Wie aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 010/2018 vom 17.01.2018 folgt, hat der Bundesgerichtshof dazu Stellung genommen, wann die Änderung des Inhaltes einer Pauschalreise nicht mehr zumutbar ist und zur Erstattung des Reisepreises nach Änderung der Reiseleistung durch den Reiseveranstalter führt.
Das Urteil vom 16. Januar 2018 – X ZR 44/17 hat folgenden Sachverhalt:
Die Kläger verlangen von dem beklagten Reiseveranstalter Erstattung des Reisepreises nach erklärtem Rücktritt.
Die Kläger buchten bei der Beklagten für den Zeitraum vom 30. August bis 13. September 2015 eine China-Rundreise.
Nach dem Reiseverlauf waren für die dreitägige Dauer des Aufenthalts in Peking verschiedene Besichtigungen vorgesehen. Eine Woche vor der geplanten Abreise teilte die Beklagte den Klägern per Email mit, dass aufgrund einer Militärparade im September 2015 die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten.
Die Kläger erklärten daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag und forderten die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 3.298 €, den Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Verurteilung zur Erstattung des Reisepreises bestätigt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der BGH hat die Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf im Wesentlichen bestätigt. Die Revision der Beklagten ist nach dem Urteil des für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenats unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht ein Rücktrittsrecht der Kläger bejaht.
Ein Reisender kann nach § 651a Abs. 5 Satz 2 BGB bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5 % oder bei einer – im Streitfall zu bejahenden – erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten.
§ 651 a Abs.5 BGB lässt eine Änderung des Reiseinhaltes nur in engen Grenzen zu. Zunächst ist erforderlichl, dass die AGB einen entsprechenden Vorbehalt enthalten, was standardmäßig der Fall ist. Diese Klauseln sind aber an § 308 Nr.4 BGB im Rahmen der Inhaltskontrolle zu messen. Zulässig sind nur zumutbare Reiseänderungen (s. nur LG Koblenz, RRA 2003, 260). Die Änderung muss nach § 121 BGB unverzüglich nach Kenntnis erfolgen. Der Reisende muss seine Rechte aber ebenfalls unverzüglich ab Änderung dieser Erklärung geltend machen, § 651 a Abs.5 S.4 BGB.
Infolgedessen ist abgesehen von geringfügigen und vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen eine nachträgliche Leistungsänderung daher nur dann zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, was vorliegend der Fall war.
Der BGH hat diese Klausel aber an § 308 Nr. 4 BGB scheitern lassen und für unwirksam erklärt, so dass dieses Urteil für die AGB -Klauselpraxis bedeutsam ist. Die Änderungsklausel in den allgemeinen Reisebedingungen des beklagten Reiseveranstalters hat der BGH für unwirksam erklärt.
Zumutbar sind nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und für den Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Außerdem dürfen sie den Charakter der Reise nicht verändern. Beide Schranken kommen in der Klausel nicht zum Ausdruck, die den Ersatz nicht mehr möglicher Reiseleistungen durch vergleichbare andere zulassen (wahrscheinlich in Anlehnung an AG Ffm RRA 2001, 310).
Der BGH sah jedenfalls unter Berücksichtigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für Leistungsänderungen im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung für die es an einer rechtlichen Grundlage fehlt. Mangels vertraglicher Grundlage stellt sie sich zugleich als Mangel der Reise dar. Die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist schon dann als erheblich anzusehen, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt. Damit wird das Kriterium der Zumutbarkeit in § 651 a Abs.5 BGB deutlich präzisiert.
Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Mutmaßlich war dieser Besuch sogar ein entscheidender Grund für die Buchung des Reise. Durch den Wegfall dieser Programmpunkte und ihren Ersatz durch den Besuch eines wenn auch bekannten Tempels wurde die Grenze der Zumutbarkeit mehr als nur geringfügig beeinträchtigt. Das Urteil klärt einen wichtigen Aspekt der Anwendung des § 651 a Abs.5 S.2 BGB.
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf – Urteil vom 17. August 2016 – 22 C 89/16
LG Düsseldorf – Urteil vom 21. April 2017 – 22 S 254/16
Quelle: Pressemitteilung des BGH
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