Dienstag, 7. August 2012

BGH zu überraschenden Entgeltklauseln bei Verträgen über Branchenverzeichnisse im Internet

Der Bundesgerichtshof hat eine interessante Entscheidung zu der Frage getroffen, unter welchen Voraussetzungen Entgeltklauseln in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter haben und daher nicht Vertragsbestandteil werden. 

Diese sehr zu begrüßenden Entscheidungen sollten aber über zweierlei nicht hinwegtäuschen. Zum einen sind nur bestimmte Gestaltungen betroffen, so dass sich die Erwägungen nicht ohne weiteres generalisieren lassen. Zum anderen werden die betreffenden Klauselanbieter - so sie nicht ohnehin in den "Offshore - Bereich" (mit interessanten Rechtswahlklauseln in den Vertragstexten) ausweichen - ihre Fantasie dahin gehend spielen lassen, neue Gestaltungen zu entwerfen, um Betroffenen weiterhin überwiegend völlig sinnlose Dienstleistungen anzubieten, denen eine wirkliche Gegenleistung oftmals nicht entgegensteht. Immerhin ist diese Entscheidung ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. 

Sachverhalt: 

Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…" bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten "X" hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: "Rücksendung umgehend erbeten" und (unterstrichen) "zentrales Fax". Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin. Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift "Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)". In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: "…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr…." Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. 

Entscheidungsgründe: 

Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß §  305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. 

Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden. 


Urteil vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11
AG Recklinghausen - Urteil vom 24. Mai 2011 - 13 C 91/11
LG Bochum - Urteil vom 15. November 2011 - 11 S 100/11
Karlsruhe, den 26. Juli 2012
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

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