Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Oktober 2014 – X ZR 79/13
Miles & More ist ein Vielfliegerprogramm der Lufthansa,das mit einer Kreditkarte verbunden ist. In den aktuellen AGB ist hinsichtlich der Übertragbarkeit der Prämien folgendes geregelt:
"2.1.3 Übertragbarkeit der Meilen und Handel mit Meilen
Die Meilen und das Meilenkonto sind nicht auf Dritte übertragbar. Der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die sonstige Weitergabe von Meilen an Dritte sind untersagt.
Ebenso untersagt sind die Vermittlung des An- oder Verkaufs von Meilen und der Ankauf von Meilen von Teilnehmern oder Dritten sowie die unberechtigte Inanspruchnahme von Meilen.
Abweichende Regelungen werden ausdrücklich in den Miles & More Kommunikationsmedien bekannt gegeben".
Über diese Teilnahmebedingungen hatte inzwischen der BGH zu entschieden. Nach diesen AGB sind der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die sonstige Weitergabe von Prämiendokumenten wie Prämientickets an Dritte grundsätzlich untersagt. Die Teilnahmebedingungen sehen - wie oben gezeigt - vielmehr vor, dass Prämiendokumente ausschließlich an Personen verschenkt werden können, denen der Teilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist.
Ein Teilnehmer wollte dies nicht akzeptieren, dem die Lufthansa im Juni 2010 den höchsten Vielfliegerstatus ihres Programms zuerkannt hatte (HON Circle Member). Der Teilnehmer buchte im Januar 2011 unter Einlösung von Meilen seines Meilenkontos ein Prämienticket für Flüge von Frankfurt nach Los Angeles und von New York nach Frankfurt auf den Namen eines Dritten, was gegen diese Bestimmungen verstößt. Die Beklagte kündigte daraufhin den Teilnahmevertrag fristlos aus wichtigem Grund und entzog dem Kläger den Vielfliegerstatus, weil er von ihm gebuchte Prämientickets an eine mit ihm nicht durch eine persönliche Beziehung verbundene Person verkauft habe. Vom Wortlaut der AGB ist dieses Vorgehen gedeckt.
Der Teilnehmer erhob Feststellungsklage mit dem Antrag feststellen zu lassen, dass seine Mitgliedschaft im Vielflieger- und Prämienprogramm der Beklagten nicht beendet worden sei und sein Status als HON Circle Member unverändert fortbestehe. Darüber hinaus auf die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz des ihm wegen der Kündigung seiner Mitgliedschaft entstandenen Schadens verpflichtet sei. Des Weiteren begehrte er die Feststellung, - anders als dies in den Teilnahmebedingungen vorgesehen ist - berechtigt zu sein, Meilen und Prämiendokumente ohne Beschränkungen an Dritte zu übertragen und erworbene Meilen ohne zeitliche Beschränkung bei der Beklagten einzulösen. Das letztgenannte Ziel lässt sich nur über eine Inhaltskontrolle der AGB erreichen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage überwiegend stattgegeben und diese lediglich hinsichtlich der begehrten Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und der zeitlich unbegrenzten Einlösbarkeit von Meilen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Regelungen zur Unübertragbarkeit der Meilen und zum Verbot der Weitergabe von Prämiendokumenten stellten eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB dar; die auf einen Verstoß gegen das Weitergabeverbot gestützte außerordentliche Kündigung sei danach unwirksam.
Der Bundesgerichtshof hingegen hat das Urteil des Berufungsgerichts auf die Revision der Beklagten hin aufgehoben, soweit zu deren Nachteil erkannt worden ist, und die Revision des Klägers in vollem Umfang zurückgewiesen.
Der BGH führt zur Begründung folgendes aus:
"Bei dem von der Beklagten angebotenen "Miles & More"-Programm handelt es sich um ein Kundenbindungsprogramm, für das es kein gesetzlich geregeltes Leitbild gibt. Als Anbieterin eines solchen Programms kann die Beklagte daher Art und Umfang der Leistung, die sie ihren Kunden für ihre Treue versprechen will, in eigener Verantwortung bestimmen. Sie konnte damit als Hauptleistung festlegen, dass Flugprämien, die der Teilnehmer nicht selbst nutzen will oder kann, nur schenkweise und nur Personen überlassen werden dürfen, denen der Programmteilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist.
Das in den Teilnahmebedingungen normierte Verbot der Veräußerung von Prämiendokumenten an Dritte knüpft hieran an und umschreibt die von der Beklagten versprochene Leistung weiter. Es stellt damit keine der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegende Einschränkung oder Modifizierung dieser Leistung dar. Die Beklagte hat daher die Mitgliedschaft des Klägers in ihrem Vielfliegerprogramm wegen Verstoßes gegen das Verbot der Weitergabe von Prämiendokumenten an Dritte wirksam gekündigt und konnte ihm auch den Vielfliegerstatus mit sofortiger Wirkung entziehen. Die weiteren Anträge des Klägers sind angesichts der Beendigung seiner Mitgliedschaft aufgrund der Kündigung ebenfalls nicht begründet".
Die Entscheidung hat eine weitreichende Wirkung für Kundenbindungssysteme. Zum einen wird das Leistungsprogramm als Hauptleistung hinsichtlich der Prämiengestaltung der AGB - Inhaltskontrolle entzogen, so dass den Anbietern solcher Kundenbindungsysteme jetzt ein weitreichender Gestaltungsspielraum für den Bereich der Hauptleistung zur Verfügung steht. Zum anderen steht damit fest, dass diese Kundenbindungssysteme Beschränkungen hinsichtlich der Einbeziehung Dritter wirksam treffen können, so dass eine Limitierung der Übertragbarkeit auf nahestehende Personen zulässig ist. Für die Erstellung von AGB im Bereich von Kundenbindungssystemen ist dieses Urteil von erheblicher Bedeutung.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – X ZR 79/13
Vorinstanzen:
LG Köln – Urteil vom 23. Februar 2012 – 14 O 245/11
OLG Köln – Urteil vom 12. Juni 2013 – 5 U 46/12
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 154/2014 vom 29.10.2014
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