Mittwoch, 6. Juni 2012

Zur Zulässigkeit einer Innenprovision beim Immobilienanlagenverkauf durch Banken

BGH, Pressemitteilung Nr.082/2012 vom 06.06.2012

Keine arglistige Täuschung eines Anlegers durch den Vertrieb über die Höhe einer im Kaufpreis einer Immobilie enthaltenen Innenprovision

Um die Entscheidung nachvollziehen zu können, ist zunächst einmal zu erklären, was eine "Innenprovision" beim Immobilienverkauf unter Einschaltung eines Immobilienmaklers ist. Grundsätzlich tritt ein Immobibilienmakler gleichzeitig als Nachweismakler für den Kunden und als Vermittlungsmakler für den Verkäufer auf, vorbehaltlich von diesem Modell abweichenden Vertragsgestaltungen, die möglich und grds. zulässig sind. Gerade in Anlageprospekten bei Bauherrnmodellen oder ähnlichen Konstruktionen wird oftmals nur die Außenprovision ausgewiesen, die der Käufer an den Makler zu zahlen hat. Danach unberührt bleiben sog. "Innenprovisionen", die aus dem erzielten Kaufpreis an den Makler seitens des Verkäufers zu zahlen, die dem Käufer aber oftmals nicht offen gelegt werden, da dies das Innenverhältnis von Makler und Verkäufer betrifft. In solchen Fällen sind Innenprovisionen in der Regel unproblematisch, erhöhen aber unter Umständen den Kaufpreis, was im Einzelfall ohnehin schwer nachweisbar ist.

Bei Einschaltung einer Bank als Anlagevermittlerin, stellt sich aber das Problem, ob solche Innenprovisionen nicht dennoch ausgewiesen werden müssen und ob das Unterlassen einer solchen Angabe im Verkaufsprospekt eine arglistige Täuschung nach § 123 BGB darstellt, die den Käufer zur Anfechtung des Kaufvertrages und des damit verbundenen Darlehensvertrages berechtigt.

Der BGH hatte nunmehr eine derartige Fallkonstellation auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und auf die Revisionen einer Bank in acht Parallelfällen entschieden, dass Anleger nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht werden, wenn in dem Verkaufsprospekt angegeben wird, vom Gesamtaufwand entfielen für den Erwerb einer Immobilie 76,70% auf "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" und darin eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist ist. Die den Erwerb finanzierende Bank traf deshalb insofern keine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs. Dies war im Vorfeld auch in der Literatur für derartige Fälle deutlich umstritten.

In den zugrundeliegenden Fällen hatten die betreffenden Banken die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden betrieben, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb errichtet wurden und Darlehensrückzahlungsansprüche der Bank sichern sollten. Die Berufungsgerichte hatten dieses Vorgehen für unzulässig erklärt. Auf die Revisionen der Bank hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, die unter Beachtung der Rechtsauffassung des BGH neu zu entscheiden haben.

In den acht zugrundeliegenden Fällen ging es darum, ob durch den Verkaufsprospekt über die von Käufer zu zahlenden Vertriebsprovisionen arglistig getäuscht wurde. In solchen Fällen hat die Bank auch ohne Abschluss eines Anlageberatungsvertrages die Pflicht, den den Käufer über bestehende Risiken von sich aus zu informieren, was in der Vergangenheit aber oftmals nicht geschehen ist. Im vorliegenden Fall weist der seitens der Banken verwendete Verkaufsprospekt nicht aus, dass in den Kaufpreis eine Vertriebsprovision (Innenprovision) in Höhe von 18,24% eingepreist war, über die die Käufer nicht unterrichtet worden sind.

Der BGH lehnt für das derartige Modell jedoch eine arglistige Täuschung ab, weil der Hinweis erfolgte, dass ungeachtet der vom Käufer zu zahlenden Außenprovisionen, noch weitere Provisionsansprüche gegen die Verläuferseite bestehen können und dies eine Arglisthaftung ausschließt.

Der BGH bezieht sich zunächst auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine kreditgebende Bank, mit der kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet ist, die er hier als nicht gegeben angesehen hat. Es geht dabei oftmals um die Ausnutzung eines Wissensvorsprunges der Bank. Ein solcher Fall ist etwa dann gegegen, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Anleger von seinem Geschäftspartner oder durch den Verkaufsprospekt über die von ihm zu zahlenden Vertriebsprovisionen arglistig getäuscht wurde. 

"Der Anfall von Vertriebsprovisionen wurde im prospektierten Gesamtaufwand unter der Rubrik "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" deutlich erkennbar dem Grunde nach offengelegt. Auch eine Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovision ist nicht erfolgt. Aus der geringen Höhe anderer offen gelegter Bestandteile des Gesamtaufwandes kann, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht geschlossen werden, die im Kaufpreis enthaltene Vertriebsprovision sei ebenfalls gering. In den von den Vermittlern verwendeten formularmäßigen Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen wurde ebenfalls nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht. Diese weisen zwar nur die vom Anleger direkt an den jeweiligen Vermittler zu zahlende "Bearbeitungsgebühr" in Höhe von 3,42% aus. Darin liegt jedoch keine abschließende Erklärung über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vermittler nicht nur für die Erwerber, sondern auch als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsgesellschaft tätig werden und Provisionsansprüche auch gegen andere am Immobilienprojekt Beteiligte bestehen können. 

Schließlich ergab die in den Vorinstanzen durchgeführte Beweisaufnahme nicht, dass die Vermittler in den Verkaufsgesprächen wahrheitswidrige Angaben über Anfall und Höhe weiterer Vertriebsprovisionen gemacht haben. Mangels einer arglistigen Täuschung der Anleger durch den Vertrieb konnte der Bank deshalb nicht der Verwurf gemacht werden, eine Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Bank, die der Zwangsvollstreckung im Wege der §§ 767 Abs.1, 797 Abs.4 ZPO im Wege der Aufrechnung entgegen gehalten werden könnten, bestehen somit für dieses Modell nicht. Die Verfahren waren zur Klärung weiterer, vom Berufungsgericht bislang noch nicht geprüfter Einwendungen der Anleger zurückzuverweisen." 

Diese Urteile bedeuten für Immobilienanleger, dass Verkaufsprospekte noch stärker als bisher juristisch geprüft werden müssen und entsprechende Fragen an die Banken schriftlich gestellt werden sollten. Für die Anbieterseite bedeutet dieses Urteil ohnehin die Verneinung einer allgemeinen Aufklärungspflicht, wenn entsprechende inweise in die Allgemeinen Verkaufsbedingungen aufgenommen worden sind. Die Anforderungen an diese Hinweise sind nach diesem Urteil nicht sehr hoch, schließen aber die Arglisthaftung bislang zuverlässig aus. 


Urteile vom 5. Juni 2012
XI ZR 149/11
Urteil vom 11. September 2008 - 9 O 1139/06 OLG Oldenburg
LG Oldenburg - - Urteil vom 28. Februar 2011 - 3 U 47/08 XI ZR 173/11
Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 53/10 XI
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 4267/04 OLG ZR 174/11 LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 1121/05
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 87/07
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 54/10 XI ZR 175/1 1 OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 61/10 XI ZR 176/11
Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 59/10 XI ZR 177/11 L
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 2108/06 OLG Oldenburg - G Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 710/06 OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 57/10 XI ZR 178/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 71/05
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 3429/05 OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 56/10 XI ZR 179/11 OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 55/10 Karlsruhe, den 6. Juni 2012 Quelle: Bundesgerichtshof
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Freitag, 1. Juni 2012

"Playboy am Sonntag"

BGH - Pressemitteilung Nr. 080/2012 vom 01.06.2012 
Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 234/10 - Playboy am Sonntag 

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung des Axel-Springer-Verlages zur Zahlung einer fiktiven Lizenz wegen werblicher Vereinnahmung von Gunter Sachs bestätigt. 

Der BGH hat treffend entschieden, dass es sich bei diesem redaktionell gestalteten Artikel um Werbung gehandelt hat, die als solche grds. klar erkennbar sein muss, wobei es hier zentral darum ging, dass eine solche Gestaltung die Persönlichkeitsrechte aus §§ 22, 23 KUG auch gegenüber während des Prozesses Verstorbenen verletzt. Dem Landgericht Hamburg ist der BGH hinsichtlich des Schadensersatzanspruches erneut nicht gefolgt. 

Das Argument, dass überwiegenden Informationsinteresse gegeben ist, weil es die Öffentlichkeit interessen könnte, dass Gunter Sachs irgendwann vor langen Jahren die "Bild am Sonntag" gelesen hatte, vermochte den Senat nicht zu beeindrucken. Derartige Gestaltung getarnter Werbung mit "Prominenten" könnte künftig noch etwas teurer werden. 

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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Axel-Springer-Verlag wegen einer werblichen Vereinnahmung des vor einem Jahr verstorbenen Gunter Sachs eine fiktive Lizenz in Höhe von 50.000 € zu zahlen hat. 

Der Axel-Springer-Verlag verlegt unter anderem die "BILD am Sonntag". In der Ausgabe vom 10. August 2008 befand sich auf der letzten Seite ein redaktionell aufgemachter Artikel, der mit drei Fotos des Klägers bebildert war. Auf einem großflächigen Foto ist der Kläger bei der Lektüre einer Zeitung mit dem "BILD"-Symbol zu erkennen. Die Bildinnenschrift lautet: "Gunter Sachs auf der Jacht "Lady Dracula". Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch." Auch im Fließtext wird die Lektüre des Klägers herausgestellt. Gunter Sachs hat den Axel-Springer-Verlag daraufhin auf Unterlassung und auf Zahlung einer Lizenzvergütung in Höhe von 50.000 € in Anspruch genommen. 

Das Landgericht Hamburg hat den Verlag zur Unterlassung verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht Hamburg den Axel-Springer-Verlag darüber hinaus zur Zahlung einer Lizenzvergütung in der vom Kläger verlangten Höhe verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Axel-Springer-Verlages zurückgewiesen. Dass der Kläger während des Revisionsverfahrens verstorben ist, hatte auf das Verfahren keine Auswirkungen.  

Der Senat hat eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG)darin gesehen, dass der Kläger durch die Abbildung und die begleitende Textberichterstattung ohne seine Zustimmung für Werbezwecke vereinnahmt worden ist. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Werbung sich nicht in einer als solchen erkennbaren Anzeige, sondern in einem redaktionellen Artikel befand.  

Der beklagte Verlag kann sich demgegenüber nicht auf ein überwiegendes Informationsinteresse berufen. Vielmehr hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers - so der Bundesgerichtshof - Vorrang gegenüber dem nur als gering zu veranschlagenden Interesse der Öffentlichkeit an der Neuigkeit, dass der Kläger auf seiner Jacht die Zeitung "Bild am Sonntag" liest. Dabei hat der Bundesgerichthof auch berücksichtigt, dass der beklagte Verlag mit der Veröffentlichung des Fotos in unzulässiger Weise in die Privatsphäre des Klägers eingegriffen hat. 

Durch Vereinnahmung des Klägers für die Werbung hat der Verlag einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der den Anspruch auf Zahlung der Lizenz begründet. 

BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 234/10 - Playboy am Sonntag 
LG Hamburg – Urteil vom 4. Dezember 2009 – 324 O 338/09 (AfP 2010, 193) 
OLG Hamburg – Urteil vom 10. August 2010 – 7 U 130/09 (ZUM 2010, 884) 
Quelle: BGH, Karlsruhe, den 1. Juni 2012