Mittwoch, 16. Dezember 2015

BGH zur Zulässigkeit sogenannter "No-Reply" Bestätigungsmails mit Werbezusätzen

Mit Urteil vom 15. Dezember 2015 (AZ: VI ZR 134/15) hat der BGH entschieden, dass ein gegen den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandtes E-Mail Schreiben mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs.1 BGB darstellt.  Den betroffenen Verbrauchern stehen zwar keine lauterkeitsrechtlichen Ansprüche zu, jedoch werden bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§ 823 Abs.1, 1004 BGB die Wertmaßstäbe des § 7 UWG herangezogen, um unterschiedliche Ergebnisse zu vermeiden (BGH, GRUR 2009, 980 - E-Mail-Werbung II).

Die vorliegende Konstellation war bislang nicht höchstrichterlich entschieden, auch wenn sich derartige Werbegestaltungen - auch für SMS - Werbung - häufig antreffen lassen. Der BGH orientiert sich allerdings an der in BGH, WRP 2013, 1579 (Empfehlungs-E-Mail) geäußerten Rechtsauffassung, dass ein Empfänger in den Erhalt einer E-Mail mit Werbung einwilligen muss und er gegen Werbung geschützt werden muss, gegen die er sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann, sofern kein Ausnahmetatbestand - etwa aus § 7 Abs.3 UWG - eingreift. Die Werbung der Versicherung bezog sich aber vorliegend auf versicherungsfremde Leistungen und nicht auf Versicherungsprodukte, so dass hierfür keine Einwilligung vorlag.

Der Kläger ist Verbraucher. Er wandte sich am 10. Dezember 2013 mit der Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung per E-Mail an die Beklagte. Die Beklagte bestätigte unter dem Betreff "Automatische Antwort auf Ihre Mail (…)" wie folgt den Eingang der E-Mail des Klägers:

"Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort. Mit freundlichen Grüßen Ihre S. Versicherung

Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für S. Kunden. Infos und Anmeldung unter (…) Neu für iPhone Nutzer: Die App S. Haus & Wetter, inkl. Push Benachrichtigungen für Unwetter und vielen weiteren nützlichen Features rund um Wetter und Wohnen: (…) 

***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***"

Der Kläger wandte sich daraufhin am 11. Dezember 2013 erneut per E-Mail an die Beklagte und rügte, die automatisierte Antwort enthalte Werbung, mit der er nicht einverstanden sei. Auch auf diese E-Mail sowie eine weitere mit einer Sachstandsanfrage vom 19. Dezember 2013 erhielt der Kläger eine automatisierte Empfangsbestätigung mit dem obigen Inhalt, also weiterhin mit Werbung, die er nicht erhalten wollte.

Der Kläger macht mit seiner Klage einen Unterlassungsanspruch aus Deliktsrecht geltend, mit dem er verlangt, die Beklagte zu verurteilen, es zu zukünftig unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit ihm, dem Kläger, ohne sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, sofern dies geschieht wie im Falle der E-Mails vom 10., 11. und 19. Dezember 2013.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils geführt.

Der BGH ist der Auffassung, dass jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz vom 19. Dezember 2013 den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt hat, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt ist.

Ob es angesichts dieser Entscheidung für die Werbewirtschaft hinreicht, einfach die Einwilligungserklärungen zu erweitern, ist kritisch zu hinterfragen.

Vorinstanzen:
AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Urteil vom 25. April 2014 – 10 C 225/14
LG Stuttgart – Urteil vom 4. Februar 2015 – 4 S 165/14
Karlsruhe, den 16. Dezember 2015
Pressestelle des Bundesgerichtshofs Nr. 205/2015 vom 16.12.2015