Montag, 20. Juni 2022

Sanktionslistenprüfung - Was ist das?

Die Compliance bei der Sanktionslistenprüfung ist sehr komplex. Diese Prüfpflichten bestehen seit einigen Jahren, sind auch strafbewehrt, werden aber erst ca. drei Jahren massiv sanktioniert. Hier bestehen erhebliche strafrechtliche Risiken bei Nichtbeachtung der Sanktionenprüfpflichten. Durch die Russland-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine - Krieg haben sich die Prüfpflichten im Sinne eines "Know your Costumer" noch weiter verschärft. 

Die Lieferantenerklärung ist längst hinzugetreten:


Eine Sanktionsliste ist ein offizielles Verzeichnis, in dem Personen, Gruppen, Organisationen oder Wirtschaftsgüter (Waren) aufgeführt sind, gegen bzw. für die wirtschaftliche und/oder rechtliche Einschränkungen ausgesprochen wurden. Während die personen-/organisationsbezogenen Sanktionslisten der weltweiten Terrorismusbekämpfung und der Unterstützung von Embargos dienen, werden die güterbezogenen Sanktionslisten aus politischen und/oder wirtschaftlichen Gründen (z. B. Einfuhrzölle auf bestimmte in einer Sanktionsliste aufgeführte Produkte) erlassen.

Im Gegensatz zu Embargos, welche sich immer gegen ein Land richten, sind die personen-/organisationsbezogenen Sanktionslisten länderunabhängig (beispielsweise finden sich solche Namenslisten im Verhältnis zu Libyen, mit dem ein Zahlungsverkehr aus der EU praktisch nicht besteht). Die Reichweite ist umstritten: Für europäische Gesellschaften bleibt die Verarbeitung aber auf die EU-Terrorlisten beschränkt; ein Screening mit US-Terrorlisten ist möglicherweise datenschutzrechtlich unzulässig (nicht sicher, es gibt dazu kaum Rechtsprechung).
Grundlage der verschiedenen Sanktionslisten ist zumeist die UN-Sanktionsliste. Darüber hinaus ergänzen einzelne Länder die Liste um weitere Einträge:

- United Nations (Consolidated Sanctions List)
- Europäische Union (Consolidated list of sanctions)
- Deutschland (Finanz Sanktionsliste)
- Großbritannien und Nordirland (HM Treasury)
- Schweiz (SECO)
- USA (Checkliste, Specially Designated Nationals, Debarred Parties for
Arms Exports)
- USA (Unverified List)
- Weltbank (Ineligible Firms & Individuals)

Nicht alle Listen sind öffentlich zugänglich und können daher in einer Software auch nicht inkorporiert werden. Der Zoll hat hierzu eine Zusammenstellung erarbeitet (im Zweifel sollte man immer diese Quelle nutzen):


Aus nationaler Sicht ist hier die Strafnorm des § 18 Außensteuergesetzes (früher: § 34) sowie §§ 30, 131 Ordnungswidrigkeitengesetz von Belang, die aber sog. Blankettnormen sind, die mit fast unübersehbaren Rechtsgrundlagen aus dem Europarecht, nationalem Recht, Völkerrecht und US - Recht (dessen Weltgeltung - davon geht die USA fast immer aus - die
die EU im Bereich Sanktionen anerkennt).
Die Rechtsgrundlagen wurden nach 9/11 systematisch weiter entwickelt und sind selbst für Experten kaum übersehbar. Der praktische Nutzen wird kaum hinterfragt, so dass eine Sanktion die nächste jagt, aber die Prüfung für den Vertrieb, den Handel und andere Anbieter immer schwieriger wird.

Eine manuelle Sanktionslistenprüfung ist letztlich für einen Shopbetreiber kaum möglich, die aber immer mehr über Meldepflichten zur "Terroristenjagd" in die Pflicht genommen werden. Ein erhöhtes Risiko besteht, wenn das Sortiment Waren enthält, die in Dual - Use - Liste
erfasst:


Diese Normen galten als in toto in einer Compliance nicht vollziehbar und das Ganze lag brach, bis etwa 2020, als die EU sich dem Thema erneut angenommen hat. Nirgendwo steht, dass zu einer Compliance eine Software genutzt werden muss. Angesichts der Strafdrohungen ergibt sich aber ein indirekter Zwang aus Selbstschutzgründen.


Als Teil des nationalen Außenwirtschaftsrechts betreffen die Antiterror-Verordnungen der EU alle in der EU geschäftlich agierenden Unternehmen. Das heißt: Jedes Unternehmen muss alle Neukunden, Lieferanten sowie Dienstleister auf sogenannte Sanktionslisten (auch
Compliancelisten oder Terrorismuslisten genannt) abprüfen.

Bestandskunden und Lieferanten, mit denen eine längere Kooperation besteht, müssen ebenfalls in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Auch wenn sich die Abwehrmaßnahmen der Verordnungen auch auf Inlandsgeschäfte auswirken, wird insbesondere von exportierenden und importierenden Unternehmen erwartet, dass sie beide Verordnungen lückenlos befolgen.

Daraus ergibt sich die Pflicht, Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um die Antiterror-Verordnungen der EU einzuhalten. In Deutschland bietet das Justizministerium von Nordrhein-Westfalen einen kostenlosen Online-Service, um Adressen gegen Sanktionslisten der EU zu prüfen.

Die Prüfung bezieht sich allein auf die EU-Verordnung 881/2002. Nach der textuellen Beschreibung ist aber davon auszugehen, dass die gesamte konsolidierte EU-Liste als Datengrundlage für die Prüfung herangezogen wird.

Unter http://www.finanz-sanktionsliste.de kann mit der Auswahl von 3 Stufen 100, 80 und 60% Übereinstimmung nach möglichen Treffern gesucht werden.

Die Sanktions-Weltkarte der EU, welche von einer estnischen Seite umgesetzt wurde, bietet eine sehr benutzerfreundliche Sanktionslisten-Prüfung mit einer übersichtlichen Darstellung der Ergebnisse. Die Anwendung ist unter https://www.sanctionsmap.eu/ in
englisch verfügbar.

Übersichtlich gelöst ist die grafische Darstellung der von Sanktionen der betroffenen Länder sowie eine Auflistung aller Maßnahmen, betroffener Güter, Firmen und Personen. Die entsprechende Rechtsakte der Europäischen Union ist direkt verlinkt. Im Zweifel sehr nützlich!
Eine umfangreiche Prüfung der US-Sanktionslisten bietet das Office of Foreign Asset Control (OFAC) unter https://sanctionssearch.ofac.treas.gov/. Aktuell kann hier auf eine
Übereinstimmung in 46 Programmen geprüft werden.

Informationen zu einer verbreiteten Software finden Sie hier:

Zuvor sollte aber geprüft werden, welche Waren aus dem Warensortiment
überhaupt unter die Dual - Use - Liste fallen:


An dieser Stelle kann angesichts der vorhandenen Unwägbarkeiten, keine Empfehlung für oder den Einsatz der betreffenden Software gegeben werden, da dies eine Prüfung des Einzelfalles voraussetzt.