Donnerstag, 27. Oktober 2011

BGH entscheidet über GEMA-Vergütung für Musikaufführungen bei Straßenfesten

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle
Nr. 171/2011 vom 27.10.2011

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Mit dieser Entscheidung hat der BGH zugunsten der GEMA entschieden, dass die Vergütung bei Freiluftveranstaltungen nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche zu bemessen ist. Zum fraglichen Zeitpunkt existierte dazu noch kein Tarif (s.insweit: https://www.gema.de/nc/services.html), aber die GEMA wendete den Tarif für die Nutzung von Musikwerken bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen analog an. Dies hat der BGH für rechtmäßig erachtet, indem er den Einwand der Beklagten nicht geltend ließ, dass Flächen, die nicht dem Publikum unmittelbar zugänglich waren, von der Berechnung auszunehmen sind. Indirekt ist damit auch der Tarif für Aufführungen im Freien als unbedenklich "abgesegnet" worden.

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Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die GEMA die Vergütungen für Musikaufführungen bei Freiluftveranstaltungen wie Straßenfesten oder Weihnachtsmärkten nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche bemessen darf.

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Zu ihren Aufgaben gehört es, von Nutzern der Musikwerke die angemessene Vergütung einzufordern. Sie streitet sich in zwei Verfahren mit Nutzern über die Bemessung der Vergütung für Musikaufführungen bei Freiluftveranstaltungen, die in den Jahren 2004 bis 2008 durchgeführt wurden. In dem einen Rechtsstreit geht es um Veranstaltungen in Bochum, nämlich den "Weihnachtsmarkt", den "Gerther Sommer" und die "Bochumer Westerntage". Das andere Verfahren betrifft die Stadt- bzw. Straßenfeste "Barmen Live", "Bottrop Live", "Elberfelder Cocktail" und "Hammer Straße" (in Münster).

Die GEMA hatte zum Zeitpunkt der Veranstaltungen keinen eigenen Tarif für solche Musikaufführungen im Freien aufgestellt. Sie ermittelte die Vergütung deshalb nach einem Tarif, der für Musikaufführungen in Räumen gilt und bei dem sich die Höhe der Vergütung nach der Größe des Veranstaltungsraumes richtet. Sie berechnete die Vergütung dementsprechend nach der Größe der Veranstaltungsfläche, gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand.

Die Veranstalter der Musikaufführungen halten diese Berechnungsweise für unangemessen. Sie sind der Ansicht, es dürfe nur auf den Teil der Veranstaltungsfläche abgestellt werden, der von der Bühne mit Musik beschallt werde. Davon seien die Flächen abzuziehen, die von Besuchern nicht betreten werden könnten (etwa weil sich dort Stände befinden) oder dürften (wie der für eine Nutzung als Veranstaltungsfläche nicht zugelassene öffentliche Verkehrsraum) oder auf denen die Musik von der Bühne durch andere Musik (beispielsweise Musik von den Ständen) überlagert werde.

Landgericht und Berufungsgericht haben entschieden, die GEMA sei berechtigt, die Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche zu bestimmen. Der BGH hat diese Entscheidungen bestätigt. Für Freiluftveranstaltungen wie die hier in Rede stehenden Straßenfeste oder Weihnachtsmärkte ist es - so der BGH - typisch, dass das Publikum vor der Bühne ständig wechselt und damit insgesamt wesentlich mehr Zuhörer die Musik wahrnehmen, als auf der beschallten Fläche Platz fänden. Es kommt hinzu, dass die Musik von der Bühne regelmäßig die gesamte Veranstaltung prägt. Der GEMA wäre es - so der BGH weiter - auch nicht zumutbar, bei jeder der zahlreichen und verschiedenartigen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet jeweils die Fläche zu ermitteln, die von der Bühne mit Musik beschallt wird und die Flächen festzustellen, auf denen sich keine Besucher aufhalten können oder dürfen oder auf die andere Musik einwirkt. Die Berechnung nach der Gesamtveranstaltungsfläche ist daher auch aus Gründen der Praktikabilität geboten.

Mittlerweile hat die GEMA einen eigenen Tarif für solche Musikaufführungen im Freien aufgestellt. Auch danach richtet sich die Höhe der Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche.

Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 125/10 - Barmen Live
LG Bochum - Urteil vom 22. Oktober 2009 - I-8 O 551/08
OLG Hamm - Urteil vom 10. Juni - I-4 U 210/09

und

Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 175/10 - Bochumer Weihnachtsmarkt
LG Bochum - Urteil vom 17. Dezember 2009 - I-8 O 85/09
OLG Hamm - Urteil vom 7. September 2010 - I-4 U 37/10
Karlsruhe, den 27 Oktober 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

BGH: DENIC muss Domainnamen in Fällen eindeutigen Missbrauchs löschen

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle
Nr. 172/2011 vom 27.10.2011
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Der Denic e.G. obliegen im Domain - Registrierungsverfahren keine Prüfpflichten, da insoweit allein Prioritätsgesichtspunkte maßgeblich sind. Nach diesem neuen BGH - Urteil obliegt allerdings die ex-post - Prüfung einem abgestuften Haftungskonzept, dass der BGH inzwischen für mehrere internetrechtliche Konfliktsituationen entwickelt hat. Grundsätzlich beginnt die Prüfungspflicht erst bei einem begründeten Hinweis auf einen offensichtlichen Rechtsverstoß, etwa bei einem Verstoß gegen gegen eine registrierte Marke oder einem sonstigen Kennzeichenrechtsverstoss, wobei an die Offensichtlichkeit strenge Anforderungen zu stellen sind. Diese Offensichtlichkeit hat der BGH hier bejaht bejaht, weil einem Unternehmen in Panama keine nach § 12 BGB geschützten Namensrechte an Regierungsbezirken im Freistaat Bayern zustehen können. Immerhin hat die DENIC mit ihrer Löschungsverweigerung nunmehr zu einer weiteren Klärung eines in der BGH - Judikatur noch offenen, domainrechtlichen Aspektes beigetragen.

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Der Kläger ist der Freistaat Bayern, dessen Staatsgebiet in sieben Regierungsbezirke unterteilt ist. Die Beklagte ist die DENIC, eine Genossenschaft, die die Domainnamen mit dem Top-Level-Domain ".de" vergibt. Der Kläger hat festgestellt, dass unter dieser Top-Level-Domain zugunsten mehrerer Unternehmen mit Sitz in Panama sechs Domainnamen registriert wurden, die aus dem Wort "regierung" und dem Namen jeweils einer seiner Regierungsbezirke gebildet wurden (z.B. "regierung-oberfranken.de"). Der Kläger, der für seine Regierungsbezirke ähnliche Domainnamen hat registrieren lassen (z.B. "regierung.oberfranken.bayern.de"), verlangt von der Beklagten, die Registrierung dieser Domainnamen aufzuheben. Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt a.M. haben der Klage stattgegeben.

Nachdem die umstrittenen Domainnamen inzwischen gelöscht worden und diese Domainnamen für den Kläger registriert sind, hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Da sich die Beklagte der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hatte, musste heute darüber entschieden werden, ob die Klage ursprünglich begründet war. Diese Frage hat der BGH in seinem heute verkündeten Urteil bejaht und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Zwar treffen die DENIC, die die Aufgaben der Registrierung der Domainnamen ohne Gewinnerzielungsabsicht erfüllt, nach der Entscheidung "ambiente.de" des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13) nur eingeschränkte Prüfungspflichten. Bei der Registrierung selbst, die in einem automatisierten Verfahren allein nach Prioritätsgesichtspunkten erfolgt, muss keinerlei Prüfung erfolgen. Aber auch dann, wenn die DENIC auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, ist sie nur dann gehalten, die Registrierung des beanstandeten Domainnamens zu löschen, wenn die Rechtsverletzung offenkundig und für sie ohne weiteres feststellbar ist. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Bei den Namen, auf deren Verletzung der Kläger die DENIC hingewiesen hat, handelt es sich um offizielle Bezeichnungen der Regierungen bayerischer Regierungsbezirke. Aufgrund eines solchen Hinweises kann auch ein Sachbearbeiter der DENIC, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, ohne weiteres erkennen, dass diese als Domainnamen registrierten Bezeichnungen allein einer staatlichen Stelle und nicht einem in Panama ansässigen privaten Unternehmen zustehen.

Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 131/10 - regierung-oberfranken.de
LG Frankfurt a.M. - Urteil vom 16. November 2009 - 21 O 139/09
OLG Frankfurt a.M. - Urteil vom 17. Juni 2010 - 16 U 239/09
Karlsruhe, den 27. Oktober 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Vorratsdatenspeicherung: Kommission fordert Deutschland und Rumänien zur vollständigen Umsetzung der EU-Vorschriften auf

Eine endgültige rechtliche Klärung in dieser Sache wird nur ein Verfahren vor dem EuGH bringen, in dem zu prüfen ist, ob die Vorratsdatenspeicherung mit den Europäischen Grundfreiheiten und der EU - Grundrechtscharta in Übereinstimmung steht, unbeschadet der Möglichkeiten weiterer Verfahren vor dem EGMR. Die Prüfung könnte durch den EuGH auch im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens geschehen, sofern ein angegriffenes Mitglied der EU sich darauf berufen würde.  

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Brüssel, 27. Oktober 2011 – Heute hat die Kommission Deutschland und Rumänien förmlich dazu aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten für die vollständige Umsetzung der EU-Vorschriften zur Vorratsspeicherung von Daten zu sorgen. Seit den Urteilen des deutschen und des rumänischen Verfassungsgerichts, mit denen die Gesetze zur Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten aufgehoben wurden, haben beide Länder keine Informationen dazu übermittelt, wann und auf welchem Wege neue Vorschriften verabschiedet werden.

Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten schreibt Telekommunikationsbetreibern und Internetanbietern zwingend vor, Verbindungs- und Standortdaten für Strafverfolgungszwecke zu speichern. Die Verzögerung bei der Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht durch Deutschland und Rumänien könnte negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf die Fähigkeit von Justiz- und Polizeibehörden haben, schwere Straftaten aufzudecken, zu untersuchen und zu verfolgen. Die Kommission hat daher beschlossen, beide Staaten mit einer mit Gründen versehenen Stellungnahme dazu aufzufordern, diesen Verstoß gegen EU-Recht (Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäische Union) zu beenden.

Hintergrund

Deutschland und Rumänien hatten der Kommission im Januar bzw. November 2008 ihre innerstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten übermittelt. Am 2. März 2010 hob das deutsche Bundesverfassungsgericht jedoch einige Bestimmungen des Gesetzes zur Telekommunikationsüberwachung vom 31. Dezember 2007 auf. Das rumänische Verfassungsgericht traf am 8. Oktober 2009 eine ähnliche Entscheidung, indem es das Gesetz Nr. 298/2008 für verfassungswidrig erklärte. Die beiden Verfassungsgerichte haben nicht die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten selbst als verfassungswidrig beurteilt. Obwohl die Urteile beider Verfassungsgerichte die volle Umsetzung der Richtlinie in Deutschland und Rumänien in verfassungskonformer Weise keineswegs ausschließen, wurden bisher keine neuen Rechtsvorschriften erlassen.

Am 17. Juni 2011 übermittelte die Kommission ein Aufforderungsschreiben an Deutschland und Rumänien. Deutschland teilte der Kommission am 16. August 2011 mit, dass das deutsche Justizministerium einen Vorschlag zur Umsetzung der Richtlinie erstellt habe, der sich gerade im Stadium interministerieller Konsultationen befinde. Die von den rumänischen Behörden übermittelten Informationen lassen ebenso darauf schließen, dass die Verhandlungen über ein neues Gesetz auf interministerieller Ebene noch nicht abgeschlossen sind.

Wegen fehlender Gesetzesentwürfe zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten und fehlender Zeitpläne für ihre endgültige Verabschiedung hat die Kommission beschlossen, Deutschland und Rumänien eine mit Gründen versehene Stellungnahme nach Artikel 258 zu übermitteln.

Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten (2006/24/EG) wurde 2006 angenommen und hätte bis zum 15. September 2007 in innerstaatliches Recht umgesetzt sein müssen, wobei die Möglichkeit bestand, die Speicherung von Verbindungsdaten beim Zugang zum Internet sowie bei der Nutzung von Internet-Telefonie und elektronischer Post erst ab dem 15. März 2009 zwingend vorzuschreiben.
Vorratsspeicherung von Daten heißt, dass die Verbindungs- und Standortdaten (nicht der Inhalt) elektronischer Mitteilungen gespeichert werden. Die Richtlinie sieht vor, dass die von den Internetanbietern und Telefongesellschaften gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten nur in besonderen Fällen nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, der einschlägigen Bestimmungen des Rechts der Europäischen Union und des Völkerrechts an die nationalen Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden dürfen.

Im April 2011 hat die Kommission einen Bewertungsbericht angenommen, in dem die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten analysiert wird und die Verwendung der erhaltenen Daten sowie die Auswirkungen auf Betreiber und Konsumenten bewertet werden (IP/11/484 und MEMO/11/251).
Weitere Informationen:

Website von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström

Website GD Inneres:

Vertragsverletzungsverfahren für den Politikbereich Inneres:


English Version:



Mittwoch, 26. Oktober 2011

Örtliche Gerichtszuständigkeit bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen in der EU

Court of Justice of the European Union
PRESS RELEASE No 115/11 - Luxembourg, 25 October 2011
Judgment in Joined Cases C-509/09 and C-161/10
eDate Advertising GmbH v X and Y
Olivier Martinez and Robert Martinez v MGN Limited

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Die Entscheidung - denen zwei Vorabentscheidungsersuchen aus Deutschland und Frankreich zugrundelagen - betrifft eine grundsätzliche Frage für die gerichtliche Zuständigkeit bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Europäischen Deliktsrecht.
Die Entscheidung - denen zwei Vorabentscheidungsersuchen aus Deutschland und Frankreich zugrundelagen - betrifft eine grundsätzliche Frage für die gerichtliche Zuständigkeit bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Europäischen Deliktsrecht.

Die Entscheidung ist aber nicht dahigehend zu verstehen, dass ein Kläger in jedem Falle immer an dem Ort klagen muss, wo er seinen Lebensmittelpunkt (Domicile) hat, sondern der EuGH räumt dem Kläger ein dreifaches Wahlrecht hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nach Art. 5 Nrn. 3/4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ein.

Ein Betroffener kann jetzt entweder an dem Ort für den gesamten Sachverhalt klagen, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat. Darüber hinaus kann bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aufgrund grenzüberschreitender Medienveröffentlichungen in jedem Staat geklagt werden, in dem die Rechtsverletzung durch Medien verbreitet worden ist, was insbesondere für Unterlassungsklagen und einstweilige Verfügungen von Belang ist. Darüber hinaus kann bei Internetveröffentlichungen auch dortb geklagt werden, wo der Verbreiter niedergelassen ist, was einen breiten Interpretationsspielraum zwischen Angaben im Impressum, tatsächlichen Sitz und Serverstandort eröffnen kann.  

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1. Leitsätze des EuGH

a) Die Opfer mittels des Internets begangener Persönlichkeitsverletzungen können wegen des gesamten entstandenen Schadens die Gerichte ihres Wohnsitzmitgliedstaats anrufen.

b) Der Betreiber einer Website, für die die Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr gilt, darf jedoch in diesem Staat keinen strengeren als den im Recht seines Sitzmitgliedstaats vorgesehenen Anforderungen unterworfen werden

2. Rechtliche Ausgangslage:

Nach der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen. Bilden jedoch eine unerlaubte Handlung, eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens, so kann eine Person auch in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden. So hat ein Betroffener bei Ehrverletzungen durch einen in mehreren Mitgliedstaaten verbreiteten Artikel in Printmedien für die Erhebung einer Schadensersatzklage gegen den Herausgeber zwei Möglichkeiten. Zum einen kann er die Gerichte des Staates anrufen, in dem der Herausgeber ansässig ist, wobei diese Gerichte für die Entscheidung über den Ersatz sämtlicher durch die Ehrverletzung entstandener Schäden zuständig sind. Zum anderen kann er sich an die Gerichte jedes Mitgliedstaats wenden, in dem die Veröffentlichung verbreitet worden ist und in dem das Ansehen des Betroffenen nach dessen Vorbringen beeinträchtigt worden ist (Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs). In diesem Fall sind die nationalen Gerichte jedoch nur für die Entscheidung über den Ersatz der Schäden zuständig, die in dem Staat verursacht worden sind, in dem sie ihren Sitz haben.

3. Sachverhalte:

Der Bundesgerichtshof (Deutschland) und das Tribunal de grande instance de Paris (Frankreich) haben den Gerichtshof um Klärung ersucht, inwieweit diese Grundsätze auf Verletzungen von Persönlichkeitsrechten durch Inhalte auf einer Website übertragbar sind.

a) Der Sachverhalt in der Rechtssache C-509/09

Der in Deutschland wohnhafte X wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder von einem deutschen Gericht wegen Mordes an einem bekannten Schauspieler zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2008 wurde er auf Bewährung entlassen.
Die in Österreich niedergelassene Gesellschaft eDate Advertising betreibt unter der Adresse „www.rainbow.at“ ein Internetportal, auf dem sie über Rechtsbehelfe von X und dessen Bruder gegen ihre Verurteilung berichtete. Obwohl eDate Advertising die streitige Meldung aus ihrem Internetauftritt entfernte, beantragte X bei den deutschen Gerichten, der österreichischen Gesellschaft aufzugeben, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. eDate Advertising rügt ihrerseits die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Entscheidung über diesen Rechtsstreit, da sie der Auffassung ist, dass sie nur vor den österreichischen Gerichten verklagt werden könne.

b) Der Sachverhalt in der Rechtssache C-161/10

Am 3. Februar 2008 erschien auf der Website der britischen Zeitung Sunday Mirror ein in Englisch verfasster, mit „Kylie Minogue ist wieder mit Olivier Martinez zusammen“ überschriebener Text mit Details zu einem Treffen zwischen der australischen Sängerin und dem französischen Schauspieler. Dieser und dessen Vater Robert Martinez rügen eine Verletzung ihres Privatlebens sowie des Rechts am eigenen Bild von Olivier Martinez. Sie gingen in Frankreich gegen die britische Gesellschaft MGN, die Herausgeberin des Sunday Mirror, vor. Diese bestreitet wie eDate Advertising die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, denn sie ist der Ansicht, dass es an einem hinreichend engen Bezug zwischen der Veröffentlichung im Vereinigten Königreich und dem geltend gemachten Schaden im französischen Hoheitsgebiet fehle. Allein ein solcher Bezug könne aber die Zuständigkeit der französischen Gerichte für die Entscheidung über die schädigenden Ereignisse im Zusammenhang mit der streitigen Veröffentlichung im Internet begründen.

4. Das Urteil des Gerichtshofs

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass sich die Veröffentlichung von Inhalten auf einer Website von der gebietsabhängigen Verbreitung eines Druckerzeugnisses dadurch unterscheidet, dass die Inhalte von einer unbestimmten Zahl von Internetnutzern überall auf der Welt unmittelbar abgerufen werden können. Somit kann die weltumspannende Verbreitung zum einen die Schwere der Verletzungen von Persönlichkeitsrechten erhöhen, und zum anderen ist es dadurch sehr schwierig, die Orte zu bestimmen, an denen sich der Erfolg des aus diesen Verletzungen entstandenen Schadens verwirklicht hat.

Unter diesen Umständen – und da die Auswirkungen eines im Internet veröffentlichten Inhalts auf die Persönlichkeitsrechte einer Person am besten von dem Gericht des Ortes beurteilt werden können, an dem das Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen hat – erklärt der Gerichtshof dieses Gericht für zuständig, über den gesamten im Gebiet der Europäischen Union verursachten Schaden zu entscheiden. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof klar, dass der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen hat, im Allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt entspricht.

Der Gerichtshof hebt jedoch hervor, dass das Opfer anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten Schadens auch die Gerichte jedes Mitgliedstaats anrufen kann, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. In diesem Fall sind die Gerichte wie bei Schäden durch ein Druckerzeugnis nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Staates entstanden ist, in dem sie ihren Sitz haben.

Ebenso kann die verletzte Person wegen des gesamten entstandenen Schadens auch die Gerichte des Mitgliedstaats anrufen, in dem der Urheber der im Internet veröffentlichten Inhalte niedergelassen ist.

Schließlich legt der Gerichtshof die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr dahin aus, dass es der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs grundsätzlich nicht zulässt, dass der Anbieter eines Dienstes des elektronischen Geschäftsverkehrs im Aufnahmemitgliedstaat strengeren Anforderungen unterliegt, als sie das Recht des Mitgliedstaats vorsieht, in dem der Anbieter niedergelassen ist.

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Pressemitteilung des EuGH v. 25.10.2011
Pressemitteilung in anderen Sprachen: http://curia.europa.eu/jcms/jcms/P_81775/

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) - www.curia.europa.eu

Directive 2000/31/EC of the European Parliament and of the Council of 8 June 2000 on certain legal aspects of information society services, in particular electronic commerce, in the Internal Market (OJ 2000 L 178, p. 1)

BGH: Zum Erbrecht nichtehelicher Kinder für Erbfälle vor dem 29.05.2011

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle
Nr. 170/2011 vom 26.10.2011 - AZ: IV ZR 150/10
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Der BGH hat heute entschieden, dass vor dem 1. Juli 1949 geborene, nichteheliche Kinder weiter vom Nachlass des verstorbenen Vaters für Erbfälle vor dem 29.Mai 2009 ausgeschlossen bleiben, da die begrenzte Rückwirkung ungeachtet der rechtlichen Bedenken des EuGMR, die Anlass der Gesetzesänderung waren, der Rechtsssicherheit dient. Der entscheidende Stichtag wird vielmehr beim Tag der Verkündung des einschlägigen Urteils des EGMR gesehen (28.05.2009). Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger Verfassungsbeschwerde zum BVerfG einlegen wird, worüber derzeit noch nichts bekannt ist.

Pressemitteilung des BGH:

Der für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der in Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (NEhelG a.F.) festgeschriebene Ausschluss vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder vom Nachlass des Vaters für vor dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle weiterhin Bestand hat.

Der im Jahr 1940 nichtehelich geborene Kläger hat im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche aus dem Erbfall nach seinem im Jahr 2006 verstorbenen Vater geltend gemacht. Die Beklagte, eine eheliche Tochter des Erblassers, ist dessen durch Testament bestimmte Alleinerbin.

Bis zum 30. Juni 1970 galten ein nichteheliches Kind und sein Vater nicht als verwandt. Daher fand insofern eine gesetzliche Erbfolge nicht statt. Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. hielt diesen Ausschluss zum Nachteil vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder aufrecht. In einer Entscheidung vom 28. Mai 2009 (Beschwerde Nr. 3545/04, NJW-RR 2009, 1603 = FamRZ 2009, 1293) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jedoch festgestellt, dies könne das auch nichtehelichen Kindern zustehende Recht auf Achtung ihres Familienlebens aus Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beeinträchtigen und diskriminierend sein (Art. 14 EMRK). Mit Blick hierauf hat der deutsche Gesetzgeber im April 2011 die Stichtagsregelung in Art. 12 § 10 Abs. 2 NEhelG a.F. - rückwirkend - für ab dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle aufgehoben.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Dagegen richtete sich die Revision des Klägers. Diese hat der Bundesgerichtshof mit dem heutigen Urteil zurückgewiesen.

Die Aufrechterhaltung der Regelung des Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. für vor dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle verstößt weder gegen Art. 6 Abs. 5 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die begrenzte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung und die damit weiterhin bestehende Benachteiligung vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und daher nicht zu beanstanden. Der deutsche Gesetzgeber durfte insbesondere dem grundgesetzlich geschützten Vertrauen von Erblassern und deren bisherigen Erben in die Beibehaltung von Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. entscheidende Bedeutung beimessen. Erst mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass diese Regelung gegen Art. 8 Abs. 1, 14 EMRK verstoße, war ein solches Vertrauen in einen Ausschluss nichtehelicher Kinder eines männlichen Erblassers von dessen Erbe nicht mehr berechtigt.

Auch eine Berücksichtigung der genannten Garantien der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten selbst führt zu keiner anderen Beurteilung der Entscheidung des Gesetzgebers. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich vielmehr entnehmen, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet war, die Rechtslage auch für die Zeit vor Verkündung der Entscheidung vom 28. Mai 2009 zu ändern.

Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F.

Für die erbrechtlichen Verhältnisse eines vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kindes und seiner Abkömmlinge zu dem Vater und dessen Verwandten bleiben die bisher geltenden Vorschriften auch dann maßgebend, wenn der Erblasser nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stirbt.

Art. 6 Abs. 5 GG

Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Art. 8 Abs. 1 EMRK

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

Art. 14 EMRK

Der Genuß der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.

AZ: IV ZR 150/10
Landgericht Hamburg - Urteil vom 21. Januar 2010 - 309 O 278/09
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Urteil vom 15. Juni 2010 - 2 U 8/10
Karlsruhe, den 26. Oktober 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Dienstag, 25. Oktober 2011

BGH über die urheberrechtliche Zulässigkeit der Bildersuche bei Google

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle - Vorschaubilder II
Nr. 165/2011 vom 19.10.2011

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Der klagende Fotograf hatte sich die Sache sicher einfacher vorgestellt, zumal Profi - Fotografen es hinsichtlich der Realisierung ihrer Lizenzansprüche es oftmals sehr schwer haben. Vermutlich waren die wirklichen Rechtsverletzter (das geht aus der Pressemitteilung nicht hervor; ohnehin ist der Volltext wegen der Details abzuwarten) nicht ermittelbar und es ließen sich über die Suchfunktion via Bildersuche bei google aber Rechtsverletzungen mangels Lizenzerteilung ermitteln. Nichts liegt da auf den ersten Blick näher als sich an den wirtschaftlich gut situierten Suchmaschinenbetreiber zu wenden, der aber bereits in der Entscheidung des BGH zu "Vorschaulbilder I" nicht in eine Haftungssituation geraten ist, weil das Einstellen eines urheberrechtlich geschützten Bildwerkes in das Internet dann eine schlüssie Einwilligung des Urhebers in eine Widergabe von Vorschaubildern entfällt, wenn keine technischen Vorkehrungen getroffen werden, dies technisch zu verhindern. Damit verlagerte der BGH die Verantwortung aufgrund der bestehenden technischen Möglichkeiten auf den Urheber oder Rechteverwerter, zumal der Suchmaschinenbetreiber keine Möglichkeit hat, die Rechtmäßigkeit proaktiv und letztlich auch nicht postaktiv zu prüfen. Nunmehr wird diese Haftungsfreistellung auch auf das Einstellen von urheberrechtlich geschützten Werken durch Dritte erstreckt, weil der Suchmaschinenbetreiber die Rechtslage nicht zumutbar prüfen kann. Letztlich wird hier aber die schlüssige Einwilligung des nicht berechtigten Dritten auf den Urheber erstreckt, der diese Einwilligung nicht erteilt hat. Dennoch ist der Suchmaschinenbetreiber auch in solchen Situationen als Mitstörer schützenswert, weil eine solche Prüflast wegen Unzumutbarkeit die Grenzen der Verhältnismäßigkeit weit überschreitet. Die Entscheidung ist wenig überraschend. Sie ist sachgerecht, auch wenn damit dem Urheber das Risiko des Vorgehens gegen einen unter Umständen nicht namensmäßig ermittelbaren Störer auferlegt wird. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Ermittlungsbemühen gegen Störer verstärkt werden und Suchmaschinenbetreiber von einer Haftung richtigerweise freigestellt werden.     

Die Pressemitteilung des BGH im Wortlaut:
Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut entschieden, dass Google nicht wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, wenn urheberrechtlich geschützte Werke in Vorschaubildern ihrer Suchmaschine wiedergegeben werden.

Die von Google betriebene Internetsuchmaschine verfügt über eine textgesteuerte Bildsuchfunktion, mit der man durch Eingabe von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen kann, die Dritte im Zusammenhang mit dem Suchwort ins Internet eingestellt haben. Die von der Suchmaschine aufgefundenen Bilder werden in einer Ergebnisliste in verkleinerter Form als Vorschaubilder ("thumbnails") gezeigt. Die Vorschaubilder enthalten einen elektronischen Verweis (Link), über den man zu der Internetseite mit der wiedergegebenen Abbildung gelangen kann.

Der Kläger ist Fotograf. Im Dezember 2006 und März 2007 wurden auf Suchanfragen die Abbildungen eines vom Kläger angefertigten Lichtbildes der Fernsehmoderatorin Collien Fernandes als Vorschaubilder angezeigt. Als Fundort der Abbildungen wurden zwei näher bezeichnete Internetseiten angegeben.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe den Betreibern dieser Internetseiten keine Nutzungsrechte an der Fotografie eingeräumt. Er hat die Beklagte wegen Urheberrechtsverletzung unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Urheber, der eine Abbildung eines urheberechtlich geschützten Werkes ins Internet einstellt, ohne technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen dieser Abbildung durch Suchmaschinen zu treffen, durch schlüssiges Verhalten seine Einwilligung in eine Wiedergabe von Vorschaubildern der Abbildung erklärt und der darin liegende Eingriff in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Werkes (§ 19a UrhG) daher nicht rechtswidrig ist (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 - Vorschaubilder I).

In der heute verkündeten Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof klar, dass eine solche, die Rechtswidrigkeit des Eingriffs ins Urheberrecht ausschließende Einwilligung auch dann vorliegt, wenn eine Abbildung eines Werkes von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers ohne Schutzvorkehrungen ins Internet eingestellt worden ist. Der Kläger hatte im Streitfall zwar geltend gemacht, er habe den Betreibern der Internetseiten, auf denen die Vorschaubilder der Fotografie eingestellt waren, keine Nutzungsrechte eingeräumt. Darauf kommt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch nicht an. Der Kläger hatte nämlich Dritten das Recht eingeräumt, das Lichtbild im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Die von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers durch Einstellen von Abbildungen des Werkes ins Internet wirksam erklärte Einwilligung in die Anzeige in Vorschaubildern ist - so der Bundesgerichtshof - nicht auf die Anzeige von Abbildungen des Werkes beschränkt, die mit Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind. Es ist allgemein bekannt, dass Suchmaschinen, die das Internet in einem automatisierten Verfahren nach Bildern durchsuchen, nicht danach unterscheiden können, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet eingestellt worden ist. Deshalb kann und darf der Betreiber einer Suchmaschine eine solche Einwilligung dahin verstehen, dass sie sich auch auf die Anzeige von solchen Abbildungen in Vorschaubildern erstreckt, die ohne Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind. Dem Urheber ist es allerdings unbenommen, diejenigen wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch zu nehmen, die diese Abbildungen unberechtigt ins Internet gestellt haben.

Urteil vom 19. Oktober 2011 - I ZR 140/10 - Vorschaubilder II
LG Hamburg - Urteil vom 26. September 2008 - 308 O 248/07
OLG Hamburg - Urteil vom 23. Juni 2010 - 5 U 220/08
Karlsruhe, den 19. Oktober 2011

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Verantwortlichkeit eines Hostproviders für einen das Persönlichkeitsrecht verletzenden Blog-Eintrag

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle
Nr. 169/2011 vom 25.10.2011
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Das äußerst interessante Urteil des BGH hat die Haftung von google nach deutschem Recht für (hier: etwaige) Rechtsverletzungen seiner Blogger auf "Blogger" zum Gegenstand. Im Endeffekt geht es hier um die Frage, ob es sich um eine falsche Tatsachenbehauptungen oder eine erweislich wahre Tatsachenbehauptung handelt, die aber unter Umständen im Kontext dennoch ehrenrührig sein kann. Der BGH hat sich für ein recht ausgewogenes, abgestuftes Haftungskonzept entschieden, dass den Interessen aller Beteiligten zwar Rechnung trägt, aber im Falle des Falles google für Rechtsverletzungen anonymer Blogger haften lässt, was sicherlich bei google zu Überlegungen einer Haftungsminimierung im Innenverhältnis führen wird, je nachdem wie die damit verbundenen Risiken rechtlich und wirtschaftlich bewertet werden. Es könnte durchaus sein, dass google in Zukunft jedenfalls von deutschen Bloggern wenigstens intern "Klarnamen" und Identifikation verlangt. Wer sich hinter den "Schutzschild" von "Blogger" begibt, hat nicht ohne weiteres Anspruch darauf bei Rechtsverletzungen von allen Haftungsrisiken freigestellt zu werden, wobei es jeweils auf die Umstände des Einzelfalles ankommt.  

Hier die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verbreitung einer ehrenrührigen Tatsachenbehauptung im Internet auf Unterlassung in Anspruch.

Die Beklagte mit Sitz in Kalifornien stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für eine Website und für die unter einer Webadresse eingerichteten Weblogs (Blogs) zur Verfügung. Hinsichtlich der Blogs, journal- oder tagebuchartig angelegten Webseiten, fungiert die Beklagte als Hostprovider. Ein von einem Dritten eingerichteter Blog enthält unter anderem eine Tatsachenbehauptung, die der Kläger als unwahr und ehrenrührig beanstandet hat.  

Das Landgericht hat der Unterlassungsklage hinsichtlich der Verbreitung einer Behauptung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte insoweit keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die angestrebte Klageabweisung weiter.  

Der u.a. für das Persönlichkeitsrecht zuständige VI.. Zivilsenat hat die Auffassung der Vorinstanzen, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien und dass deutsches Recht Anwendung finde, gebilligt.  

Zur Frage der Haftung der Beklagten nach deutschem Recht ist die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Der Bundesgerichtshof hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen ein Hostprovider als Störer für von ihm nicht verfasste oder gebilligte Äußerungen eines Dritten in einem Blog auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.  

Dies setzt voraus, dass der Hostprovider die im Folgenden dargelegten Pflichten verletzt hat:  

Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann.  

Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.

Durch die Zurückverweisung an das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit gegeben, dazu vorzutragen, ob die Beklagte die ihr obliegenden Pflichten erfüllt hat.

Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10
Landgericht Hamburg – Urteil vom 22. Mai 2009 - 325 O 145/08
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 2. März 2010 - 7 U 70/09
Karlsruhe, den 25. Oktober 2011

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Dienstag, 11. Oktober 2011

European Commission proposes an optional Common European Sales Law to boost trade and expand consumer choice

The news sounds good, but by a second view I don't think that it's a very good idea. Maybe there are some good reasons for a European Sales Law for cross-the-border-transactions (such plans are nothing new at all) if you don't think that there is too much unification and not enough regional difference anymore. However, the plans are based on the idea to bring up a second regulation of Sales Law beneath the existing national regulations and their Rules about the Conflict of Laws (which are by now still very influenced by European Sales Law and other european regulations), but only by choice of the consumers. At the moment it is still very complex for consumers to get enough information about the legal aspects of Sales Law and their implications on International Private Laws. So the new system may bring up a confusion between both regulations. I think it would be the better choice to make a European Standard for the complete Sales Law in the European Union - or to let it be for the next years.    

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European Commission proposes an optional Common European Sales Law to boost trade and expand consumer choice
Brussels, 11 October 2011 – Despite the success of the EU's Single Market, barriers to cross-border trade remain. Many of these result from divergent sales laws between the 27 Member States. They make selling abroad complicated and costly, especially for small firms. Traders who are dissuaded from cross-border transactions due to contract law obstacles forgo at least €26 billion in intra-EU trade every year. Meanwhile, 500 million consumers in Europe lose out on greater choice and lower prices because fewer firms make cross-border offers, particularly in smaller national markets.
Today, the European Commission proposed an optional Common European Sales Law to help break down these barriers and give consumers more choice and a high level of protection. It will facilitate trade by offering a single set of rules for cross-border contracts in all 27 EU countries. If traders offer their products on the basis of the Common European Sales law, consumers would have the option of choosing a user-friendly European contract with a high level of protection with just one click of a mouse. The Commission's proposal now needs approval from EU Member States and the European Parliament, which already signalled its overwhelming support in a vote earlier this year (IP/11/683).
"The optional Common European Sales Law will help kick-start the Single Market, Europe's engine for economic growth. It will provide firms with an easy and cheap way to expand their business to new markets in Europe while giving consumers better deals and a high level of protection," said Vice-President Reding, the EU's Justice Commissioner. "Instead of setting aside national laws, today the European Commission is taking an innovative approach based on free choice, subsidiarity and competition."

The Common European Sales Law breaks down barriers and maximises benefits for consumers and businesses.

1. Advantages for Companies:
Providing one common (yet optional) regime of contract law that is identical for all 27 Member States so that traders no longer need to wrestle with the uncertainties that arise from having to deal with multiple national contract systems: According to a Eurobarometer released today, 71% of European companies stated that if able to choose, they would use one single European contract law for all cross-border sales to consumers from other EU countries.
Cutting transaction costs for companies that wish to trade cross-border: Currently, businesses wishing to carry out cross-border transactions must adapt to up to 26 different national contract laws, translate them and hire lawyers, costing an average €10,000 for each additional export market.
Helping small and medium-sized companies (SMEs) to expand into new markets: currently only 9.3% of all EU companies sell across EU borders and thereby forego at least €26 billion per year.

2. Advantages for Consumers:
Providing the same high level of consumer protection in all Member States: Consumers will be able to rely on the Common European Sales Law as a mark of quality. For example, it offers consumers a free choice of remedies in case they buy a defective product – even several months after a purchase. This means that consumers could terminate the contract, ask for a replacement or repair or a price reduction. Today, such a free choice of remedy only exists in five EU countries (France, Greece, Lithuania, Luxembourg, Portugal).

Providing a wider choice of products at lower prices: Currently, consumers who proactively search for better deals across the EU, in particular online, are often refused sale or delivery by the trader. At least 3 million consumers experienced this over a one year period.
Providing certainty about their rights in cross-border transactions: 44% of consumers say that uncertainty about their rights discourages them from buying from other EU countries.
Increasing transparency and consumers' confidence: consumers will always be clearly informed, and will have to agree to use a contract based on the Common European Sales Law. In addition, an information notice will clearly lay out the consumers' rights in their language.
The Common European Sales Law will be applicable:
only if both parties voluntarily and expressly agree to it;
to cross-border contracts where most of the problems of additional transaction costs and legal complexity arise; Member States will have the choice to make the Common European Sales Law applicable to domestic contracts as well
to contracts for the sale of goods – the bulk of intra-EU trade – as well as digital content contracts, such as music, movies, software or smart-phone applications
for both business-to-consumer and business-to-business transactions
if one party is established in a Member State of the EU. Traders could use the same set of contract terms when dealing with other traders from within and from outside the EU, giving the Common European Sales Law an international dimension.

Background
Contracts are essential for running businesses and making sales to consumers. They formalise an agreement between parties and can cover a broad range of matters, including the sale of goods and associated services such as repairs and maintenance.
Companies use a wide variety of contracts that are governed by different national contract laws when operating in Europe’s Single Market. The 27 different sets of national rules can lead to additional transaction costs, a lack of legal certainty for businesses and a lack of consumer confidence. These can act as a deterrent for both consumers and businesses to shopping and trading across EU borders. Small and medium-sized companies are particularly affected by higher transaction costs.
This contrasts with the United States’ internal market, where a trader in Maryland can easily sell his products to a consumer in Alaska.

Under the Europe 2020 strategy (IP/10/225), the Commission is tackling bottlenecks in the Single Market to drive economic recovery. This includes making progress towards a European contract law.
In July 2010, the Commission put forward several options in a Green Paper for a more coherent approach to contract law. The Commission then held a public consultation that ran until 31 January 2011 and resulted in 320 responses (MEMO/11/55).
On 3 May 2011, an expert group established by the Commission delivered a feasibility study on a future initiative on European contract law (IP/11/523). The Commission consulted stakeholders and citizens during the feasibility study and received 120 responses.
On 8 June 2011, the European Parliament backed an optional European contract law in a plenary vote on an own-initiative report by MEP Diana Wallis (MEMO/11/236).

For more information
MEMO/11/680
Press pack
http://ec.europa.eu/justice/newsroom/news/20111011_en.htm
European Commission – Common European Sales Law website:
http://ec.europa.eu/justice/policies/consumer/policies_consumer_intro_en.htm
Homepage of Vice-President Viviane Reding, EU Justice Commissioner:

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Mehr Handel und ein größeres Angebot für den Verbraucher: Europäische Kommission schlägt Gemeinsames Europäisches Kaufrecht vor

Brüssel, 11. Oktober 2011 – Trotz aller Erfolge des Binnenmarkts bestehen im grenzübergreifenden Handel nach wie vor Hindernisse. Viele dieser Hindernisse sind auf unterschiedliche kaufrechtliche Bestimmungen in den 27 Mitgliedstaaten zurückzuführen. Sie machen den Verkauf im Ausland insbesondere für kleinere Unternehmen zu einer komplizierten und kostspieligen Angelegenheit. Unternehmern, die wegen kaufrechtlicher Hindernissen auf grenzübergreifende Geschäfte verzichten, entgehen jährlich mindestens 26 Mrd. EUR im EU-Binnenhandel. Gleichzeitig werden 500 Mio. Verbrauchern in Europa eine größere Auswahl und niedrigere Preise vorenthalten, weil nur wenige Unternehmen grenzübergreifend tätig sind; insbesondere kleinere nationale Märkte sind hiervon betroffen.

Heute hat die Kommission ein fakultatives Gemeinsames Europäisches Kaufrecht vorgeschlagen, das diese Hindernisse beseitigen und Verbrauchern mehr Auswahl und ein höheres Schutzniveau bringen soll. Es wird den Handel durch ein einheitliches Regelwerk für grenzübergreifende Verträge in allen 27 EU-Mitgliedstaaten erleichtern. Bieten Unternehmen ihre Produkte auf der Grundlage des Gemeinsamen Kaufrechts an, so können sich Verbraucher mit nur einem Mausklick für einen benutzerfreundlichen europäischen Vertrag entscheiden, der ihre Rechte umfassend schützt. Dem Vorschlag der Kommission müssen nun noch die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament zustimmen, das dieses Jahr bereits mit überwältigender Mehrheit seine Unterstützung signalisiert hat (IP/11/683).

„Das fakultative Gemeinsame Kaufrecht wird den Binnenmarkt, den Motor für Wirtschaftswachstum in Europa, auf Touren bringen. Es wird Unternehmen die unkomplizierte und kostengünstige Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit auf neue Märkte in Europa ermöglichen und Verbrauchern Kaufvorteile und mehr Verbraucherschutz bescheren“, erklärte Vizepräsidentin Reding, die in der Kommission für das Justizressort zuständig ist. „Die Europäische Kommission setzt heute auf ein innovatives Konzept, das auf Entscheidungsfreiheit, Subsidiarität und Wettbewerb statt Aufhebung einzelstaatlicher Vorschriften beruht.“

Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht beseitigt Hindernisse und bringt Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen mehr Vorteile.

1. Vorteile für Unternehmen:
Eine gemeinsame (jedoch fakultative) Kaufrechtsregelung, die für alle 27 Mitgliedstaaten identisch ist, so dass Unternehmen nicht mehr den Unwägbarkeiten ausgesetzt sind, die sich aus den verschiedenen Vertragssystemen der Mitgliedstaaten ergeben: Dem aktuellen Eurobarometer zufolge würden sich 71 % der europäischen Unternehmen beim grenzübergreifenden Verkauf an Verbraucher aus anderen EU-Ländern gegebenenfalls für das einheitliche europäische Vertragsrecht entscheiden.
Geringere Transaktionskosten für Unternehmen, die sich im Ausland betätigen wollen: Gegenwärtig müssen sich Unternehmen, die an Geschäften in andren EU-Staaten interessiert sind, bis zu 26 verschiedenen Vertragsrechtssystemen anpassen, diese übersetzen lassen und rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, was mit durchschnittlichen Kosten in Höhe von 10 000 EUR für jeden weiteren Exportmarkt verbunden ist.
Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) bei der Erschließung neuer Märkte: Derzeit sind lediglich 9,3 % aller EU-Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten tätig; damit entgehen ihnen jährlich mindestens 26 Mrd. EUR.

2. Vorteile für Verbraucher:
Einheitlich hohes Verbraucherschutzniveau in allen Mitgliedstaaten: Für die Verbraucher wird das Gemeinsame Europäische Kaufrecht ein verlässliches Gütezeichen darstellen. So bietet es Verbrauchern beispielsweise die freie Wahl zwischen verschiedenen Abhilfemöglichkeiten, wenn sie ein fehlerhaftes Produkt gekauft haben – und dies noch Monate nach dem Kauf. Verbraucher hätten demnach die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen, auf Ersatz oder Reparatur zu pochen oder einen Preisnachlass zu verlangen. Zurzeit besteht diese freie Wahl zwischen Abhilfemöglichkeiten lediglich in fünf Ländern der EU (Frankreich, Griechenland, Litauen, Luxemburg und Portugal).
Mehr Auswahl an Produkten zu niedrigeren Preisen: Insbesondere Online- Schnäppchenjäger in der EU stoßen immer wieder auf Kauf- oder Lieferbeschränkungen. Mindestens 3 Mio. Verbraucher müssen jährlich diese unangenehme Erfahrung machen.
Rechtssicherheit bei grenzübergreifenden Geschäften: 44 % der Verbraucher beklagen, dass sie unsicher über die ihnen zustehenden Rechte sind und deswegen keine Produkte aus anderen EU-Ländern kaufen.

Mehr Transparenz und Vertrauen der Verbraucher: Verbraucher erhalten in jedem Fall klare Informationen und müssen der Verwendung eines auf dem Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht basierenden Vertrags zustimmen. Darüber hinaus bekommen sie ein Informationsblatt in ihrer Sprache, das sie unmissverständlich über ihre Rechte aufklärt.

Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht gilt nur, wenn sich beide Vertragsparteien freiwillig und ausdrücklich darauf verständigen; ist auf grenzübergreifende Verträge anwendbar, in deren Kontext die meisten Probleme in Bezug auf Transaktionskosten und rechtliche Komplexität auftreten; die Mitgliedstaaten haben die Wahl, das Gemeinsame Europäische Kaufrecht auch auf inländische Verträge anzuwenden; ist auf Kaufverträge – diese machen den Löwenanteil des EU-Binnenhandels aus – und auf Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte wie Musik, Filme, Software oder Smartphone-Anwendungen anwendbar; gilt sowohl für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern als auch für Geschäfte zwischen Unternehmen;
ist anwendbar, wenn eine der Vertragsparteien ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der EU hat. Unternehmen können auf dieselben Vertragsbedingungen zurückgreifen, wenn sie Geschäfte mit anderen Unternehmen aus der EU oder außerhalb der EU machen; damit erhält das Gemeinsame Kaufrecht eine internationale Dimension.

Hintergrund
Ohne Verträge können Unternehmen keine Waren verkaufen und Verbraucher keine Waren kaufen. Durch einen Vertrag wird eine Vereinbarung zwischen Vertragsparteien förmlich fixiert. Ein Vertrag kann über ein breites Spektrum von Leistungen geschlossen werden, z. B. über den Kauf von Waren und zugehörige Dienstleistungen wie Reparatur und Instandhaltung.
Im europäischen Binnenmarkt tätige Unternehmen verwenden ein breites Spektrum von Verträgen, die den verschiedenen vertragsrechtlichen Bestimmungen der betreffenden Mitgliedstaaten unterliegen. Die 27 verschiedenen Vertragsrechtssysteme können zusätzliche Transaktionskosten verursachen und die Rechtsunsicherheit für Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen verstärken. Sie können sowohl Verbraucher als auch Unternehmen davon abschrecken, grenzübergreifend einzukaufen bzw. Handel zu treiben. Kleine und mittlere Unternehmen sind in besonderem Maße von höheren Transaktionskosten betroffen.

Dass es auch anders geht, zeigt der US-Binnenmarkt, wo der Handel mit Produkten über die Grenzen der Bundesstaaten hinaus reibungslos funktioniert.
Im Rahmen der Strategie Europa 2020 (IP/10/225) arbeitet die Kommission an der Beseitigung von Engpässen im Binnenmarkt, um die wirtschaftliche Erholung voranzutreiben. Hierzu gehören auch Schritte in Richtung eines europäischen Vertragsrechts.
Im Juli 2010 legte die Kommission in einem Grünbuch mehrere Optionen für eine kohärentere Gestaltung des Vertragsrechts vor. Die Kommission führte anschließend eine bis zum 31. Januar 2011 laufende öffentliche Anhörung durch, in deren Verlauf sie 320 Stellungnahmen (MEMO/11/55) erhielt.

Am 3. Mai 2011 legte eine von der Kommission eingesetzte Sachverständigengruppe eine Durchführbarkeitsstudie für ein künftiges europäisches Vertragsrecht vor (IP/11/523). Im Rahmen der Durchführbarkeitsstudie konsultierte die Kommission Beteiligte und Bürger und erhielt 120 Stellungnahmen.

Am 8. Juni 2011 befürwortete das Europäische Parlament bei seiner Abstimmung im Plenum über einen Initiativbericht von Diana Wallis (MdEP) die Einführung eines fakultativen europäischen Vertragsrecht (MEMO/11/236).
Weitere Informationen
MEMO/11/680
Pressemappe
http://ec.europa.eu/justice/newsroom/news/20111011_en.htm
Website der Europäischen Kommission zum Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht:
http://ec.europa.eu/justice/contract/index_de.htm
Homepage von Vizepräsidentin Viviane Reding, dem für Justiz zuständigen Kommissionsmitglied:

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La Comisión Europea propone una normativa común de compraventa europea de carácter facultativo para impulsar el comercio y ampliar las posibilidades de elección de los consumidores

Bruselas, 11 de octubre de 2011 – A pesar de los éxitos del mercado único de la UE, aún persisten barreras al comercio transfronterizo. Muchas de esas barreras se deben a las divergencias en las legislaciones en materia de compraventa entre los 27 Estados miembros. Hacen complicado y costoso vender en el extranjero, en particular en el caso de las pequeñas empresas. Los comerciantes que se ven desanimados a la hora de realizar una transacción transfronteriza debido a los obstáculos en el Derecho contractual sufren una pérdida de al menos 26 000 millones de euros en términos de comercio intracomunitario cada año. Entretanto, 500 millones de consumidores en Europa pierden la posibilidad de una elección mayor y unos precios más bajos porque menos empresas hacen ofertas transfronterizas, especialmente en los mercados nacionales más pequeños.
La Comisión Europea ha propuesto hoy una normativa común de compraventa europea que ayudará a superar estos obstáculos y ofrecerá a los consumidores más posibilidades de elección y un nivel más alto de protección y facilitará el comercio ofreciendo un conjunto único de normas para los contratos transfronterizos en los 27 países de la UE. Si los comerciantes ofrecen sus productos sobre la base de la normativa común de compraventa europea, los consumidores tendrían la opción de elegir un contrato europeo sencillo con un alto nivel de protección con un solo clic en el ratón de su ordenador. La propuesta de la Comisión necesita ahora la aprobación de los Estados miembros de la UE y del Parlamento Europeo, que ya ha manifestado su apoyo masivo en una votación a principios de este año (IP/11/683).

«La normativa común de compraventa europea, que tiene un carácter facultativo, ayudará a impulsar el mercado único, motor del crecimiento económico en Europa. Proporcionará a las empresas una manera fácil y barata de expandir su actividad empresarial a nuevos mercados en Europa al tiempo que ofrecerá a los consumidores mejores condiciones y un alto nivel de protección», ha declarado la Vicepresidenta Viviane Reding, Comisaria de Justicia de la UE. «En lugar de dejar de lado las legislaciones nacionales, la Comisión Europea aplica hoy un enfoque innovador basado en la libre elección, la subsidiariedad y la competencia».
La normativa europea común en materia de compraventa elimina los obstáculos y aumenta las ventajas para los consumidores y las empresas.

1. Ventajas para las empresas:
Ofrece un único régimen común (aunque, al mismo tiempo, optativo) de Derecho contractual idéntico para la totalidad de los 27 Estados miembros, de forma que los comerciantes ya no tengan que sufrir las incertidumbres que se derivan de tener que hacer frente a diversos regímenes contractuales nacionales: según una encuesta Eurobarómetro publicada hoy, el 71 % de las empresas europeas declararon que si pudieran elegir, utilizarían un derecho contractual europeo común para todas las ventas transfronterizas a los consumidores de otros países de la UE.
Reduce los costes de transacción para las empresas que desean realizar transacciones transfronterizas: actualmente, las empresas que desean realizar transacciones transfronterizas deben adaptar hasta 26 distintas normativas contractuales nacionales, traducirlas y contratar abogados cuyos honorarios ascienden a una media de 10 000 euros por cada nuevo mercado de exportación.
Ayuda a las pequeñas y medianas empresas (PYME) a abrirse a nuevos mercados: actualmente, sólo el 9,3 % de todas las empresas de la UE venden en los diferentes países de la UE, lo que ocasiona una pérdida anual de al menos 26 000 millones de euros.

2. Ventajas para los consumidores:
Ofrece el mismo nivel elevado de protección de los consumidores en todos los Estados miembros: los consumidores podrán contar con la garantía de calidad de una normativa común europea en materia de compraventa. Por ejemplo, la normativa ofrece al consumidor la posibilidad de elegir libremente el remedio en caso de producto defectuoso, incluso varios meses después de la compra. Esto significa que los consumidores podrían rescindir el contrato, solicitar la sustitución o reparación del producto o la reducción en el precio. Hoy, esta libre elección del remedio sólo existe en cinco países de la UE (Francia, Grecia, Lituania, Luxemburgo, Portugal).
Ofrece una oferta más amplia de productos a precios más bajos: actualmente, los consumidores que proactivamente buscan mejores ofertas en toda la UE, en particular en Internet, se enfrentan a menudo con que el comerciante les deniega la venta o el suministro. Al menos 3 millones de consumidores se han encontrado en un caso similar durante un período de un año.
Ofrece seguridad sobre sus derechos en las operaciones transfronterizas: el 44 % de los consumidores opinan que la incertidumbre acerca de sus derechos les desanima a la hora de comprar en otros países de la UE.
Aumenta la transparencia y la confianza de los consumidores: los consumidores estarán siempre claramente informados y tendrán que ponerse de acuerdo para utilizar un contrato basado en la normativa común de compraventa europea. Además, una ficha informativa recogerá claramente los derechos de los consumidores en su lengua.
La normativa común de compraventa europea se aplicará:
sólo si ambas partes la aceptan expresa y voluntariamente;
a los contratos transfronterizos en los que se plantean la mayor parte de los problemas de costes de transacción adicionales y complejidad jurídica; los Estados miembros tendrán la opción de hacer aplicable la normativa europea común de compraventa a los contratos nacionales así como
a los contratos para la venta de bienes –la mayor parte del comercio intracomunitario– además de a los contratos referidos a contenidos digitales, tales como aplicaciones de música, películas, programas informáticos y smart-phone
tanto a las transacciones entre empresas y consumidores como entre empresas
si una de las partes está establecida en un Estado miembro de la UE. Los comerciantes pueden utilizar el mismo conjunto de cláusulas contractuales cuando traten con otros comerciantes de dentro y de fuera de la UE, lo que da a la normativa común de compraventa europea una dimensión internacional.
Contexto
Los contratos son esenciales para gestionar la actividad comercial de las empresas y efectuar ventas a los consumidores. Dan forma oficial a un acuerdo entre las partes y pueden abarcar una amplia gama de asuntos, incluida la venta de bienes y servicios asociados, como la reparación y el mantenimiento.
Las empresas, al operar en el mercado único europeo, utilizan una gran variedad de contratos que se rigen por diferentes Derechos contractuales nacionales. Los veintisiete conjuntos diferentes de normas nacionales pueden dar lugar a costes de transacción adicionales, una falta de seguridad jurídica para las empresas y una falta de confianza para los consumidores. Ello puede tener un efecto disuasorio tanto para los consumidores como para las empresas a la hora de efectuar compras y transacciones comerciales entre los Estados miembros. Las pequeñas y medianas empresas se ven particularmente afectadas por los costes de transacción más elevados.
Esto contrasta con el mercado interior de los Estados Unidos, en el que un comerciante de Maryland puede vender fácilmente sus productos a un consumidor de Alaska.
Con arreglo a la Estrategia Europa 2020 (IP/10/225), la Comisión está abordando los obstáculos que impiden el avance del mercado único para impulsar la recuperación económica. Ello incluye avanzar hacia un Derecho contractual europeo.
En julio de 2010, la Comisión presentó varias opciones en un Libro Verde para un enfoque más coherente del Derecho contractual. A continuación, la Comisión celebró una consulta pública que se clausuró el 31 de enero de 2011 y que obtuvo 320 respuestas (MEMO/11/55).
El 3 de mayo de 2011, un grupo de expertos creado por la Comisión presentó un estudio de viabilidad sobre una iniciativa futura relativa al Derecho contractual europeo (IP/11/523). La Comisión ha consultado a las partes interesadas y a los
ciudadanos durante el estudio de viabilidad y ha recibido 120 respuestas.
El 8 de junio de 2011, el Parlamento Europeo aprobó una normativa europea optativa en materia de contratos en una votación de la sesión plenaria a la luz de un informe a iniciativa propia de Diana Wallis, diputada del Parlamento Europeo (MEMO/11/236).
Información adicional
MEMO/11/680
Documentación para la prensa
http://ec.europa.eu/justice/newsroom/news/20111011_en.htm
Comisión Europea – Sitio web de la normativa común de compraventa europea:
http://ec.europa.eu/justice/contract/index_es.htm
Página web de la Vicepresidenta Viviane Reding, Comisaria de Justicia de la UE:
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/reding/index_en.htm