Kreditgefährdung nach § 824 BGB und ggf. weiteren Anspruchsgrundlagen. 

Wie der Senat treffend ausführt, darf eine Verurteilung grundsätzlich nicht auf die Feststellungen in einem freisprechenden Urteil gestützt werden,  so dass es dem Strafsenat verwehrt war, den Angeklagten selbst zu verurteilen, so dass die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden ist. 

Missbräuchliche und unwahre Insolvenzanträge oder entsprechende Behauptungen gegenüber einem Unternehmen, können für den Behauptungen aus straf - und haftungsrechtlichen Gründen sehr gefährlich werden. 

Quelle: Pressestelle des OLG Koblenz

Dienstag, 23. Oktober 2012

BGH: Gerichtsstand bei Überlassung von Ferienhäusern durch Reiseveranstalter an Verbraucher

Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 179/2012 vom 23.10.2012 
Ein Verbraucher kann Ansprüche gegen Reiseveranstalter wegen Mängeln eines Ferienhauses im Ausland vor deutschen Gerichten geltend machen 

Der Gerichtsstand bei immobilienrechtlichen Streitigkeiten im Geltungsbereich der EuGVO richtet nach dem ausschließlichen Gerichtsstand des Art. 22 Nr.1 EuGVO, wenn es sich um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt. Dort werden ausdrücklich auch Mietverträge genannt. Der EuGH geht davon aus, dass diese Vorschrift nicht weiter auszulegen ist als es ihr Ziel unbedingt erforderlich macht. Die herrschende Auffassung ging schon bislang davon aus, die Vermietung von Ferienwohnung aufgrund des Gebots der restriktiven Auslegung zwar grundsätzlich erfasst ist, jedoch dann nicht, wenn ein Vertrag mit einem Reiseveranstalter geschlossen wurde, der als gemischter Vertrag neben der Überlassung der Ferienwohnung weitere Leistungen vorsieht, wie dies bei derartigen Verträgen regelmäßig der Fall ist (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 22, Rn. 24 a.E. m.w.N.). 

In solchen Fällen liegt bei einem Vertragsschluss mit Verbrauchern ein Verbrauchervertrag nach Art. 15 I lit. c EuGVO vor, mit den Folgen aus Art.l 16 EuGVO (EuGH, Urt. v. 26.02.1992, RS 280/90). Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich um Mietverträge mit Unternehmen handelt, wenn der Reiseveranstalter Eigentümer der Mietsache ist oder ihm entsprechende Rechte abgetreten worden sind (Kropholler, Art. 22, Rn. 30). Auch die Vermittlung fällt nicht unter Art. 22 EuGVO. 

Die BGH - Entscheidung ist in Kenntnis der bisherigen Entwicklungen keine Überraschung und es war auch nicht erforderlich, die Rechtssache dem EuGH vorzulegen. Es ist nicht auszuschließen, dass die AGB - Klauselpraxis versuchen wird, diese Entscheidung durch eine geschickte Vertragsgestaltung möglicherweise auszuschalten. 

Pressemitteilung 

Die Kläger, die ihren Wohnsitz in Schwerin haben, buchten im Jahr 2007 bei der Beklagten, einem dänischen Reiseveranstalter, ein Ferienhaus in Belgien, das die Beklagte in ihrem Katalog angeboten hatte. Bei Anreise stellten die Kläger erhebliche Mängel fest, die die Beklagte trotz mehrerer Aufforderungen nicht beseitigte. Daraufhin reisten die Kläger nach entsprechender Ankündigung ab. Sie machen gegen die Beklagte Ansprüche u.a. auf Rückzahlung des Reisepreises und Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend und haben Klage vor dem Amtsgericht Schwerin erhoben. Die Beklagte hat die fehlende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt. 

Da der Rechtsstreit unmittelbar an einen Mietvertrag über eine unbewegliche Sache anknüpfe, sei gemäß Art. 22 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: Verordnung) das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk das Ferienhaus belegen sei, damit das Gericht in Lüttich (Belgien). Die Kläger haben geltend gemacht, gemäß Art. 15 Abs. 1c in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 der Verordnung sei das Amtsgericht Schwerin zuständig, da sie als Verbraucher die Beklagte als Reiseveranstalter in Anspruch nähmen. 

Das Amtsgericht Schwerin hat seine internationale Zuständigkeit bejaht und den Klägern die geltend gemachten Ansprüche zugesprochen. Der Verbraucherschutz-gedanke gebiete die Anwendbarkeit der Art. 15, 16 der Verordnung. Die Berufung der Beklagten ist vom Landgericht Schwerin zurückgewiesen worden, das ebenfalls Art. 22 Nr. 1 der Verordnung nicht für anwendbar gehalten hat. 

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat hat das Berufungsurteil bestätigt und entschieden, dass die deutschen Gerichte für die Klage international zuständig sind: Ein Verbraucher, der von einem gewerblichen Reisever-anstalter ein einem Dritten gehörendes Ferienhaus gemietet hat, kann Ansprüche aus dem Mietverhältnis gegen den Reiseveranstalter bei dem Gericht seines Wohnsitzes geltend machen. 

Die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts des Ortes, an dem sich das Ferienhaus befindet, greift in diesem Fall nicht ein. Diese Vorschrift, die die Parteien zur Klage vor einem Gericht verpflichten kann, das von dem Sitz bzw. Wohnsitz beider Parteien abweicht, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen. Hat ein Reiseveranstalter ein Ferienhaus an einen Verbraucher vermietet und stehen sich damit bei einem Rechtsstreit aus dem Mietverhältnis nicht Mieter und Eigentümer der Immobilie gegenüber, kann der Verbraucher an seinem Wohnsitz gegen den Reiseveranstalter klagen. 

Der Bundesgerichtshof hat ferner seine Rechtsprechung bestätigt, nach der der Verbraucher von dem Reiseveranstalter bei Mängeln seiner Leistung eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in entsprechender Anwendung des § 651f Abs. 2 BGB auch dann verlangen kann, wenn der Reiseveranstalter keine Gesamtheit von Reiseleistungen erbringt, sondern seine vertragliche Leistung wie hier nur in der Überlassung eines Ferienhauses besteht. 

Urteil vom 23. Oktober 2012 – X ZR 157/11 
LG Schwerin – 6 S 69/10 – Urteil vom 16. November 2011 
AG Schwerin – 14 C 636/07 – Urteil vom 4. Juni 2010
Quelle: Pressstelle des BGH

Samstag, 20. Oktober 2012

Der EuGH und das zukünftige Gewinnspielrecht in der EU


EuGH, PRESSEMITTEILUNG Nr. 133/12 v. 18. Oktober 2012
Urteil in der Rechtssache C-428/11: Purely Creative u. a. / Office of Fair Trading


Das Gewinnspielrecht in Europa ist mit einer neuen Entscheidung des EuGH vom 18.12.2012 nach einer Vorlage des englischen Court of Appeal (England & Wales - Civil Division) erneut in Bewegung geraten, wobei es sich lohnt, diese Entscheidung näher zu analysieren, weil sie teilweise erhebliche ungelöste Probleme aufwerfen kann. Der Volltext ist derzeit noch nicht verfügbar. Diese Fragen betreffen weitaus weniger die Beurteilung der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalte, als die Folgen für das Veranstalten von - durchaus seriösen - Online - Gewinnspielen in Europa. Die Entscheidung lässt sich durchaus so verstehen, als würde an die Stelle der Aufhebung des Koppelungsverbots, eine Regulation für Gewinnspielveranstaltungen treten, die jegliche Kostenauferlegung an die Teilnehmer unmittelbar oder mittelbar untersagt. Nachfolgend können nur einige Aspekte angesprochen werden. 

Die im Kern wettbewerbsrechtliche Entscheidung beruht auf der "Directive 2005/29/EC of the European Parliament and of the Council of 11 May 2005 concerning unfair business-to-consumer commercial practices in the internal market (OJ 2005 L 149, p. 22)" wobei der Leitsatz eindeutig auf aggressive Werbepraktiken zielt: "Aggressive Praktiken von Gewerbetreibenden, mit denen dem Verbraucher der 
fälschliche Eindruck vermittelt wird, er habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl er für dessen Entgegennahme bestimmte Kosten übernehmen muss, sind verboten". 

Die Begründung hängt von den Vorlagefragen ab, die sehr weit gestellt sind und keineswegs nur Fragen der aggressiven Geschäftspraktiken betreffen, sondern insbesondere auch in sehr grundsätzlicher Art und Weise das Problem beinhalten, welche Kosten seitens eines Teilnehmers an Gewinnspielen diesem auferlegt werden können. Es liegt auf der Hand, dass eine "Investition" von 490 GBP nicht toleriert werden darf. Es geht aber für die Gewinnspielpraxis weit eher um die Koppelung mit Abonnenments im Mobile - Content - Bereich oder die Teilnahme an Gewinnspielen über die Zusendung einer SMS und vergleichbare Modelle, die sich meist unter 20 Euro anspielen. Diese Fragen sind für die deutsche Rechtslage in der schwierigen Abgrenzung zwischen Glücksspiel und Gewinnspiel keineswegs neu (s. etwa VGH Bayern, Urt. v. 25.08.2011, AZ: 10 BV 10.1176). Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass in naher Zukunft Gewinnspiele wie Glücksspiele behandelt werden, auch wenn dies wenig praktikabel ist. 


Unter Geltung des § 3 Abs.1 S.1 Glücksspielstaatsvertrages wurde mehrfach die Auffassung vertreten, dass jedes Entgelt ein Gewinnspiel zu einem Glücksspiel macht, wenn ein Einsatz erfolgt und eine Mehrfachteilnahme ermöglicht wird (LG Köln, Urt. v. 07.04.2009, AZ: 33 O 45/09 – Tombo24; VG Düsseldorf, Beschl. V. 16.07.2009, AZ: 27 L 415/09; VG München, Urt. v. 03.03.2010, AZ: M 22 09.0793; VG Berlin, Beschl. Vom 14.08.2009; AZ: 4 L 274.09; VGH Bayern, Urt. v. 25.08.2011, AZ: 10 BV 10.1176). Diese Rechtsprechung setzt sich allerdings in Deutschland - das die dichteste Regulation dieser Materie in Europa aufweisen dürfte - in einen gewissen Widerspruch zu § 8 a Rundfunkstaatsvertrag und zum Regelungszweck des Glücksspielstaatsvertrages, der keine ausdrücklichen Regelungen für Gewinnspiele enthält, so dass § 8 a Rundfunkstaatsvertrages insoweit als speziellere Norm anzusehen ist. 



§ 8 a Rundfunkstaatsvertrag regelt, dass  Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele ohne Genehmigung zulässig sind, aber dem Gebot der Transparenz und des Teilnehmerschutzes unterliegen. In diesem Zusammenhang dürfen sie weder irreführen und den Interessen der Teilnehmer nicht schaden. Die Medienaufsicht ist in Deutschland befugt Gewinnspiele auf Verlangen zu prüfen und kann deren weitere Durchführung bei Verstößen gegen die Vorgaben untersagen.

§ 8 a Rundfunkstaatsvertrag stellt insbesondere Anforderungen an die Kosten der Teilnahme, die Teilnahmeberechtigung, die Spielgestaltung sowie über die Auflösung der gestellten Aufgabe, indem die Teilnehmer über diese Bedingungen transparent zu informieren sind und die Belange des Jugendschutzes zu wahren sind. Für die Teilnahme darf nur ein Entgelt bis zu 0,50 Euro verlangt werden, wobei dies durch § 1 Nr.4 der Spielesatzung der Länder näher konkretisiert wird. Verstöße gegen § 8 a Rundfunkstaatsvertrag sind vorliegend nicht ersichtlich. Gemäß § 46 Rundfunkstaatsvertrag haben die Länder Spielesatzungen erlassen, deren Kriterien die Anwendung des § 8 a Rundfunkstaatsvertrag konkretisieren.

Vor diesen Hintergrund stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Entscheidung des EuGH auf die deutsche Rechtslage nehmen wird, die allerdings bereits von strengen Regulationen gekennzeichnet ist. 

Die Pressemitteilung des EuGH teilt ein sehr restriktives Ergebnis mit: 

"Der Gerichtshof wird gefragt, ob solche Praktiken mit dem Unionsrecht vereinbar sind, und insbesondere, ob die Gewerbetreibenden einem Verbraucher, dem mitgeteilt wurde, dass er einen Preis gewonnen habe, Kosten, selbst wenn sie geringfügig sind, auferlegen dürfen. In seinem heute verkündeten Urteil antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht aggressive Praktiken verbietet, mit denen dem Verbraucher der Eindruck vermittelt wird, er habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl er einen Betrag zahlen und Kosten übernehmen muss, um Informationen über die Natur des Preises zu erhalten bzw. um Handlungen für seine Inanspruchnahme vorzunehmen. Solche Praktiken sind selbst dann verboten, wenn die dem Verbraucher auferlegten Kosten im Verhältnis zum Wert des Preises geringfügig sind  (wie zum Beispiel die Kosten einer Briefmarke) oder dem Gewerbetreibenden keinerlei Vorteil bringen. Im Übrigen sind solche aggressiven Praktiken auch dann verboten, wenn dem Verbraucher für die Inanspruchnahme des Preises verschiedene Vorgehensweisen angeboten werden, selbst wenn eine von ihnen gratis ist. Schließlich antwortet der Gerichtshof, dass es Sache der nationalen Gerichte ist, die Informationen, die den Verbrauchern, auf die diese Praktiken abzielen, mitgeteilt werden, unter Berücksichtigung ihrer Klarheit und Verständlichkeit zu beurteilen."

Die Pressemitteilung wirkt ein wenig undifferenziert, weil hier letztlich alle Gewinnspielmodelle nach einem Einheitsmaßstab beurteilt werden, obwohl insoweit eine gewisse Differenzierung zwischen diversen Modellen in diversen Medien erforderlich wäre. Die Unterschiede zwischen Fernsehgewinnspielen, Gewinnspielen unter Nutzung von Mehrwertdiensten, Gewinnspielen in der Presse oder bei Einkaufsveranstaltungen werden undifferenziert nach einem Einheitsmaßstab beurteilt, der durchaus dazu führen kann, dass Gewinnspiele in Zukunft kaum noch veranstaltet werden. In der Tendenz scheint es aber dazu zu führen, dass Gewinnspiele rechtswidrig sind, wenn dem Teilnehmer in Verbindung mit der Teilnahme irgendwelche Kosten auferlegt werden sollen. Die weitere Entwicklung - näheres lässt sich erst nach Veröffentlichung des Volltextes sagen - wird auch aus der Sicht seriöser Anbieter solcher Marketingmodelle genau zu beobachten sein.   








   





BGH: Keine Staatshaftung zugunsten von Sportwettenanbietern wegen Europarechtsverstoß

BGH: Pressemitteilung Nr. 178/2012: Keine Staatshaftungsansprüche für Sportwettenanbieter wegen nicht hinreichend qualifizierten Europarechtsverstoß 

Die Bereiche Sportwetten, Glücksspiele im Internet, Gewinnspiele in Onlinemedien und damit zusammenhängende Entwicklungen sind seit Jahren in Bewegung und sind - jedenfalls in Deutschland - von einer immer dichter werdenden Regulierung gekennzeichnet, die zu harten rechtlichen Auseinandersetzungen führt, da es bei derartigen Investments um sehr viel Geld geht. Wie die Entscheidung treffend herausarbeitet sind erhebliche Teile der Gaming - Industry inzwischen mit Betriebsstätten in Gibraltar ansässig, dass über das United Kingdom (GB) zur EU gehört, aber in einigen Bereichen einen besonderen Status hat, die insbesondere die Gibraltar - Ltd. zu einem interessanten Organisationsmodell aufgrund der dortigen Rechtslage macht. Die Erlaubnis in Gibraltar richtet sich nach dem Gambling Act 2005

Die Wetterlaubnis von Behörden aus Gibraltar wird aber in Deutschland im wesentlichen nicht anerkannt, so auch in Bayern (s. VGH Bayern, Urt. v. 20.09.2011, AZ: 10 BV 10.2449). Allerdings muss man sehen, dass dieses Urteil des BGH die Rechtslage von 2005 zum Gegenstand hat, während das Urteil des VGH Bayern sich bereits auf die Rechtslage nach Änderung des Rechtsrahmens aufgrund der Urteile des EuGH und des BVerfG bezieht. Bei der Beurteilung dieser Sachverhalte muss der jeweils gültige Rechtsrahmen eingehend ermittelt werden. 

Zuvor hatten schon mehrere bayerische Kommunen diese Erlaubnis nicht anerkannt. Nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteilen vom 8. September 2010 das deutsche Sportwettenmonopol für mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV, früher Art. 49 EGV) unvereinbar erklärt hat, fordert die Klägerin nunmehr Schadensersatz für die aufgrund der Untersagungsverfügungen entgangenen Gewinne in den Jahren 2006 und 2007. Der BGH ist auf die interessanten Fragen der Anerkennungsfähigkeiten europäischer Lizenzen nicht eingegangen (die der VGH Bayern klar abgelehnt hat), sondern lässt den Staatshaftungsanspruch an einem formalen Kriterium scheitern, weil der Europarechtsverstoß nicht hinreichend qualifiziert war, so dass die bayerischen Kommunen zum fraglichen Zeitpunkt von einer Rechtswidrigkeit ausgehen durften. 


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Der unter anderem für die Staatshaftung zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute die Abweisung von zwei Schadensersatzklagen einer Sportwettenanbieterin gegen zwei bayerische Städte und den Freistaat Bayern bestätigt. 

Die Klägerin verfügte über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten, die sie in Bayern auch über Wettbüros vertrieb, welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. 

Die beklagten Städte untersagten im Jahr 2005 unter Bezugnahme auf den bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Staatsvertrag zum Lotteriewesen einem Geschäftsbesorger die Vermittlung von Sportwetten, weil er nicht die erforderliche staatliche Erlaubnis besaß. Ferner ordneten sie die sofortige Vollziehung ihrer Verfügungen an. Die hiergegen gerichteten Widersprüche und bei den Verwaltungsgerichten angebrachte Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg. 

Nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteilen vom 8. September 2010 das deutsche Sportwettenmonopol für mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV, früher Art. 49 EGV) unvereinbar erklärt hat, fordert die Klägerin nunmehr Schadensersatz für die aufgrund der Untersagungsverfügungen entgangenen Gewinne in den Jahren 2006 und 2007. 

Die Vorinstanzen haben einen unionsrechtlichen Schadensersatzanspruch verneint. Dies hat der III. Zivilsenat bestätigt. Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass die betreffende öffentliche Körperschaft in "hinreichend qualifizierter" Weise gegen Unionsrecht verstoßen hat. Hierfür sind unter anderem entscheidend das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie die Fragen, ob der Verstoß vorsätzlich begangen wurde und ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist. Dass die Behörden und die Gerichte in Bayern aufgrund des in dem seinerzeit gültigen Staatsvertrag geregelten Sportwettenmonopols die Tätigkeit des Geschäftsbesorgers der Klägerin unterbanden und der bayerische Gesetzgeber das Monopol aufrecht erhielt, stellte hiernach keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht dar. 

Aufgrund der bis zum Jahr 2005 ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Sportwettenmonopolen in anderen Mitgliedstaaten war noch nicht hinreichend klar, dass die Ausgestaltung des Monopols in Deutschland europarechtswidrig war. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 entschieden, die in den deutschen Ländern geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol seien verfassungswidrig, da sie in sich nicht stimmig seien. Zugleich hat es ausgeführt, die insoweit bestehenden Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu denen, die das europäische Gemeinschaftsrecht an derartige Monopole stelle. Gleichwohl durften die bayerischen Behörden und Gerichte sowie der Landtag auch nach dieser Entscheidung davon ausgehen, dass der Vertrieb von Sportwetten durch andere Anbieter als die Monopolgesellschaften auch nach dem europäischen Recht weiter unterbunden werden durfte. 

Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2007 für die Fortgeltung der Monopolvorschriften zugestanden. In dieser Zeit durften die Regelungen jedoch nur unter bestimmten Maßgaben, die den vom Gericht beanstandeten Unstimmigkeiten entgegenwirkten, angewandt werden. Die Behörden, Gerichte und Gesetzgeber durften deshalb davon ausgehen, dass bei Einhaltung dieser Maßgaben schon vor der gesetzlichen Neuregelung der Sportwetten ein verfassungs- und aufgrund der Parallelität der Anforderungen auch ein unionrechtskonformer Zustand hergestellt wurde. Dass in Bayern die Maßgaben eingehalten wurden, ist den Behörden in einer Vielzahl von, zum Teil auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligten, Verwaltungsgerichtsentscheidungen bestätigt worden. 

Urteile vom 18. Oktober 2012 III ZR 196/11 
LG Landshut - 54 O 30/10 – Entscheidung vom 30. November 2010 
OLG München - 1 U 392/11 – Entscheidung vom 15. Juli 2011 und III ZR 197/11 
LG Passau - Az. 1 O 1118/09 vom 04.11.2010; 
OLG München - Az. 1 U 5279/10 vom 15.07.2011; 
Karlsruhe, den 18. Oktober 2012 
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

BGH: § 439 BGB gilt nicht bei B2B

BGH, Pressemitteilung Nr. 175/2012 - Richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB (Aus- und Einbaukosten bei Ersatzlieferung): Keine Anwendung im Bereich des B2B 

Die Entscheidung ist für die AGB Klauselpraxis im B2B - Bereich von erheblicher Bedeutung. Die zugrundeliegende EuGH - Entscheidung prägt zudem die Klauselpraxis in der EU. Gemäß § 475 Abs.1 BGB   (entsprechend Art. 7 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) darf von § 439 BGB (entsprechend Art. 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) zuungunsten von Verbrauchern nicht abgewichen werden. Es war in Streit, ob diese Regelung auch im Bereich des B2B - ggf. über die Inhaltskontrolle des § 307 BGB - anwendbar sein sollte. Gegenüber Verbrauchern ist diese Vorschrift nach dem Urteil des EuGH weit auszulegen und umfasst auch die Ein- und Ausbaukosten. Der BGH macht deutlich, dass dies für den b2B - Bereich nicht und gilt und öffnet daher der Klauselpraxis weiter den Weg, die Übernahme solcher Kosten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Kaufverträgen grundsätzlich im Bereich B2B auf den Käufer abzuwälzen.  

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Juni 2011 (C-65/09, C-87/09 – Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer; Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH) gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ("Lieferung einer mangelfreien Sache") auf den Verbrauchsgüterkaufvertrag (b2c) beschränkt ist und nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern (b2b) oder zwischen Verbrauchern (c2c) gilt. 

Die im Sportplatzbau tätige Klägerin kaufte bei der Beklagten EPDM-Granulat eines polnischen Produzenten zur Herstellung von Kunstrasenplätzen in zwei Gemeinden. Nach dem Einbau durch die Klägerin stellte sich heraus, dass das von der Beklagten gelieferte Granulat mangelhaft war. Die Beklagte lieferte kostenlos Ersatzgranulat, lehnte es aber ab, das mangelhafte Granulat auszubauen und das Ersatzgranulat einzubauen. Daraufhin ließ die Klägerin diese Arbeiten durch ein anderes Unternehmen durchführen. 

Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Zahlung der ihr für den Aus- und Einbau entstandenen Kosten begehrt. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. 

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs über den Umfang der Nacherfüllung beim Verbrauchsgüterkauf im Falle einer Ersatzlieferung keine Auswirkungen auf den hier vorliegenden Kaufvertrag zwischen Unternehmern hat. 

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat der Verbraucher bei einer Ersatzlieferung gegenüber dem Unternehmen Anspruch darauf, dass der Unternehmer die mangelhafte Sache, die vom Verbraucher vor Auftreten des Mangels bestimmungsgemäß eingebaut worden war, ausbaut und die als Ersatz gelieferte Sache einbaut oder die hierfür anfallenden Kosten trägt. Dies gilt, wie der VIII. Zivilsenat ausgeführt hat, nur für den zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossenen Kaufvertrag (b2c; dazu BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 70/08). Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern (b2b) oder zwischen Verbrauchern (c2c) wird dagegen der Ausbau der mangelhaften Sache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) nicht erfasst. 

Urteil vom 17. Oktober 2012 – VIII ZR 226/11 
OLG Stuttgart - Urteil vom 8. Juni 2011 – 4 U 34/11 
LG Stuttgart - Urteil vom 2. Februar 2011 – 20 O 280/10 
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 70/08 
(veröffentlicht unter anderem in NJW 2012, 1073) 
EuGH - Urteil vom 16. Juni 2011 - Rs. C-65/09 und C-87/09 – Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer und Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH 
(veröffentlicht unter anderem in NJW 2011, 2269) 
Karlsruhe, den 17. Oktober 2012
Quelle: Pressestelle des BGH