Freitag, 14. Dezember 2012

BGH: Werbung und Keyword - Advertising

Bundesgerichtshof - Pressemitteilung Nr. 211/2012 

Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 217/10 – MOST-Pralinen 
Bundesgerichtshof präzisiert Rechtsprechung zum Keyword-Advertising 


Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Nutzung des Keyword-Advertising im Internet - Marketing präzisiert und für die Internetwerbung gleichzeitig Spielräume eröffnet. Vereinfacht dargestellt, handelt es sich um eine bestimmte Internet-Werbeform bei der die Werbemittel - meist getrennt von anderen Inhalten - auf den jeweiligen Webseiten angezeigt werden und zwar abhängig von den individuellen Schlüsselwörtern (Keywords), mit denen sich die jeweils genutzte Suchfunktion steuern lässt und die "Cost-per-Click" abgerechnet werden. 

Es handelt sich dabei um die zentrale Einnahmequelle von Google, so dass die markenrechtliche Bewertung dieser Werbeform indirekt auch deren Geschäftsmodell betrifft (aber auch das von Yahoo, Bing und anderen). Die Risiken der Mitstörerhaftung minimieren sich allerdings dadurch, dass der Nutzer über Onlineverwaltungstool die Anzeige selbst schaltet und dabei auch die Keywords ohne Kontrolle durch die Plattform selbst festlegt. Eine Haftung der Suchmaschienenbetreiber hatte der EuGH bereits überzeugend für ganz EU - Europa verneint (EuGH,Urteil vom 23.03.2010), Rechtssachen C-236/08 bis C 238/08). Diese Werbemethode ist weltweit verbreitet und birgt je nach nationaler Rechtsprechung unterschiedliche, markenrechtliche Risiken. 

Die neue Debatte dürfte auch hinsichtlich der Anforderungen an die Gestaltung eine gewisse Ruhe in die seit Jahren hart geführten markenrechtlichen Auseinandersetztungen bringen, wenn sich die Beteiligten an die Vorgaben halten, da sich die Fälle meist insofern ähneln als ein Inhaber einer registrierten Marke für deren Schutzland einem Werbetreibenden verbieten will bei dieser Werbemethode seine Marke in irgendeiner Form zu nutzen. Die Auffassungen schwankten insoweit zwischen einem sehr weitreichenden Schutz - gar keine Nutzung - und beschränkten Verwendungsmöglichkeiten zugunsten der Werbevermarktung. Der BGH vertritt insoweit seit längerem eine vermittelnde Auffassung, die er nunmehr präzisiert hat. Im Kern geht es im Rahmen der Verwechselungsgefahr darum, ob durch derartige Werbungen die Herkunftsfunktion der Marke verletzt wird. 

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr seine Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 125/07, GRUR 2011, 828 - Bananabay II; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 46/08, MMR 2011, 608) bestätigt, nach der beim "Keyword-Advertising" eine Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn die Werbung - wie im Streitfall - in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. 

Dies bedeutet indessen, dass bei anderen Gestaltungsformen durchaus die Möglichkeit einer Verletzung der Marke unter Ausnutzung ihrer Herkunftsfunktion bestehen kann. Dies gilt um so mehr, wenn diese Methode im Anwendungsbereich von Rechtsordnungen geschieht, deren Gerichte eher zu einem weiten Schutzverständnis der Herkunftsfunktion der Marke tendieren. 



Sachverhalt: 

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Lizenz an der unter anderem für Pralinen und Schokolade eingetragenen deutschen Marke "MOST". Sie betreibt unter der Internetadresse "www.most-shop.com" einen "MOST-Shop", über den sie hochwertige Konfiserie- und Schokoladenprodukte vertreibt. Die Beklagte unterhält unter den Internetadressen "www.feinkost-geschenke.de" und "www.selection-exquisit.de" einen Onlineshop für Geschenke, Pralinen und Schokolade. Sie schaltete im Januar 2007 bei der Suchmaschine Google eine Adwords-Anzeige für ihren Internetshop. Als Schlüsselwort ("Keyword"), dessen Eingabe in die Suchmaske das Erscheinen der Anzeige auslösen sollte, hatte die Beklagte den Begriff "Pralinen" mit der Option "weitgehend passende Keywords" gewählt. 

In der Liste der "weitgehend passenden Keywords" stand auch das Schlüsselwort "most pralinen". Gab ein Nutzer den Suchbegriff "MOST Pralinen" ein, erschien rechts neben den Suchergebnissen (auf vier Zeilen verteilt) folgende Anzeige der Beklagten: "Pralinen/Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente/Genießen und schenken!/www.feinkost-geschenke.de." Über den in der Anzeige angegebenen Link "www.feinkost-geschenke.de" gelangte der Suchmaschinennutzer auf die Homepage der Beklagten unter der Internetadresse "www.selection-exquisit.de". In dem Onlineshop der Beklagten wurden keine Produkte mit dem Zeichen "MOST" vertrieben. 

 Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die Schaltung der Anzeige das Recht an der Marke "MOST" verletzt. Sie hat die Beklagte unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. 

Rechtliche Beurteilung des BGH:

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 125/07, GRUR 2011, 828 - Bananabay II; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 46/08, MMR 2011, 608) bestätigt, nach der beim "Keyword-Advertising" eine Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn die Werbung - wie im Streitfall - in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. 

Der BGH hat klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn die Anzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber hinweist und dass allein der Umstand, dass in der Anzeige Produkte der unter der Marke angebotenen Art mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden (im Streitfall "Pralinen" usw.), nicht zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke führt. 

Diese Beurteilung steht - so der BGH - in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (zuletzt EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, GRUR 2011, 1124 - Interflora/M&S Interflora Inc.). 

Danach ist es Sache des nationalen Gerichts, die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion anhand der vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung aller Faktoren, die es für relevant erachtet, zu prüfen. 

Der BGH hat deshalb auch im Blick auf die Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (GRUR Int. 2011, 173, 175 - BergSpechte II) und der französischen Cour de cassation (GRUR Int. 2011, 625 - CNRRH), die bei der Beurteilung von Adwords-Anzeigen unter Berücksichtigung der von ihnen als relevant erachteten Faktoren zu anderen Ergebnissen gelangt sind, keine Vorlage an den EuGH für geboten erachtet. 

Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 217/10 – MOST-Pralinen 
LG Braunschweig - Urteil vom 27. August 2008 - 9 O 1263/07 
OLG Braunschweig - Urteil vom 24. November 2010 - 2 U 113/08, GRUR-RR 2011, 91 
Karlsruhe, den 14. Dezember 2012 

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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