Das Amtsgericht München hat in einer Strafsache, die das Internet - Glückspielrecht betrifft, eine interessante Entscheidung gefällt, die im Bereich des Glücksspielsrecht lebhafte Diskussionen auslösen wird.
Im Kern ist das Amtsgericht München der folgenden Rechtsauffassung, wie der Pressemitteilung des AG München entnommen werden kann: "Wer über einen Internetanbieter, der in Deutschland keine Zulassung hat, Black Jack spielt, macht sich strafbar".
Gemäß § 285 StGB macht sich strafbar, wer sich an einem öffentlichen Glückspiel (§ 284 StGB) beteiligt, wobei sich allerdings Probleme hinsichtlich der internationalen Anwendung des deutschen Strafrechts nach § 9 StGB ergeben können. Etwa OLG Hamburg, MMR 2000, 92 und MMR 2002, 471, lassen es insoweitr hinreichen, wenn die Teilnahmemöglichkeit im Inland gegeben ist, was letztlich bei jeder Internetnutzung der Fall wäre. Von Bedeutung ist, dass es sich hier um ein sog. "Gibraltar - Modell" handelt, das grundsätzlich europäischem Recht unterliegt, soweit nicht Sonderregelungen des Rechts von Gibraltar vorrangig anwendbar sind (https://www.gibraltar.gov.gi/home/6124).
Im seitens des AG München entschiedenen Falles hatte ein 25-jähriger Malermeister aus München über einen Internetanbieter das Glücksspiel "Black Jack" gespielt und zwar mit einigem Erfolg. Der Anbieter gehört zu einer Holding mit Sitz in Gibraltar und verfügt in Deutschland über keine Erlaubnis zur Veranstaltung von Glückspielen. Es wird nicht recht klar, ob der Anbieter über eine Zulassung in Gibraltar nach den dortigen Zulassungsregelungen verfügte.
In den Allgemeinen Nutzungsbedingungen des Anbieters, die man vor der Zulassung zum Spiel akzeptieren muss, wurde jedenfalls darauf hingewiesen, dass Internet-Glückspiele in einigen Ländern verboten sind und der Spieler prüfen muss, welche Gesetze für ihn gelten. Die Klausel ist üblich, ob sie hinreichend ist, kann hier offen bleiben.
Der Malermeister aus München nahm über das Internet an dem Black Jack Glücksspiel teil. Es wurden ihm durch den Finanzdienstleister des Internetanbieters in der Zeit vom 13.7.11 bis 26.8.11 insgesamt 201.500 Euro auf sein Privatkonto überwiesen.
Der Malermeister hat von seinem Privatkonto an den Finanzdienstleister in der Zeit vom 1.3.11 bis 31.10.11 65.030 Euro bezahlt und von seinem Geschäftskonto in der Zeit vom 1.3.11 bis 31.12.11 nochmals 55.900 Euro.
Wann und wie oft er an dem Spielbetrieb in Gibraltar teilnahm, konnte nicht ermittelt werden.
Der Malermeister verteidigte sich vor Gericht, er sei davon ausgegangen, dass das Glückspiel im Internet erlaubt sei, da vielfach unter anderem durch Boris Becker, den FC Bayern und andere Prominente Reklame hierfür in großem Umfang betrieben werde, ohne dass gegen die Werbung seitens der Aufsichtsbehörde vorgegangen worden wäre. Die Verteidigung basierte auch darauf, dass das Glückspielverbot im Internet gegen höherrangiges Recht verstoßen würde.
Der Malermeister wurde seitens des Amtsgericht München in erster Instanz wegen der Beteiligung am unerlaubten Glückspiel zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro verurteilt. Viel schwerwiegender dürfte für den Verurteilten indessen sein, dass das Amtsgericht München die Einziehung von 63.490 Euro, die bei ihm sichergestellt wurden, nach § 74 StGB angeordnet hat. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass § 285 StGB die Einziehung nicht ausdrücklich vorschreibt, so dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach § 74 b StGB zu berücksichtigen ist. Damit wird eine neue staatliche Einnahmequelle generiert.
Der zuständige Richter führt in seinem Urteil aus, dass es sich bei Black Jack um ein Glückspiel handelt, für das der Veranstalter eine behördliche Erlaubnis in Deutschland benötigt. Ob eine Erlaubnis in Gibraltar für Online - Poker hinreichen kann, wird scheinbar nicht näher erörtert. Insofern spielen auch die europarechtlichen Grundfreiheiten eine Rolle. Das Glückspiel im Internet wird einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht und ist damit öffentlich. Der Anbieter besaß nicht die erforderliche behördliche deutsche Genehmigung.
Der Malermeister handelte nach Überzeugung des Gerichts mit bedingtem Vorsatz, da er die entsprechenden Hinweise in den Nutzungsbedingungen des Anbieters lesen musste. Er hätte entsprechende Erkundigungen einziehen müssen, ob das Glücksspiel für ihn erlaubt ist. Diese Erkundigungen hätten durchaus zu einer kritischen Einschätzung führen können (Streinz/Liesching/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, StGB § 284, Rn. 65 m.w.N.). Die Rechtslage ist nach wie vor umstritten.
Das AG München führt indessen aus, es sei gerichtsbekannt, dass allein unter der Überschrift Glückspiel im Internet unter der Suchmaschine Google sich die ersten vier Beiträge mit der Strafbarkeit von Glückspielen im Internet beschäftigen, wobei jedenfalls erwähnt wird, dass zumindest unter förmlicher Betrachtung die Teilnahme an Internet-Casinos mit Glückspielen strafbar ist. Ob solche Fundstellen eine verlässliche rechtliche Einschätzung darstellen, sei dahin gestellt und kann mit guten Gründen bezweifelt werden.
Jedenfalls gipfelt die Begründung des Urteils in der Kernaussage, dass, "wenn der Malermeister in den Nutzungsbedingungen auf eine mögliche Strafbarkeit hingewiesen werde, diese Strafbarkeit durch einfachste Recherche im Internet deutlich vor Augen geführt wird und er unter Ignorierung dieser Umstände dennoch am Glückspiel teilnimmt, zeige dies seine Einstellung, dass ihm die mögliche Strafbarkeit egal ist und er dies bewusst beiseite schiebt, da ihm die Teilnahme am Glücksspiel wichtiger erscheine". Des Weiteren wird das Urteil auf folgende Erwägungen gestützt:
"Das Gericht führt weiter aus, dass sich der Malermeister nicht darauf berufen kann, dass Prominente Werbung für Glücksspiel im Internet betrieben. Dabei habe es sich ausschließlich um Sportwetten gehandelt. Auch dem juristischen Laien sei der Unterschied zwischen einer Sportwette und einem Glückspiel wie Black Jack bekannt.
Das Gericht stellt fest, dass das Internet-Glückspiel-Verbot in Deutschland nicht gegen europäisches Recht verstößt. Der Europäische Gerichtshof habe entschieden, dass die staatlichen Stellen in dem besonderen Bereich von Glückspielen über ein ausreichendes Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen verfügen, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben und dass es Sache eines jeden Mitgliedsstaates ist, zu beurteilen, ob es erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass Beschränkungen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Das Amtsgericht München stellt fest, dass das Glückspiel im Internet eine erhebliche Gefahr für den einzelnen Spieler darstellt. Die Landesgesetzgeber haben in § 4 des Glückspielländerstaatsvertrages ihr Ermessen ausgeübt und eine Beschränkung der Wetttätigkeit bei Glückspielen begründet".
Man darfr gespannt sein, ob sich diese Begründung nach Einlegung eines etwaigen Rechtsmittels als haltbar erweisen wird, wobei der Ansatzpunkt maßgeblich bei der internationalen Anwendbarkeit deutschen Strafrechts liegt.
Urteil des Amtsgerichts München vom 26.9.14,
AZ: 1115 Cs 254 Js 176411/13
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des Amtsgerichtes München
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