Mittwoch, 25. Januar 2012

BGH bejaht Zulässigkeit der Angabe eines Postfachs als Widerrufsadresse bei Fernabsatzverträgen

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle 
Nr. 014/2012 vom 25.01.2012 

 Der Bundesgerichtshof hat heute eine wenig überraschende Entscheidung zu der Frage getroffen, ob für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung bei einem Fernabsatzgeschäft die Angabe einer Postfachadresse des Widerrufsadressaten in der Widerrufsbelehrung ausreicht. Der BGH hatte diese Frage bereits zu einer früheren Rechtslage bejaht (BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 306/99, NJW 2002, 2391 unter II – Postfachanschrift). Allerdings ist diese Entscheidung für die aktuelle Rechtslage bedeutungslos und betrifft eine gegenstandslose Fassung der BGBInfoVO. Dies entbindet den Unternehmer nicht davon, bei einem aktuellen Vertragsschluss im Wege des Fernabsatzes seine ladungsfähige Anschrift anzugeben, die nie ein Postfach sein kann. Die Entscheidung lässt sich überdies auch nicht auf die "Impressumspflicht" nach § 5 TDG und darüber hinaus bestehende Sondervorschriften zu dieser Norm übertragen. Insofern nicht nicht recht verständlich, welches Aufsehen diese Entscheidung erregt hat. 

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 Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einem Energieversorgungsunternehmen, im Jahre 2008 im Wege des Fernabsatzes einen Sondervertrag über den leitungsgebundenen Bezug von Erdgas. Der Vertrag sah für die Dauer der bis zum 31. August 2010 vereinbarten Laufzeit einen Festpreis vor und räumte dem Kläger ein Widerrufsrecht ein. Die Widerrufsbelehrung enthielt als Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, die Postfachadresse der Rechtsvorgängerin der Beklagten. 

 Am 1. Oktober 2009 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragserklärung. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht. Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Vertragsverhältnis durch den Widerruf wirksam beendet worden sei. 

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. 

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Angabe eines Postfachs als Widerrufsadresse im Fernabsatz den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden gesetzlichen Anforderungen genügte (§ 312d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1**, § 312c Abs. 2*, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF***). Bei Fernabsatzgeschäften ist gemäß § 312c Abs. 2, § 312d Abs. 2 Satz 1, Art. 245 EGBGB****, § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV aF***** der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen und die Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, mitzuteilen. 

Die Angabe einer Postfachadresse als Widerrufsadresse genügt, wie der Bundesgerichtshof vor Inkrafttreten der BGB-InfoV () bereits entschieden hat, den gesetzlichen Anforderungen. Daran ist auch nach dem Inkrafttreten der BGB-InfoV festzuhalten. Der Verbraucher (BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 306/99, NJW 2002, 2391 unter II – Postfachanschrift) wird durch die Angabe einer Postfachadresse in gleicher Weise wie durch die Angabe einer Hausanschrift in die Lage versetzt, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu bringen. Seine "ladungsfähige" Anschrift musste der Unternehmer bei einem Fernabsatzvertrag ohnehin angeben (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV aF*), was im zu entscheidenden Fall auch unstreitig geschehen war. 

 *§ 312c Unterrichtung des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung) … (2) Der Unternehmer hat dem Verbraucher ferner die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die in der Rechtsverordnung nach Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise in Textform mitzuteilen … 
 **§ 312d BGB: Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung) (1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden. (2) Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 … 
 ***§ 355 BGB: Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung) (1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. (2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. … 
 ****Art. 245 EGBGB Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf, 1.Inhalt und Gestaltung der dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, § 356 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und den diese ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs mitzuteilenden Belehrung über das Widerrufs- und Rückgaberecht festzulegen … *****§ 1 Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung, vgl. nun Art. 246 § 1 EG-BGB) (1) Der Unternehmer muss dem Verbraucher gemäß § 312c Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs folgende Informationen zur Verfügung stellen: … … 3. die ladungsfähige Anschrift des Unternehmers … … 10. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe, einschließlich Informationen über den Betrag, den der Verbraucher im Fall des Widerrufs oder der Rückgabe gemäß § 357 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat, … (4) Der Unternehmer hat dem Verbraucher gemäß § 312c Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs folgende Informationen in Textform mitzuteilen: 1. die in Absatz 1 genannten Informationen … 

 Urteil vom 25. Januar 2012 - VIII ZR 95/11 
 AG Dorsten - Urteil vom 11. August 2010 - 21 C 596/09 
 LG Essen - Urteil vom 3. Februar 2011 - 10 S 313/10 
 Karlsruhe, den 25. Januar 2012 Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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