In dem Rechtsstreit BGH, Urteil vom 15.01.2015, AZ: I ZR 88/14 hatte der BGH über den Provisionsanspruch eines Immobilienmaklers bei grenzüberschreitender Tätigkeit zu befinden, hier hinsichtlich einer Tätigkeit im Bereich Niederlande - Deutschland. Die Entscheidung ist aber auch für andere grenzüberschreitende Tätigkeiten mit deutschem Bezug sehr interessant, weil sich das betreffende Szenario jederzeit in anderen Konstellationen in dieser Form realisieren könnte.
Es ging vorliegend um die Frage nach der internationalen örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach der Rechtslage in den Jahren 2009 - 2011. Einschlägig für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, die prozessstrategisch von erheblicher Bedeutung sein kann, war die EuGVVO (Brüssel I -VO) in der Fassung der VO (EG) Nr.44/2001, die 2012 Änderungen erfahren hat (Brüssel Ia-VO). Es ist nicht ganz unbekannt, dass Maklerunternehmen mitunter deutliche Schwierigkeiten haben, auch berechtigte Provisionsansprüche zu realisieren. Darüber war vorliegend angesichts einer unzulässigen Klage aber nicht mehr zu befinden.
Vorliegend hatte eine in Kleve ansässige
Immobilienmaklerin eine Zahlungsklage erhoben. Das Maklerunternehmen unterhielt einen deutschsprachigen Internetauftritt. In der Fassung der Internsetseite im Jahr 2011 enthielten ihre Internetseiten unter Einschluss des dort vorgehaltenen Kontaktformulars auch eine niederländische Flagge. Unter dieser Flagge fand sich ein Hinweis mit dem Titel "Informationen auch auf Niederländisch!". Da der Auftrag im Jahr 2009 erteilt worden war und die Beklagte eine solche Gestaltung für das Jahr 2009 bestritten hatte, eine Kopie der Internetseite für 2009 aber auch nicht mehr existierte, konnte in dem Rechtsstreit nicht geklärt werden, ob der
Internetauftritt der Klägerin auch im Jahr 2009 auf diese Art und Weise gestaltet worden war.
Die Beklagten sind Niederländer und hatten Interesse ein auf dieser Internetseite beworbenes Grundstück im Kreis Kleve zu erwerben. Die Parteien schlossen einen provisionspflichtigen Maklervertrag. Durch Vermittlung der Klägerin kam Ende 2009 ein notariell beurkundeter Kaufvertrag
über ein Grundstück in Kranenburg im Kreis Kleve zustande. Allerdings wurde der Vertrag später rückabgewickelt. Grds. lässt die Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrecht den Provisionsanspruch nach deutscher Rechtslage nicht entfallen (BGH, NJW 2009, 2810). Der Maklervertrag unterlag - soweit ersichtlich - deutschem Recht.
Die Klägerin beanspruchte von den Beklagten als Gesamtschuldner insbesondere die
Zahlung einer Maklerprovision in der Höhe von ca. 10.370 €. Das Landgericht Kleve gab der Klage
statt, während das Oberlandesgericht in Düsseldorf die Berufung zurückgewiesen hatte. Die hiergegen gerichtete
Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos. Die Begründung ist überaus interessant und für die Praxis sehr lehrreich.
Im Gegenssatz zum Landgericht hatte das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der
deutschen Gerichte nach Art 5. lit.1 EuGVVO verneint. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung
der internationalen Zuständigkeit nach der BrüsselIVO war allerdings nach der überzeugenden Auffassung des OLG nicht der Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahre 2011. Das Gericht stellte völlig nachvollziehbar auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2009 ab.
Der BGH verneint für den vorliegenden Fall eine Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Nr. 1 Brüssel-I VO. Die Voraussetzungen des Art. 5 Nr.1 EUGVVO sind hier zwar grds. erfüllt, da für eine Klage auf Zahlung einer Maklerprovision eine
internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gem. Art. 5 Nr. 1
Brüssel-I-VO unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes besteht, sofern der Makler seine Leistungen in Deutschland erbracht hat, was vorliegend auch der Fall war. Der Kaufvertrag war überdies vor einem deutschen Notar beurkundet worden. Für den Kaufvertrag (Hauptvertrag) galt deutsches Recht.
Allerdings ist Anwendung
des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO bei Anwendung eines spezielleren Gerichtsstandes ausgeschlossen. Ein solcher Gerichtsstand folgt für Verbrauchersachen aus Art. 15 Abs. 1c EuGVVO. Danach besteht aufgrund von Art. 16 Abs. 2 EuGVVO eine ausschließliche
Zuständigkeit der niederländischen Gerichte, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen war. Das Bestehen des Provisionsanspruches war infolgdessen nicht zu prüfen.
Im vorliegenden Fall war die Verbrauchereigenschaft der Beklagten unstreitig. Das Berufungsgericht hat auch im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin ihre gewerbliche Tätigkeit bereits bei Abschluss des Maklervertrages mit den Beklagten im Jahr 2009 auf die Niederlande ausgerichtet hatte.
Dieser Entscheidung liegt eine interessante Beweislastverteilung zugrunde, die zur darauf beruht, dass vorliegend der Kunde des Maklers behauptet hat, dass der Maklervertrag eine
Verbrauchersache i.S.d. Art. 15 Abs. 1c Brüssel-I-VO darstellt. Infolgedessen kommt eine
ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzlandes des Verbrauchers nach
Art. 16 Abs. 2 EuGVVO in Betracht. Ist dies der Fall, ist der Verbraucher dafür darlegungs-
und beweispflichtig, dass der Makler in seinem Internetangebot bei Abschluss des Maklervertrags
seine Tätigkeit zumindest auch auf Verbraucher in dessen Wohnsitzland gerichtet hat. Den diesbezüglichen Tatsachenvortrag konnte der Kläger nicht erfolgreich bestreiten, da Beweise hierfür nicht mehr vorhanden waren. Der stellt hier hohe Anforderungen an ein solches Bestreiten, um einen effektiven Verbraucherschutz zu gewährleisten. Infolgedessen hat die Klägerin der ihr nach § 138 Abs.3 ZPO obliegenden Erklärungslast nicht genügt, womit das Klägervorbringen als zugestanden anzusehen war.
Die Entscheidung zeigt, dass mit der örtlichen Zuständigkeit sehr vorsichtig umgegangen werden muss, gerade im Bereich des internationalen Privatrechts und bei Anwendung deutschen Rechts auch mit Blick auf die teilweise recht kurzen Verjährungsfristen, etwa im Vergleich mit den Niederlanden.
BGH · Urteil vom 15. Januar 2015 · Az. I ZR 88/14
LG Kleve, Entscheidung vom 17.02.2012 - 3 O 130/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.03.2014 - I-7 U 104/12 -
LG Kleve, Entscheidung vom 17.02.2012 - 3 O 130/11 -
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen