Das Europäische Parlament nahm am 13.3.2012 den Entwurf einer europäischen Erbrechtsverordnung an, die das Internationale Erbrecht in Europa vereinheitlicht und damit nationale und regionale Differenzen einebnet, die für sich betrachtet, je nach anwendbarer Rechtsordnung durchaus Sinn hatten. Die Einforderung regionaler Differenz gegen ein Einheitsdenken, dass unweigerlich in einen europäischen Einheitsstaat einmünden soll, macht vor dem Hintergrund einer Tendenz europäischer "Gleichmacherei" in bester Absicht - je nachdem - durchaus Sinn. Allerdings hat diese Rechtsvereinheitlichung einen gewissen Charme, der zu einer Internationalisierung der Beratungspraxis zwingt. Jedenfalls tritt diese Verordnung nach Zustimmung des Rates ohne Umsetzungsakt der Mitgliedstaaten als national unmittelbar geltendes Recht in Kraft, voraussichtlich zur Jahresmitte. Rechtsanwender und Betroffene müssen sich darauf einstellen, denn es ergeben sich erhebliche Veränderungen aus deutscher Perspektive.
In grenzüberschreitenden Erbfällen war oftmals problematisch, nach welchem Recht sich die Erbfolge richtete, auch wenn die Praxis mit den bisherigen Regelungen recht gut klargekommen ist. Die Neuregelung schafft einen Einheitsmodus an den sich insbesondere deutsche Juristen gewöhnen werden müssen, weil die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit einer Anknüpfung an das Domicile weicht, wie sie insbesondere aus dem englischen Recht vertraut ist.
Maßgeblich ist nunmehr nicht mehr - wie bislang im deutschen IPR - die Staatsangehörigkeit, sondern der letzte Wohnsitz des Erblassers - bestimmt nach Domicile - Kriterien - entscheidet darüber, welches Recht zur Anwendung gelangt.
Dies kann durchaus zu einem unerwünschten Statutenwechsel führen, dem testamentarisch begegnet werden kann, da eine Rechtswahl weiter zulässig ist, wobei die Einzelheiten noch erheblichen Diskussionsbedarf auslösen werden.
Verstirbt ein deutscher Erblasser etwa in Spanien würde dies bei gesetzlicher Erbfolge in Erfüllung der Kriterien der EU - Verordnung nicht mehr zur Anwendung deutschen Rechts führen, sondern zur Anwendung des spanischen Erbrechts, dass in vielen Bereichen - Stichwort: Noterbenrecht als Beispiel - ganz anders strukturiert ist (mit vielen Ähnlichkeiten zu Frankreich und Italien).
Diese Neuregelung wird die Beratungspraxis im Erbrecht europäischer machen, indem eine zweite Rechtsordnung bei Auslandsaufenthalten über eine längere Dauer hinweg nunmehr konsequent in die Überlegungen einbezogen werden müssen, gerade im Auswanderungsland Deutschland.
Die europäische Erbrechtspraxis wird mit diesen Änderungen klarkommen.
Neu geschaffen wird jetzt das europäische Nachlasszeugnis: es stellt eine Art internationalen Erbschein mit Geltung für die gesamte EU dar.
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