Nr. 165/2011 vom 19.10.2011
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Der klagende Fotograf hatte sich die Sache sicher einfacher vorgestellt, zumal Profi - Fotografen es hinsichtlich der Realisierung ihrer Lizenzansprüche es oftmals sehr schwer haben. Vermutlich waren die wirklichen Rechtsverletzter (das geht aus der Pressemitteilung nicht hervor; ohnehin ist der Volltext wegen der Details abzuwarten) nicht ermittelbar und es ließen sich über die Suchfunktion via Bildersuche bei google aber Rechtsverletzungen mangels Lizenzerteilung ermitteln. Nichts liegt da auf den ersten Blick näher als sich an den wirtschaftlich gut situierten Suchmaschinenbetreiber zu wenden, der aber bereits in der Entscheidung des BGH zu "Vorschaulbilder I" nicht in eine Haftungssituation geraten ist, weil das Einstellen eines urheberrechtlich geschützten Bildwerkes in das Internet dann eine schlüssie Einwilligung des Urhebers in eine Widergabe von Vorschaubildern entfällt, wenn keine technischen Vorkehrungen getroffen werden, dies technisch zu verhindern. Damit verlagerte der BGH die Verantwortung aufgrund der bestehenden technischen Möglichkeiten auf den Urheber oder Rechteverwerter, zumal der Suchmaschinenbetreiber keine Möglichkeit hat, die Rechtmäßigkeit proaktiv und letztlich auch nicht postaktiv zu prüfen. Nunmehr wird diese Haftungsfreistellung auch auf das Einstellen von urheberrechtlich geschützten Werken durch Dritte erstreckt, weil der Suchmaschinenbetreiber die Rechtslage nicht zumutbar prüfen kann. Letztlich wird hier aber die schlüssige Einwilligung des nicht berechtigten Dritten auf den Urheber erstreckt, der diese Einwilligung nicht erteilt hat. Dennoch ist der Suchmaschinenbetreiber auch in solchen Situationen als Mitstörer schützenswert, weil eine solche Prüflast wegen Unzumutbarkeit die Grenzen der Verhältnismäßigkeit weit überschreitet. Die Entscheidung ist wenig überraschend. Sie ist sachgerecht, auch wenn damit dem Urheber das Risiko des Vorgehens gegen einen unter Umständen nicht namensmäßig ermittelbaren Störer auferlegt wird. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Ermittlungsbemühen gegen Störer verstärkt werden und Suchmaschinenbetreiber von einer Haftung richtigerweise freigestellt werden.
Die Pressemitteilung des BGH im Wortlaut:
Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut entschieden, dass Google nicht wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, wenn urheberrechtlich geschützte Werke in Vorschaubildern ihrer Suchmaschine wiedergegeben werden.
Die von Google betriebene Internetsuchmaschine verfügt über eine textgesteuerte Bildsuchfunktion, mit der man durch Eingabe von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen kann, die Dritte im Zusammenhang mit dem Suchwort ins Internet eingestellt haben. Die von der Suchmaschine aufgefundenen Bilder werden in einer Ergebnisliste in verkleinerter Form als Vorschaubilder ("thumbnails") gezeigt. Die Vorschaubilder enthalten einen elektronischen Verweis (Link), über den man zu der Internetseite mit der wiedergegebenen Abbildung gelangen kann.
Der Kläger ist Fotograf. Im Dezember 2006 und März 2007 wurden auf Suchanfragen die Abbildungen eines vom Kläger angefertigten Lichtbildes der Fernsehmoderatorin Collien Fernandes als Vorschaubilder angezeigt. Als Fundort der Abbildungen wurden zwei näher bezeichnete Internetseiten angegeben.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe den Betreibern dieser Internetseiten keine Nutzungsrechte an der Fotografie eingeräumt. Er hat die Beklagte wegen Urheberrechtsverletzung unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Urheber, der eine Abbildung eines urheberechtlich geschützten Werkes ins Internet einstellt, ohne technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen dieser Abbildung durch Suchmaschinen zu treffen, durch schlüssiges Verhalten seine Einwilligung in eine Wiedergabe von Vorschaubildern der Abbildung erklärt und der darin liegende Eingriff in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Werkes (§ 19a UrhG) daher nicht rechtswidrig ist (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 - Vorschaubilder I).
In der heute verkündeten Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof klar, dass eine solche, die Rechtswidrigkeit des Eingriffs ins Urheberrecht ausschließende Einwilligung auch dann vorliegt, wenn eine Abbildung eines Werkes von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers ohne Schutzvorkehrungen ins Internet eingestellt worden ist. Der Kläger hatte im Streitfall zwar geltend gemacht, er habe den Betreibern der Internetseiten, auf denen die Vorschaubilder der Fotografie eingestellt waren, keine Nutzungsrechte eingeräumt. Darauf kommt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch nicht an. Der Kläger hatte nämlich Dritten das Recht eingeräumt, das Lichtbild im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Die von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers durch Einstellen von Abbildungen des Werkes ins Internet wirksam erklärte Einwilligung in die Anzeige in Vorschaubildern ist - so der Bundesgerichtshof - nicht auf die Anzeige von Abbildungen des Werkes beschränkt, die mit Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind. Es ist allgemein bekannt, dass Suchmaschinen, die das Internet in einem automatisierten Verfahren nach Bildern durchsuchen, nicht danach unterscheiden können, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet eingestellt worden ist. Deshalb kann und darf der Betreiber einer Suchmaschine eine solche Einwilligung dahin verstehen, dass sie sich auch auf die Anzeige von solchen Abbildungen in Vorschaubildern erstreckt, die ohne Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind. Dem Urheber ist es allerdings unbenommen, diejenigen wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch zu nehmen, die diese Abbildungen unberechtigt ins Internet gestellt haben.
Urteil vom 19. Oktober 2011 - I ZR 140/10 - Vorschaubilder II
LG Hamburg - Urteil vom 26. September 2008 - 308 O 248/07
OLG Hamburg - Urteil vom 23. Juni 2010 - 5 U 220/08
Karlsruhe, den 19. Oktober 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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