Der Bundesgerichtshof hat nunmehr zur Problematik der Facebook-Funktion "Freunde finden" mit Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14 - Freunde finden ein Grundsatzurteil gefällt, dass inhaltlich nicht überraschend ist. Es bezieht sich allerdings auf Facebook - Funktionen aus dem Jahr 2010, die inzwischen abgeändert wurden.
Der I. Zivilsenat hat erwartungsgemäß entschieden, dass die mithilfe der Funktion "Freunde finden" des Internet-Dienstes "Facebook" versendeten Einladungs-E-Mails an Personen, die nicht als "Facebook"-Mitglieder registriert sind, eine wettbewerbsrechtlich unzulässige belästigende Werbung darstellen. Der BGH bewegt sich damit auf der Linie seiner Rechtsprechung aus den letzten Jahren zur wettbewerbsrechtlich zur rechtswidrigen E-Mail-Werbung.
Der I. Zivilsenat hat darüber hinaus entschieden, dass "Facebook" im Rahmen des im November 2010 zur Verfügung gestellten Registrierungsvorgangs für die Funktion "Freunde finden" den Nutzer über Art und Umfang der Nutzung von ihm importierter Kontaktdaten irregeführt hat, was auch datenschutzrechtlich schwerwiegend ist.
Kläger in diesem Rechtsstreit ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in Deutschland. In Europa ist Facebook zwar in Irland ansässig, aber die Dienste werden augenscheinlich von Servern aus den USA betrieben. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Gestaltung der von ihr bereit gestellten Funktion "Freunde finden", mit der der Nutzer veranlasst wird, seine E-Mail-Adressdateien in den Datenbestand von "Facebook" zu importieren, und wegen der Versendung von Einladungs-E-Mails an bisher nicht als Nutzer der Plattform registrierte Personen auf Unterlassung in Anspruch. Der BGH hat das Bestehen dieses Unterlassungsanspruches bejaht. Der Pressemitteilung lässt sich indirekt entnehmen, dass der BGH an der Anwendung deutschen Rechts keinen Zweifel hatte.
In dem Versand von Einladungs-E-Mails an nicht als Nutzer der Plattform registrierte Personen sieht der Kläger eine den Empfänger belästigende Werbung der Beklagten im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG. Der Kläger macht weiter geltend, die Beklagte täusche die Nutzer im Rahmen ihres Registrierungsvorgangs in unzulässiger Weise darüber, in welchem Umfang vom Nutzer importierte E-Mail-Adressdateien von "Facebook" genutzt würden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen und in der Sache selbst entschieden, da es vorliegend nur um die Klärung von Rechtsfragen ging.
Nach der Auffassung des BGH stellen Einladungs-E-Mails von "Facebook" an Empfänger, die in den Erhalt der E-Mails nicht ausdrücklich eingewilligt haben, eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.
Die Einladungs-E-Mails sind Werbung der Beklagten, auch wenn ihre Versendung durch den sich bei "Facebook" registrierenden Nutzer ausgelöst wird, weil es sich um eine von der Beklagten zur Verfügung gestellte Funktion handelt, mit der Dritte auf das Angebot von "Facebook" aufmerksam gemacht werden sollen. Die Einladungs-E-Mails werden vom Empfänger nicht als private Mitteilung des "Facebook"-Nutzers, sondern als Werbung der Beklagten verstanden. In diesem Zusammenhang vertieft der BGH das "Opt-In-Modell".
Durch die Angaben, die die Beklagte im November 2010 bei der Registrierung für die Facebook-Funktion "Freunde finden" gemacht hat, hat die Beklagte sich registrierende Nutzer entgegen § 5 UWG über Art und Umfang der Nutzung der E-Mail-Kontaktdaten getäuscht. Der im ersten Schritt des Registrierungsvorgangs eingeblendete Hinweis "Sind deine Freunde schon bei Facebook?" klärt nicht darüber auf, dass die vom Nutzer importierten E-Mail-Kontaktdaten ausgewertet werden und eine Versendung der Einladungs-E-Mails auch an Personen erfolgt, die noch nicht bei "Facebook" registriert sind. Der BGH rügt in diesem Zusammenhang sowohl die fehlende Belehrung über den Umfang der Datenerhebung als auch die Art und Weise der Verarbeitung der gespeicherten Daten.
In diesem Zusammenhang führt der BGH aus, dass die unter dem elektronischen Verweis "Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert" hinterlegten weitergehenden Informationen die Irreführung nicht ausräumen können, weil ihre Kenntnisnahme durch den Nutzer nicht sichergestellt ist. Mit Fug und Recht kann bezweifelt werden, dass das Passwort nicht auf den Servern von Facebook gespeichert wird. Es wird allenfalls nicht ausgelesen, obwohl diese Möglichkeit technisch besteht.
Das wenig überraschende Urteil vertieft die bisherige Rechtsprechung zur Versendung wettbewerbswidriger Werbemails auf die Nutzung entsprechender Techniken im Rahmen von Social - Networks. Im einzelnen wird sich das Urteil erst nach einer Analyse des Volltextes wirklich beurteilen lassen, auch für mögliche Folgeabschätzungen für zukünftige Werbemodelle unter Nutzung von E-Mail.
Vorinstanzen:
KG Berlin - Urteil vom 24. Januar 2014 - 24 U 42/12
LG Berlin - Urteil vom 6. März 2012 - 16 O 551/10
Quelle: Karlsruhe, 14. Januar 2016 - Mitteilung der Pressestelle Nr. 007/2016 vom 14.01.2016
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