Dienstag, 9. Dezember 2014

BGH zur maximalen Höhe von Anzahlungen auf den Reisepreis und zur Bemessung von Rücktrittspauschalen

I. Überblick

In welcher maximalen Höhe bei Pauschalreisen Anzahlungen auf den Reisepreis verlangt werden können, war umstritten, nachdem § 651 K IV BGB a.F. zum 01.01.1997 nach Einführung des Sicherungsscheines geändert worden war, der noch eine Grenze von 10 % vorgesehen hatte (die Problematik sollte nicht mit den Stornoklauseln verwechselt werden, die ein eigenes Problem darstellen). 

Zuvor hatte der BGH eine verhältnismäßig geringe Anzahlung gefordert, wobei allerdings das Zug -um - Zug - Prinzip des § 320 BGB zu beachten ist. Die Pauschalreiserichtlinie überlässt die Höhe der maximal zulässigen Anzahlung den Mitgliedstaaten und in Deutschland ist hierzu keine Regelung getroffen worden. Bislang wurde die Grenze überwiegend bei etwa 20 % gesehen, zumal es unbeschadet des Sicherungsscheines für eine derartige Absicherung ein legitimes Interesse der Reiseveranstalter gibt. Angesichts der Unterschiede bei den Reisen ist eine starre Grenze im Rahmen der Güter - und Interessenabwägung schwierig und problematisch. Die Anzahlung darf ohnehin erst nach Übergabe des Sicherungsscheines gefordert und angenommen werden, was zum Problem der Fälligkeit führt. Hinzu kommen Kosten für Reiserücktrittspauschalen in AGB. 

Angesichts dieser Rechtslage ist die unterschiedliche AGB - Gestaltungspraxis in diesem Bereich wenig verwunderlich. 

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH hat sich nunmehr in drei Verfahren mit der Wirksamkeit von Klauseln in Reisebedingungen zu Anzahlungen auf den Reisepreis, zu dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Gesamtpreises und zu Rücktrittspauschalen befasst. 

Allerdings lassen diese Entscheidungen durchaus Fragen offen und schaffen Raum für eine Änderung der AGB - Gestaltungspraxis in diesem Bereich, die neue Problemstellungen hervorrufen können.  

II. Sachverhalte

1. In dem Verfahren X ZR 85/12 verlangte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. von der beklagten Reiseveranstalterin, die u.a. über das Internet im Rahmen eines die Bündelung von Reiseteil- und Einzelleistungen zu einem Leistungspaket ("Dynamic Packaging") anbietet, es zu unterlassen, beim Abschluss von Pauschalreisen Reisebedingungen zu verwenden, nach denen der Reisende u.a. innerhalb einer Woche nach Erhalt seiner Reisebestätigung eine Anzahlung von 40 % vom Gesamtpreis und den Rest des Reisepreises bis spätestens 45 Tage vor Reiseantritt zu zahlen hat und nach denen bei Flugreisen bei einem Rücktritt des Reisenden gestaffelte Entschädigungspauschalen nach § 651i Abs. 3 BGB zu zahlen sind, die bis 30 Tage vor Reisebeginn 40 % des Reisepreises betragen und die stufenweise auf bis zu 90 % ansteigen, die der Reiseveranstalter bei einem Rücktritt am Tag des Reiseantritts oder bei Nichterscheinen beansprucht.  

Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der Klauseln untersagt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die von der Beklagten bei Vertragsabschluss geforderte Anzahlung von 40 % des Reisepreises benachteilige den Vertragspartner unangemessen im Sinn von § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB. Auch die Regelung in den AGB der Beklagten, nach der der Restbetrag bereits 45 Tage vor Reiseantritt fällig werde, verstoße gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und § 320 BGB. Die Klauseln zu den Stornierungsgebühren bei Flugreisen seien wegen Verstoßes gegen § 651i BGB ebenfalls unwirksam. 

2. In dem Fall X ZR 13/14 verlangt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. von der beklagten Reiseveranstalterin, die Verwendung von Reisebedingungen zu unterlassen, nach denen der Reisende innerhalb einer Woche nach Erhalt der Reisebestätigung eine Anzahlung von 25 %, bei Reisen aus "Last-Minute-Programmen" jedoch von 30% zu leisten hat, die Restzahlung jeweils 40 Tage vor Reiseantritt fällig wird und nach denen bei Flugreisen, "Last-Minuten-Reisen" und anderen Reisen jeweils unterschiedlich gestaffelte Rücktrittspauschalen zahlbar sein sollen, die bei Flugreisen mit 25 % des Reisepreises beginnen, die bei einem Rücktritt bis 42 Tage vor Reisebeginn verlangt werden, und bei "Last-Minute-Reisen" mit 40 % bei einem Rücktritt bis zum 30. Tag vor Reisebeginn. Die Instanzgerichte haben der Beklagten auch in diesem Fall die Verwendung der Klauseln untersagt. 

3.  In dem Verfahren X ZR 147/13 verlangt der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände von der beklagten Reiseveranstalterin, die Verwendung von Reisebedingungen zu unterlassen, nach denen bei Vertragsabschluss gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung (die in der Regel 25% beträgt) bei gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen und Reisen bestimmter Marken sowie Ticket-Paketen aus Leistungsbeschreibungen mit dem Titel "Musicals & Shows" 40 % des Gesamtpreises betragen soll. 

Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der Klausel untersagt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die von der Beklagten unmittelbar bei Vertragsabschluss geforderte Anzahlung von 40 % des Reisepreises sei weitgehend intransparent, d. h. nicht klar und verständlich und benachteilige den Vertragspartner unangemessen im Sinn von § 307 Abs. 1 und 2 BGB. 

III. Entscheidungen des BGH

Der Bundesgerichtshof hat in den beiden ersten Fällen die Revision des Reiseveranstalters insgesamt und im dritten Fall teilweise zurückgewiesen Er hat auch in der Sache X ZR 85/12 die Beklagte als Reiseveranstalterin angesehen, da sie dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu einem Gesamtpreis zur Verfügung stellt. Die Problematik dedr Staffelklauseln scheint er offen gelassen zu haben. 

In allen drei Fällen stellte sich unter dem Aspekt einer AGB - Inhaltskontrolle der betreffenden Klauseln die Frage, ob der Reiseveranstalter eine höhere Anzahlung als die bisher anerkannten 20 % des Reisepreises verlangen kann, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen. 

Eine von § 320 BGB abweichende Vorleistungspflicht, wie sie die Verpflichtung des Reisenden zur Leistung einer Anzahlung darstellt, kann durch AGB begründet werden, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Dieser sachliche Grund ist grundsätzlich gegeben. 

Für Anzahlungsklauseln, bei die Grenze von 20 % des Reisepreises nicht überstiegen wird, hat der Bundesgerichtshof es hinreichen lassen, dass es sich um eine verhältnismäßig geringfügige Vorleistung des Reisenden handelt, der durch den zwingend zu übergebenden Sicherungsschein gegen die Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert ist. Letztlich knüpft der BGH insoweit an seine frühere Rechtsprechung an. Allerdings enthält die Entscheidung eine Absage an eine strikte Grenzziehung bei 20 %, die von erheblichem Interesse für die Klauselgestaltungspraxis ist, aber vom Ansatz her angesichts der Unterschiede bei den Angeboten und den damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken verständlich.

Nach der interessanten Entscheidung des BGH ist die Vereinbarung einer höheren Anzahlungsquote in AGB keineswegs völlig ausgeschlossen, wenn der Reiseveranstalter transparent darlegt, dass die von ihm bei Vertragsschluss zu leistenden Aufwendungen bei denjenigen Reisen, für die die höhere Anzahlung verlangt werden, typischerweise die geforderte Quote erreichen, was letztlich die Angabe nachvollziehbarer Gründe erfordert. Es stellt allerdings einige Anforderungen an die Klauselgestaltungspraxis auf dieser Basis eine transparente Klausel zu entwickeln.

In den seitens des BGH entschiedenen Fällen haben die beklagten Reiseveranstalter dieser Darlegungspflicht  in den beiden ersten Fällen nicht genügt. Im dritten Fall, in dem der Bundesgerichtshof anders als das Oberlandesgericht die Klausel nur teilweise als unklar angesehen hat, ist dies vom Berufungsgericht aufgrund der Zurückverweisung noch zu prüfen. 

Was die Fälligkeit des Gesamtpreises betrifft, hat der BGH eine Zahlungsverpflichtung bis 30 Tage vor Reisebeginn als angemessen erachtet. Die Reiseveranstalter haben nicht dargetan, dass dieser Zeitraum in einer praktisch relevanten Anzahl von Fällen nicht ausreicht, um bei einer ausbleibenden Zahlung die Reise anderweitig verwerten zu können. 

Die Klauseln betreffend die Rücktrittspauschalen sind sämtlich unwirksam, weil die beklagten Reiseveranstalter nicht ausreichend dargelegt haben, dass gewöhnlich Stornierungskosten in der behaupteten Höhe anfallen. Dieser Teil der Entscheidungen lässt sehr viele Fragen offen und könnte so verstanden werden, dass Art und Umfang der Entstehung von Stornokosten belegt werden müssten, was durchaus aus jenseits der Reisebranche von Interesse ist. 

Jedenfalls werden die Urteile dazu führen, dass die Klauselpraxis in den genannten Bereichen Änderungen herbeiführen, die dann wiederum seitens der Verbraucherschutzverbände kritisch geprüft werden dürften. 

BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 85/12 
LG Leipzig – Urteil vom 11. November 2011 – 8 O 3545/10 
OLG Dresden – Urteil vom 21. Juni 2012 – 8 U 1900/11 
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 13/14 
LG Frankfurt am Main - Urteil vom 28. März 2013 – 2-24 O 196/12 
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 16. Januar 2014 - 16 U 78/13 
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 147/13 
LG Hannover – Urteil vom 30. Oktober 2012 – 18 O 129/12 
OLG Celle – Urteil vom 28. November 2013 – 11 U 279/12 
Quelle: Mitteilung der Pressestelle Nr. 183-14/2014 vom 09.12.2014 

Freitag, 5. Dezember 2014

Unterlassungsansprüche in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Bundesgerichtshof : Zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen Ausübung der Prostitution in einer Wohneinheit in einer Wohnungseigentümergemeinschaft 

Nach § 14 WEG muss ein anderer Wohnungseigentümer einen Nachteil dann nicht hinnehmen, wenn dieser bei einem geordneten Zusammenleben über das unvermeidliche Maß hinausgeht. In diesem Rahmen sind widerstreitende Interessen aus Art. 14 GG gegeneinander abzuwägen, um zu einem pragmatischen Ausgleich zu gelangen. Dies gilt auch bei Störungen im Rahmen der §§ 823, 1004 BGB. Aus § 15 Abs.3 i.V.m. § 43 WEG folgt ein Anspruch des betroffenen Wohnungseigentümers auf Unterlassung der betreffenden Störung. 

Das Gesetz regelt aber nicht ausdrücklich, ob ein solcher Anspruch dem einzelner Wohnungseigentümer gegen den Störer zusteht oder ob dieser Ansprüch über die Eigentümergemeinschaft geltend zu machen ist (arg. § 10 WEG). Etwa indem ein Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung an den Verwalter gestellt werden kann, mit einem entsprechenden Vorschlag zur Tagesordnung, der nur aus wichtigem Grund abgelehnt werden darf, wenn eine nicht unerhebliche Störung wegen unzulässigen Gebrauchs im Raum steht. Ein solches Vorgehen stellt einen recht sicheren Weg dar, um zu einer Klärung zu gelangen. 

Der Anspruch steht zwar dem einzelnen Wohnungseigentümer zu, allerdings kann sich der Verband nach der bisherigen herrschenden - wenn auch umstrittenen - Linie der Rechtsprechung durch Mehrheitsbeschluss zur Geltendmachung des Anspruchs ermächtigen, was aus § 10 WEG gefolgert wird und zu einer besonderen Form des Prozesstandschaft führt (so etwa schon BayObLG v. 30.05.1996 - AZ; 2 Z BR 9/96; BayObLG v. 15.01.2004 - AZ: 2 Z BR 225/03). 

Lehnt die Eigentümergemeinschaft eine solche Rechtsverfolgung ab, besteht nach herrschender Auffassung kein Rechtsschutzdürfnis für eine Erzwingung eines solchen Beschlusses, sondern in einem solchen Falle kann der einzelne Wohnungseigentümer seinen Individualanspruch ohne die Gemeinschaft verfolgen. Wird ein Beschluss gefasst, aber nicht umgesetzt, kann sich im Innenverhältnis ein Anspruch der Eigentümer auf Umsetzung ergeben.

Über einen solchen Fall hatte nunmehr der BGH zu entscheiden, der sich eingehend mit der bislang umstrittenen Frage befasst hat, unter welchen Voraussetzungen einzelne Wohnungseigentümer vor Gericht verlangen können, dass Störungen des gemeinschaftlichen Eigentum unterbleiben, wenn keine unmittelbare Beeinträchtigung des Sondereigentums besteht.

Der BGH hat jetzt im Sinne einer kollektivrechtlichen Betrachtungsweise entschieden, dass eine individuelle Rechtsverfolgung nicht mehr möglich ist, wenn die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschlossen haben, dass ihre Ansprüche gemeinschaftlich geltend gemacht werden sollen und folgt insoweit dem Lösungsansatz des BayObLG (das nicht mehr existiert). 

Im Ausgangsfall sind beide Parteien Mitglieder derselben Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger sieht sich nach § 14 WEG dadurch in Rechten gestört, dass in der Wohnung des Beklagten Prostitution gewerblich ausgeübt wird.  Am 14. Mai 2011 fassten die Eigentümer mehrheitlich den folgenden Beschluss:

 "Die Wohnungseigentümer beschliessen, dass die ihnen aus ihrem Eigentum zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen der gewerbsmäßigen Prostitution im Objekt xyz, gemeinschaftlich durch den Verband geltend gemacht werden sollen. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zu den üblichen Rechtsanwaltsgebühren zu beauftragen." 

Der Kläger wollte ungeachtet dessen mit seiner Klage erreichen, dass der Beklagte es nach § 1004 BGB unterlassen muss, seine Wohnung zur Ausübung der Prostitution zu nutzen, und sie Dritten nicht für solche Zwecke zu überlassen. Allerdings war die Wohnungseigentümergemeinschaft zum Zeitpunkt der Klageerhebung im vorliegenden Verfahrens noch nicht gegen den Beklagten vorgegangen und hatte den mehrheitlich nach § 25 WEG gefassten Beschluss daher noch nicht umgesetzt. 

Amtsgericht und Landgericht haben die Klage in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung als unzulüssig angesehen. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidungen bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen und für solche Fälle jetzt Rechtsklarheit geschaffen. 

Der BGH begründet diess damit, dass, wenn die Substanz oder die Nutzung des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigt werden, darauf bezogene Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche im Grundsatz zwar den einzelnen Wohnungseigentümern zustehen und von ihnen vor Gericht geltend gemacht werden können. Dennoch sind diese Ansprüche gleichzeitig auch gemeinschaftsbezogen. Daher haben die  Wohnungseigentümer über die Eigentümerversammlung die rechtliche Kompetenz zu beschließen, dass derartige Ansprüche gemeinschaftlich geltend gemacht werden sollen, was letztlich auch sinnvoll ist. Ist dies der Fall, wird hierdurch eine alleinige Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet. Die Begründung einer solchen Kompetenz schließt im Umfang der Beschlussfassung die einzelnen Wohnungseigentümer von der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs aus. Dies führt in der Praxis dazu, dass solche Beschlüsse hinsichtlich des konkreten Inhaltes genau geprüft werden müssen, die überdies unter Umständen auch der Anfechtung unterliegen können. 

Der BGH sieht den entscheidender Gesichtspunkt darin, dass die Ausübungsbefugnis des Verbands dem Willen der Mehrheit entspricht, wobei es allerdings auch auf den Inhalt der Beschlussfassung ankommen kann. Unterlassungsansprüche können auf unterschiedliche Weise durchgesetzt werden, etwa indem sie “ als milderes Mittel"  nur die Einhaltung bestimmter Auflagen verlangen. Dies wiederum kann im Einzelfall zu wenig sein.

Dem Verband obliegt es von der Beschlussfassung an, die mehrheitlich gewollte Lösung konsequent durchzusetzen. Dies schützt auch den Schuldner vor einer mehrfachen Inanspruchnahme mit möglicherweise unterschiedlicher Zielsetzung. Setzt die Wohnungseigentümergemeinschaft den gefassten Beschluss nicht um, kann ein einzelner Wohnungseigentümer im Innenverhältnis verlangen, dass sie Klage einreicht, was völlig sachgerecht ist, zumal der Verwalter verpflichtet ist, solche Beschlüsse umzusetzen (§ 27 Abs.1 Nr.1 WEG) und sich insoweit auch Haftungsansprüchen bei schuldhafter Nichtausführung aussetzt. 

Nach der neuen Rechtsprechung des BGH kann ein einzelner Wohnungseigentümer in derartigen Fällen nur noch dann selbst Klage erheben, wenn die betreffende Störung sein Sondereigentum unmittelbar beeinträchtigt oder aber die Eigentümergemeinschaft ein solches Vorgehen rechtmäßig ablehnt. Offen bleibt die Frage, ob in solchen Fällen nunmehr bei Untätigkeit nicht doch ein Anspruch auf das Tätigwerden der Eigentümergesellschaft besteht, was dass Urteil des BGH nahelegen könnte. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14. Mai 2011 hat daher die alleinige Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet. 

Der BGH hat vorliegend eine unmittelbare Beeinträchtigung des Klägers abgelehnt. Der Kläger stützte seine Klage ausschließlich auf Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums durch den bordellartigen Betrieb in Gestalt von Lärmbelästigungen und Verschmutzungen des Treppenhauses und der Fluren, die lediglich eine mittelbare Beeinträchtigung darstellen. Der BGH ist überdies der Auffassung, dass das Sondereigentum des Klägers durch negative Auswirkungen auf den Verkehrswert und die Vermietbarkeit nur indirekt betroffen werden, so dass ein etwaiger Wertverlust - der ohnehin das Objekt als Ganzes betreffen würde - hier keine unmittelbare Beeinträchtigung darstellt. Auch eine rechtsmissbräuchliche Verzögerung der Rechtsverfolgung durch den Verband hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei unter Hinweis darauf verneint, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits mehrere Verfahren (gegen andere Wohnungseigentümer) zur Unterbindung der Prostitution in der Anlage eingeleitet habe. Alles in allem führt dies zu einer Unzulässigkeit der Klage, so dass nicht zur Sache verhandelt werden muss und auch eine Zurückverweisung nicht in Betracht kam, weil die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft die Unterlassung der Prostitution berechtigt verlangen kann, nicht Gegenstand dieses Verfahrens war. 

BGH, Urteil vom 5. Dezember 2014, Az.  V ZR 5/14 
AG NÜrnberg-Fürth; Urteil vom 10. Juli 2013, AZ 4 C 1152/12 
 LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 19. Dezember 2013, AZ: 14 S 5795/13 WEG 
 Karlsruhe, den 5. Dezember 2014 
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs