BGH zum Sponsoring redaktioneller Presseveröffentlichungen
Es kommt öfter vor, dass Angebote eingehen sich in einem Pressemedium "redaktionell aufbereitet" präsentieren zu können, obwohl es im Presserecht das Verbot der redaktionellen Werbung (in allen Landespressegesetzen)gibt. Für den Bereich des Rundfunks und für redaktionelle geprägte Onlinemedien regelt dies § 58 Abs.1 Rundfunkstaatsvertrag hinsichtlich der Kenntlichmachung und für sonstige Teledienste gilt § 6 TMG, wobei das Entgelt diesbezüglich indessen keine Rolle spielt. Die Praxis hat sich von der Rechtslage in diesem Bereich weit entfernt.
Der I. Zivilsenat des BGH hat heute entschieden, dass ein Presseunternehmen einen von einem Unternehmen bezahlten redaktionellen Beitrag in einer Zeitung deutlich mit dem Begriff "Anzeige" kennzeichnen muss und die Nichteinhaltung dieser Vorgaben einen Verstoss nach §§ 4 Nr.11 UWG i.V.m. (hier) § 10 Landespressegesetz BW darstellt.
Die Klägerin gibt das "Stuttgarter Wochenblatt" heraus. Die Beklagte ist Verlegerin des kostenlosen Anzeigenblatts "GOOD NEWS". Sie veröffentlichte in der Ausgabe Juni 2009 zwei Beiträge, für die sie von Sponsoren ein Entgelt erhalten hatte. Das hatte die Beklagte mit dem Hinweis "sponsored by" und der graphisch hervorgehobenen Angabe des werbenden Unternehmens kenntlich gemacht.
Gegenstand der Klage war daher ein Unterlassungsanspruch, der sich darauf richtete, diese Gestaltung zukünftig zu unterlassen, weil die Veröffentlichungen nicht hinreichend als Anzeige gekennzeichnet war. Das Urteil hat weitreichende Folgen für die Anzeigenpraxis.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Der Bundesgerichtshof hatte dem Gerichtshof der Europäischen Union im Vorfeld die Frage vorgelegt, ob die Vorschrift des § 10 LPresseG BW, die neben dem Verbraucherschutz auch dem Schutz der Unabhängigkeit der Presse dient und zum Teil strengere Anforderungen an die Kenntlichmachung redaktioneller Werbung stellt als die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, im Einklang mit dieser Richtlinie steht.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu entschieden, dass für die vorliegende Fallkonstellation der Anwendungsbereich der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nicht eröffnet ist, so dass der Fall ausschließlich nach deutschem Presserecht zu beurteilen war.
Infolgedessen hat der BGH die Revision der Beklagten zurückgewiesen und damit das von den Vorinstanzen ausgesprochene Verbot bestätigt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte für die Veröffentlichung der beiden redaktionell aufgemachten Beiträge ein Entgelt erhalten.
§ 10 LPresseG BW erfordert nicht, dass das Entgelt für einen bestimmten Inhalt der Veröffentlichung oder für einen im Vorhinein festgelegten Artikel bezahlt wurde. Es kommt nur darauf an, dass der Verleger eines periodischen Druckwerks für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten hat.
Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen wird verletzt, wenn der präzise Begriff der "Anzeige" vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff gewählt wird. Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern "sponsored by" reichte daher zur Verdeutlichung des Anzeigencharakters der Veröffentlichungen nicht aus.
Darauf wird sich sich Praxis wieder einzustellen haben.
BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 I ZR 2/11 GOOD NEWS II
LG Stuttgart - Urteil vom 27. Mai 2010 35 O 80/09 KfH
OLG Stuttgart - Urteil vom 15. Dezember 2010 4 U 112/10
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 I ZR 2/11, GRUR 2012, 1056 = WRP 2012, 1219 GOOD NEWS I
EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 C 391/12, GRUR 2013, 1245 = WRP 2013, 1575
* § 10 LPresseG BW lautet:
Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks oder der Verantwortliche (§ 8 Abs. 2 Satz 4) für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort "Anzeige" zu bezeichnen.
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs