Donnerstag, 24. November 2011

BGH entscheidet im Urheberrechtsstreit um "Stuttgart 21" gegen eine Wiedererrichtung des Bauwerks

BGH - Mitteilung der Pressestelle Nr. 186/2011 vom 24.11.2011 

Der seitens eines Enkels des Urhebers angestrengte Rechtsstreit ist sympathisch, weil er um die Erhaltung einer Bausubstanz und deren Wiederherstellung kämpft, während jenes Neue das an dessen Stelle treten soll, unter bauästhetische Aspekten wohl kaum dessen Gestaltungshöhe erreichen wird, von ganz anderen Bedenken in diesem Zusammenhang abgesehen. 

Nachdem aber das LG Stuttgart und das OLG Stuttgart diesen Anspruch aus §§ 14, 39 UrhG aus ererbtem Recht bereits abgelehnt hatten, war die Entscheidung des BGH hinsichtlich der Nichtzulassung der Revision jedenfalls nicht völlig überraschend. Die Pressemitteilung referiert zwar den Hergang der Sache, lehnt den Anspruch aber nähere Angabe der Rechtsgründe ziemlich apodiktisch ab, indem auf bereits ergangene Rechtsprechung und auf das ohne Rechtsfehler ergangene Urteil des OLG Stuttgart verwiesen wird, das im Rahmen des § 39 Abs.2 UrhG eine Interessenabwägung vorgenommen hatte, demzufolge das Änderungsinteresse des Eigentümers das Erhaltungsinteresse des Urhebers überwiegt. Damit ist gemeint, dass der Urheber nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seine Einwilligung zu den Änderungen zu erteilen, zumal ein Anspruch auf Erhaltung eines Bauwerks grds. nicht besteht (BGH, ZUM 1988, 245). 

Man mag es sehen wie man will, aber dieser Fall zeigt, mit welcher Gleichgültigkeit wenn nicht Leichtfertigkeit mit historischen Bauwerken hier umgegangen wird, um den Preis der vermeintlichen oder tatsächlichen Vorteile einer Postmoderne, die noch niemand wirklich kennt. 

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Der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Rechtsstreit zwischen einem Erben des Architekten des Stuttgarter Hauptbahnhofs und der Deutschen Bahn AG die Nichtzulassungsbeschwerde des klagenden Erben zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde wollte der Kläger erreichen, dass der Bundesgerichtshof die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2010 zulässt und über den Fall verhandelt.

Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist nach einem Entwurf von Prof. Dipl.-Ing. Paul Bonatz aus dem Jahre 1911 gestaltet worden. Diese Gestaltung ist urheberrechtlich geschützt. Urheberrechtsschutz besteht, nachdem der Architekt im Jahre 1956 verstorben ist, noch bis Ende des Jahres 2026. Die im Rahmen des Infrastrukturprojekts "Stuttgart 21" vorgelegte Planung der Deutschen Bahn AG sieht den Abriss der Seitenflügel und der Treppenanlage in der großen Schalterhalle vor. Einer dieser Seitenflügel ist bereits im Jahre 2010 abgerissen worden. Der Kläger sieht durch diesen, teilweise bereits vollzogenen Teilabriss des Bahnhofsgebäudes die Urheberpersönlichkeitsrechte von Paul Bonatz beeinträchtigt. 

Mit der Klage will er den Wiederaufbau des Nordwest-Flügels erreichen sowie den Abriss des Südost-Flügels und der Treppenanlage verhindern. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart haben die Klage abgewiesen. Die Revision war vom Oberlandeslandesgericht nicht zugelassen worden.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt und entschieden, dass Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen. Nach § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt. Die maßgeblichen Rechtsfragen, die sich in dem Verfahren gestellt haben, hat der Bundesgerichtshof bereits in früheren Entscheidungen geklärt. Das Urteil des Oberlandesgerichts ließ auch keine Rechtsfehler erkennen, die eine Zulassung der Revision erfordert hätten. 

Beschluss vom 9. November 2011 - I ZR 216/10
Oberlandesgericht Stuttgart - Urteil vom 6. Oktober 2010 - 4 U 106/10
GRUR-RR 2011, 56 LG Stuttgart - Urteil vom 20. Mai 2010 - 17 O 42/10
ZUM-RD 2010, 491
Karlsruhe, den 24. November 2011
Quelle: Pressestelle des BGH

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