Das Europäische Gericht erster Instanz hat in der Rechtssache T-1/17 La Mafia Franchises S.L./ EUIPO - Italie (La Mafia SE SIENTA A LA MESA) ein interessantes Urteil zum Markenrecht gefällt.
Das EuG urteilte, dass die Marke „La Mafia se sienta a la mesa“ nach Art. 52 Abs.1 lit a) i.V.m. Art. 7 Abs.1 lit f) UMV (siehe hier näher, Kur/ v. Bomhard/Albrecht, Markenrecht. Kommentar, München, 2017, Art. 7 UMV, Rdnrn. 125 ff) gegen die öffentliche Ordnung verstößt.
Die Bezeichnung "La Mafia se sienta en la mesa" ("Die Mafia setzt sich zu Tisch") ist die Firma einer spanischen Restaurantkette mit vornehmlich italienischer Küche und einem Franchisekonzept mit Sitz in der schönen Stadt Zaragoza in Aragon/Spanien, die auch die Domain www.lamafia.es betreibt. Die Kette betreibt in Spanien ca. 40 Restaurants. Die Bezeichnung ist augenscheinlich ein Scherz oder eine Satire, aber im Rahmen des Art. 7 lit f) UMV kommt es auf Scherze oder Satire nicht an.
Den Firmennamen hat das Unternehmen La Mafia Franchises S.L. versucht bei der EUIPO in Alicante als Bildmarke anzumelden. Ein erster Versuch scheiterte im Jahr 2005 durch Zurückweisung. Im Jahr 2006 stellte die spanische Gesellschaft La Honorable Hermandad (deren Rechtsnachfolgerin La Mafia Franchises ist) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) einen Antrag auf Eintragung der folgenden Unionsmarke, u. a. für Verpflegungsdienstleistungen. Der zweite Versuch führte im Jahr am 25.12.2008 zunächst zur Registrierung u.a. für Verpflegungsdienstleistungen, sozusagen ein Weihnachtsgeschenk auf Widerruf.
Am 18.01.2013 stellte eine Kanzlei Madrid einen ersten Löschungsantrag, der wie sich später herausstellte im Auftrag der Republik Italien gestellt worden war. Im Jahr 2015 stellte die Republik Italien beim EUIPO einen weiteren Antrag auf Nichtigerklärung dieser Marke, den es damit begründete, dass sie gegen die öffentliche Ordnung und gegen die guten Sitten verstoße.
Am 27.10.2016 erging eine Decision of the First Board of Appeal der EUIPO, die dem Antrag statt gab. Dagegen richtete sich die Klage des Applicants zum Europäischen Gericht erster Instanz.
Das EUIPO war der Aufassung, dass die Marke „La Mafia se sienta a la mesa“ die unter dem Namen „Mafia“ bekannte kriminelle Organisation offenkundig fördere und dass die Wortbestandteile dieser Marke insgesamt eine Botschaft von Geselligkeit zum Ausdruck brächten und den Wortbestandteil „Mafia“ verharmlosten, womit sie dem hiervon vermittelten Ernst nicht gerecht würden.
La Mafia Franchises klagte gegen diese Entscheidung vor dem Gericht der Europäischen Union. Das EuG hat diese Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist für die - insbesondere schon bei einem Markenbranding - wichtige Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Registrierung von Marken von deutlichem Interesse und letztlich bereits bei der Festlegung von Firmenbezeichnungen.
Das Gericht betont, dass der Wortbestandteil „La Mafia“ in der Marke der spanischen Gesellschaft dominierend ist und weltweit als Hinweis auf eine kriminelle Organisation verstanden wird (die sich eigentlich "Unione Siciliano" oder "Cosa Nostra" nennt, s. nur John Dickie; Cosa Nostra. Die Geschichte der Mafia, S. 86 ff), die zur Ausführung ihrer Tätigkeiten u. a. auf Einschüchterung, auf körperliche Gewalt und auf Mord zurückgreift, wobei zu diesen Tätigkeiten u. a. der illegale Drogenhandel, der illegale Waffenhandel, die Geldwäsche und die Korruption gehören.
Nach völlig nachvollziehbarer Auffassung des Gerichts verstoßen derartige kriminelle Tätigkeiten gegen die Grundrechte der Union, insbesondere gegen die Werte der Achtung der Menschenwürde und der Freiheit, die unteilbar sind und die das geistig-religiöse und sittliche Erbe der Union bilden. Zudem stellen die kriminellen Tätigkeiten der Mafia angesichts ihrer grenzüberschreitenden Dimension eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit im gesamten Unionsgebiet dar, da derartige Organisationen europa- und weltweit illegal tätig sind.
Der Wortbestandteil „La Mafia“ wird in Italien als äußerst negativ wahrgenommen, da diese kriminelle Organisation die Sicherheit dieses Mitgliedstaats schwerwiegend beeinträchtigt, andernfalls hätte Italien den Antrag nicht gestellt. Das Gericht bestätigt somit, dass der Wortbestandteil „La Mafia“ die Verkehrskreise offenkundig an den Namen einer kriminellen Organisation denken lässt, die für besonders schwerwiegende Verstöße gegen die öffentliche Ordnung verantwortlich ist.
Das Gericht stellt weiter fest, dass der Umstand, dass La Mafia Franchises mit der Anmeldung der Marke „La Mafia se sienta a la mesa“ darauf abgezielt haben will, die Kino-Saga „Der Pate“ in Erinnerung zu rufen, nicht aber Anstoß zu erregen oder zu beleidigen, keinen Einfluss auf die negative Wahrnehmung dieser Marke durch die Verkehrskreise hat. Auch sind die von der Marke der spanischen Gesellschaft erworbene Bekanntheit und das thematisch angelegte Konzept der Restaurants, die bzw. das mit den Filmen der Saga „Der Pate“ in Zusammenhang steht, für die Beurteilung, ob die angegriffene Marke gegen die öffentliche Ordnung verstößt, unerheblich. Zudem ist die Tatsache, dass es zahlreiche Bücher und Filme gibt, die sich auf die Mafia beziehen, in keiner Weise geeignet, die Wahrnehmung der von dieser Organisation begangenen Straftaten zu verändern.
Schließlich pflichtet das Gericht der Würdigung des EUIPO und Italiens bei, wonach die Verknüpfung des Wortbestandteils „La Mafia“ mit dem Satz „se sienta a la mesa“ (was im Spanischen „setzt sich zu Tisch“ bedeutet) einerseits und mit einer roten Rose andererseits geeignet ist, ein insgesamt positives Bild der Tätigkeiten der Mafia zu vermitteln und die kriminellen Tätigkeiten dieser Organisation zu verharmlosen.
Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Marke „La Mafia se sienta a la mesa“ auf eine kriminelle Organisation verweist, ein insgesamt positives Abbild dieser Organisation gibt und die schwerwiegenden Verstöße dieser Organisation gegen die Grundwerte der Union verharmlost.
Das Gericht ist infolgedessen der Auffassung, dass diese Marke geeignet ist, nicht nur bei den Opfern dieser kriminellen Organisation und ihren Familien, sondern bei jeder Person im Unionsgebiet, die mit dieser Marke konfrontiert wird und über eine durchschnittliche Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle verfügt, Anstoß zu erregen oder diese zu beleidigen. Sie wurde deshalb für nichtig erklärt.
Gegen dieses Urteil kann binnen zwei Monaten nach Zustellung noch ein Rechtsmittel zum EuGH eingelegt werden. Die Löschung der Marke kann erst nach Rechtskraft vollzogen werden und zwar dann binnen zehn Tagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der EuGH dies anders sieht, dürfte eher gering sein.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH